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Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt

Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt

Titel: Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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weißt schon. Gaaanz wichtige Männer!“
    „Sag mal, Hella, wie heißt du denn richtig?“
    Sie beugte sich über die Theke und gönnte ihm einen Blick in ihren Ausschnitt.
    „Nilgün!“
    „Nilgün, kommt dieser andere Typ öfter hierher?“
    Sie richtete sich wieder auf und machte einen Schmollmund.
    „Is’ – ja – gut! Nein, ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen.“
    Joop fasste in die Jackentasche und gab ihr seine Karte.
    „Wann hast du Feierabend?“
    Nilgün strahlte.
    Sie nahm die Karte.
    „Um zwei bin ich fertig. Wo wollen wir uns treffen?“
    „Ähm, da!“ Er zeigte auf die Adresse des Präsidiums.
    „Es wäre schön, wenn wir ein Phantombild machen könnten.“
    Sie legte den Kopf schief und verdrehte die Augen.
    „Toll! Ganz toll!“
    Er schlenderte an den Geschäften der Fußgängerzone vorbei in Richtung Steinstraße. Verkäuferinnen waren damit beschäftigt, Kleiderständer und Warentische vor die Läden zu rollen. Es würde ein schöner Tag werden. Die Frühlingswärme hüpfte schon jetzt mit kindlicher Unbeschwertheit durch die Straßen. Fern von hochsommerlich dumpfer Hitze ließen diese Temperaturen Platz für Bewegung und Leichtigkeit.
    Er nahm den Torbogen neben der Videothek zum Hinterhof. An der Hauswand waren vier blaue Gartenstühle aus Vollplastik gestapelt. Ein altes Hollandrad stand vor dem Eingang. Die Reifen waren ohne Luft. Auf der Hauswand, das hatte er bei ihrem nächtlichen Besuch nicht gesehen, war mit kindlich ungeübter Handschrift HUREN WIXER SEUE in großen roten Buchstaben gesprüht. Die Wand gegenüber zeigte in weißen, mit schwarz eingefassten, bauchigen Buchstaben das Wort Gothic.
    Im Treppenhaus roch es nach Zwiebeln und Zerkochtem. Werbewurfsendungen lagen auf der Treppe verstreut. Als er an der Wohnung Koller schellte, kam ein Junge von etwa fünfzehn Jahren die Treppe heruntergesprungen. Sein Hosenboden hing ihm zwischen den Knien. Er verlangsamte das Tempo, beäugte Joop herausfordernd, ging an ihm vorbei, blieb dann stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Da ist niemand!“ Seine Stimme lag noch unentschieden zwischen Sopran und Bariton. Gestik und Mimik waren der Stimme voraus.
    „Weißt du, wo Frau Koller ist?“ Joop sah ihn freundlich an.
    „Was willst du von den Asis?“ Er rührte sich nicht von der Stelle.
    Joop legte den Kopf schief. „Warum nennst du sie so?“
    Der Junge lachte auf. „Weil sie das sind. Asoziale! Mit denen will hier keiner was zu tun haben.“ Er ließ die Arme fallen und schob die Hände in die tiefhängenden Hosentaschen.
    „Die Alte arbeitet drüben im Drogeriemarkt.“
    Joop bedankte sich, ging an ihm vorbei die Treppe hinunter. Der Junge folgte. Auf dem Hof überholte er ihn und verschwand mit langen, schlaksigen Schritten in Richtung Fußgängerzone.
    Im Drogeriemarkt begleitete die Kassiererin ihn zur Tür des Lagers.
    „Sie dürfen da nicht rein, warten Sie hier!“, verkündete sie wichtig. Dann öffnete sie die Tür und brüllte: „Frau Koller!“
    Als Martina Koller in der Tür erschien, fuchtelte sie noch einmal allgewaltig mit dem Zeigefinger. „Frau Koller, das geht aber nicht. Besuche während der Arbeitszeit sind hier nicht erlaubt.“ Auf dem Weg zurück zur Kasse zwitscherten ihre Gesundheitsschuhe auf den Fliesen wie die Rufe eines in Not geratenen Vogels.
    Martina Koller hob nur kurz den Blick.
    „Warum tun Sie das? Warum kommen Sie hierher?“
    Joop hörte unterdrückten Zorn. Sie trug über Jeans und T-Shirt einen kurzen Kittel mit dem Logo der Drogerie. Ihr linkes Auge hatte jetzt einen grünlichen Hof.
    „Mevrouw Koller, haben Sie von der Halle gewusst?“
    Sie starrte ihn an, schien im ersten Moment nicht zu wissen, wovon er sprach. Dann verstand sie.
    „Ich wusste, dass er eine Werkstatt hat!“
    „Aber die Adresse kannten Sie nicht?“
    Sie stützte sich auf die Türklinke.
    „Nein. Eine Werkstatt in Kleve. Mehr wusste ich nicht.“
    Die ganze Zeit hielt sie den Kopf gesenkt.
    Er räusperte sich.
    „Sie sind nie dort gewesen?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    Van Oss nahm den Ausdruck des Familienfotos aus der Tasche und hielt es ihr hin.
    „Ihr Mann hatte dieses Foto bei sich.“
    Sie wankte und trat einen Schritt zurück. Brachte eine Distanz zwischen sich und dem Bild.
    „Wissen Sie vielleicht noch, wo es aufgenommen wurde?“
    Sie zog die Lagertür auf und humpelte hinein, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen.
    Die Eisentür fiel krachend ins Schloss.
    Joop biss

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