Mitten ins Herz (German Edition)
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Als der Imbiss-Wagen mit den belegten Sandwiches vorbeifuhr und die ältere Dame nachfragte, ob Summer etwas möchte, winkte sie freundlich ab. Stattdessen wühlte sie in ihrer Tasche und zog eine Packung Kräcker und eine Flasche Wasser heraus.
Summer hätte sich liebend gerne eines der lecker aussehenden Sandwiches gekauft, aber vier Dollar erschienen ihr doch extrem überteuert. Sie hätte es sich zwar leisten können, aber sie wollte ihr hart verdientes Geld sparen.
Schließlich hatte sie keine Ahnung, wie es weitergehen sollte und wie lange sie mit ihrem Ersparten über die Runden kommen musste.
Einen Job zu finden würde sicher nicht leicht werden, da sie ihre Sozialversicherungsnummer nicht angeben durfte. Würde sie dies nämlich tun, dann wäre es nur eine Frage der Zeit, bis David sie finden würde.
Man hörte doch so oft in den Nachrichten von Schwarzarbeitern, die sich ihr Geld unter der Hand ausbezahlen ließen. Genau so einen Job musste sie finden.
Ihr graute auch davor, sich auf die Suche nach einem Zimmer zu machen. Fürs Erste würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als sich in einem billigen Motel einzuquartieren.
Doch auch das würde einige Schwierigkeiten mit sich bringen, denn die meisten verlangten eine Kreditkarte und eine solche besaß Summer nicht. Seufzend schob sie sich einen Kräcker in den Mund und starrte aus dem Fenster.
Die Morgendämmerung hatte bereits eingesetzt und der Horizont färbte sich in ein zartes Violett. Warum sich Summer ausgerechnet dafür entschieden hatte nach Miami zu flüchten, wusste sie selbst nicht genau.
Sie war noch nie zuvor dort gewesen. Aber schließlich gestand sie sich ein, dass es doch einen Grund für diese Wahl gab und der war Jake. Key West war nur einige Stunden von Miami entfernt und tief in ihrem Inneren wusste Summer, dass sie eigentlich dorthin wollte. Es war albern zu denken, dass Jake sich noch an sie erinnern würde, aber Summer hatte ihn nie vergessen.
Jeden Jungen, den sie kennengelernt und mit dem sie ausgegangen war, hatte sie immer mit Jake verglichen. Und keiner von ihnen hatte ihm auch nur ansatzweise das Wasser reichen können.
In diesem Moment war ihre Entscheidung gefallen. Summer würde eine Nacht in Miami bleiben und sich dann auf den Weg nach Key West machen.
Wahrscheinlich war Jake mittlerweile längst verheiratet und hatte eine Horde Kinder, aber das würde sie erst erfahren, wenn sie dort war. Sie hatte nicht vor, ihn aufzusuchen und an seine Tür zu klopfen, sondern sie würde sich erst einmal schlaumachen und ihn aus der Ferne beobachten.
Falls er überhaupt noch auf der Insel lebte.
Am Sonntag, pünktlich um 19 Uhr fuhr der Zug im Bahnhof von Miami ein. Summer nahm ihre Tasche und verließ den Wagon. Die Luftfeuchtigkeit, die ihr auf dem Bahnhof entgegenschlug, war unglaublich und die Hitze war nicht weniger schlimm.
Zuerst würde sie sich auf den Weg zu den Toiletten machen und sich ein leichtes T-Shirt anziehen. In ihrer Tasche stieß sie auf ihre Antibaby-Pille und hielt die Packung einen Moment in der Hand.
Kurzerhand warf sie die Schachtel in den Mülleimer und lächelte. Die würde sie jetzt nicht mehr brauchen, denn sie hatte David verlassen und er würde sie nie wieder anfassen. Und auf einen neuen Mann wollte sie sich in näherer Zukunft nicht einlassen. Summer hatte vor, ihre neu gewonnene Freiheit erst einmal zu genießen, bevor sie an eine neue Beziehung dachte.
Nachdem sie sich provisorisch etwas frisch gemacht und den Pullover gegen ein luftiges T-Shirt ausgetauscht hatte, machte sie sich auf den Weg zum Informationsschalter.
Dort fragte sie nach, welche Verbindungsmöglichkeiten es von Miami nach Key West gab. Der einfachste Weg sei ein Flug, erklärte ihr die freundliche Dame am Schalter, doch das kam für Summer nicht in Frage. Außerdem war ein solcher Flug viel zu teuer. Summer könnte natürlich auch trampen, doch dazu fehlte ihr der Mut.
Es gab zwar nur eine Straße zu den Keys und das war der Overseas Highway, der fast nur über Wasser führte, aber Summer wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Dazu hatte sie schon zu viel mitgemacht.
»Es gibt natürlich noch die Greyhound Busverbindung«, erklärte die Frau und zog ein Faltblatt aus einem der Aussteller. Sie deutete auf eine grob gezeichnete Karte von Miami und machte dann mit ihrem Kugelschreiber ein Kreuz an die Stelle, wo sich die Busstation befand.
»Können sie mir sagen, was ein Ticket für den Bus kostet?«,
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