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Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt

Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt

Titel: Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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Im Eingang standen zwei Kinderwagen, Briefkästen hingen angerostet und zum Teil aufgebrochen an der rechten Wand. Das Metallgeländer mit Kunststoffhandlauf wackelte bedenklich, als Linda danach griff.
    Im ersten Stock fanden sie die Wohnungstür mit der Aufschrift „Koller“. Grube lauschte an der Tür.
    Aus der Wohnung waren Kinderstimmen zu hören. Als sie schellten, verstummten sie.
    „Wer ist denn da?“ Eine zaghafte Frauenstimme.
    „Kriminalpolizei. Frau Koller?“
    Stille.
    „Frau Koller, bitte öffnen Sie die Tür, wir haben ein paar Fragen.“ Linda bemühte sich freundlich zu klingen.
    Sie hörten, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Eine zierliche Frau war zu erkennen. Eine zierliche Frau mit mindestens einem blauen Auge.
    Linda schob den Fuß zwischen Tür und Zarge und drückte dagegen. Grube schüttelte missbilligend den Kopf.
    „Ja, was?“, zischte Linda. „Wollen wir mit ihr reden oder nicht?“
    „Frau Koller, wir suchen Ihren Mann. Ist der da?“
    Martina Koller trat zurück und zog eine dunkelgrüne Strickjacke enger um den Körper. Sie schüttelte den Kopf.
    „Nein. Nein, mein Mann war schon länger nicht mehr hier.“
    Im Hintergrund erschien ein Junge. Grube schätzte ihn auf ungefähr zwölf Jahre. Sein Blick war feindselig.
    „Dürfen wir reinkommen?“
    Die Frau gab die Tür frei und ging den Korridor entlang. Sie humpelte.
    „Frau Koller, sind Sie verletzt?“, fragte Grube.
    Linda sah ihn an und flüsterte: „Tolle Frage.“
    Im Wohnzimmer saß ein Mädchen, vielleicht acht oder neun Jahre alt, auf dem Sofa. Auf dem Schoß hielt sie ein Kleinkind.
    Martina Koller blieb vor dem Fernseher stehen. „Mein Mann war lange nicht mehr hier. Mindestens schon ein halbes Jahr nicht mehr.“
    Grube zog die Augenbraue hoch. „Hmm, und wer hat Sie geschlagen?“
    So, als fiele ihr erst jetzt die Verletzung im Gesicht ein, tastete sie danach. „Ach das? Ich bin gestürzt. Vorgestern bin ich im Treppenhaus gestürzt. Ich habe den Buggy nicht gesehen und bin die Treppe hinuntergefallen.“ Eilig sagte sie das. So, als müsste sie die Lüge schnell aussprechen, damit sie wahr wird.
    Grube nickte. „Verstehe!“
    Er sah den Jungen an. „Und du? Hast du deinen Vater in letzter Zeit gesehen?“
    Martina Koller wurde augenblicklich lebendig.
    „Lassen Sie ihn in Ruhe. Lassen Sie die Kinder in Ruhe. Die haben ihren Vater seit Monaten nicht gesehen!“ Sie stellte sich vor das Sofa wie ein Vogel, der aufgeregt versucht, seine Brut zu schützen.
    „Fragen Sie im Kronenstübchen oder Bei Hella. Da ist er wohl regelmäßig. Hier war er nicht.“
    Sie hatte Tränen in den Augen, zog die Jacke so fest um den dürren Körper, dass Linda glaubte, sie müsse gleich zerreißen.
    „Dürfen wir uns mal umsehen, Frau Koller?“
    Grube schlug jetzt einen leisen, vorsichtigen Ton an. Linda schnaubte.
    Grube konnte einfach nicht mit hilflosen Frauen. Immer dasselbe. Wenn eine ihm signalisierte, dass sie gleich in Tränen ausbrechen würde, zog er den Schwanz ein. Immer!
    Linda wartete ab. Sie konnte mit diesen verhuschten Opferfrauen nichts anfangen. Die ließen sich zusammenschlagen und spätestens nach zwei Tagen gingen sie zu ihren prügelnden Ehemännern oder Lebensgefährten zurück. Schon als sie noch im Streifendienst war, hatte sie sich vor solchen Einsätzen gedrückt. Sie hatte es einfach nicht ertragen, immer wieder bei den gleichen Familien aufzulaufen. Sie verachtete diese Frauen.
    Martina Koller machte eine kleine, hilflose Handbewegung.
    Sie sahen sich in der Wohnung um.
    Grube war überrascht. Überall war es aufgeräumt und sauber. In der Küche stand eine Schale mit frischem Obst und Gemüse auf der Anrichte. Ein zweiflammiger Campingkocher mit Gaskartuschen war auf dem Herd aufgebaut. Der Frühstückstisch, den sie offensichtlich gerade abgeräumt hatte, war mit einer Glasschale, in der Schwimmkerzen dümpelten, dekoriert. Martina Koller stand im Türrahmen und sah seinen Blick.
    „Julia ist gestern neun geworden“, sagte sie, als müsse sie sich für den Luxus schwimmender Kerzen entschuldigen.
    „Gut, Frau Koller. Sagen Sie, wissen Sie zufällig, ob Ihr Mann seinen Patrol noch hat?“
    Die Frau sah ihn erstaunt an. „Was soll das sein?“
    Linda schloss genervt die Augen.
    „Ein Auto, Frau Koller. Ein Geländewagen!“
    Martina Koller zuckte mit den Schultern.
    „Nein, das weiß ich nicht.“
    „Wenn Sie Ihren Mann sehen, sagen Sie

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