Mitten ins Herz (German Edition)
fast erwachsen«, sagte sie trotzig, verschränkte die Arme vor der Brust und schob die Unterlippe nach vorn. Ihr Vater schüttelte den Kopf und grunzte belustigt, dann widmete er sich wieder dem Sportteil, so dass sie nur noch seine dunklen buschigen Augenbrauen und sein fast schwarzes Haar sehen konnte.
Als ihre Mutter Milch über die Cornflakes goss, musterte Summer sie unauffällig. Sie hatte schon wieder diese roten Flecken am Hals. Das war kein gutes Zeichen. Die bekam sie nämlich immer, wenn sie genervt war. Noch war sie anscheinend ziemlich gelassen, aber das würde nicht mehr lange so bleiben.
Sie hatte das bereits oft miterlebt und kannte die Anzeichen nur zu gut. Spätestens im Flugzeug würde Mom explodieren wie eine Bombe und dann würde sie ihren ganzen Frust wieder an Summer auslassen.
Drei Stunden später saßen sie im Flieger. Summer hatte sich gerade ihre Cola über die neue Bluse geschüttet, was wohl das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Ihre Mutter schrie, ihr Vater warf ihr einen finsteren Blick zu und sie heulte, bis ihr der Rotz aus der Nase lief. So war das jedes Jahr, wenn es in die Ferien ging.
Als sie endlich auf dem kleinen Flughafen in Key West landeten, war die Stimmung am Tiefpunkt. Ihre Mutter hatte angedroht, umgehend den nächsten Flieger zurück nach Chicago zu nehmen.
Ihrem Vater schien mittlerweile alles egal zu sein. Er hatte ihrer Mutter sogar angeboten, sie persönlich zum Gate zu begleiten.
Natürlich war sie nicht nach Hause geflogen und so saßen jetzt alle schweigend in einem Taxi, das sie in ihr Ferienhaus brachte.
Dort angekommen verzog Summer sich in ihr Zimmer im ersten Stock und packte ihre Koffer aus, während ihre Eltern im Schlafzimmer stritten. Sie zog sich ein frisches T-Shirt über und schlich sich unbemerkt aus dem Haus.
Während sie an diversen Restaurants und Kneipen vorbeischlenderte, die bereits am späten Nachmittag mit Touristen überfüllt waren, wurde sie innerlich immer aufgeregter. Der Duft von Spareribs und Steaks kroch ihr in die Nase, doch sie achtete nicht darauf.
Ihr einziger Gedanke galt Jake, dem Jungen, den sie einmal heiraten würde. Gut, er wusste noch nichts von seinem Glück, aber sie hatte ja genügend Zeit, ihn davon in Kenntnis zu setzen.
Nach 15 Minuten sah sie den Mallory Square vor sich. Die bekannte Strandpromenade auf Key West. Von diesem Platz aus konnte man die schönsten Sonnenuntergänge beobachten. So stand es jedenfalls in den Reiseführern. Dementsprechend vollgestopft mit Urlaubern war es dort auch jeden Abend.
Doch Summer war nicht wegen des Sonnenuntergangs hier, sondern weil Jakes Vater sein Boot in der Nähe liegen hatte. Es war ein kleines Touristenboot, mit dem er die Urlauber zu verschiedenen Riffen schipperte, wo sie dann schnorcheln konnten. Und weil Jake seinem Vater immer half, würde sie ihn hier mit Sicherheit finden.
Der Liegeplatz war leer, also waren sie noch nicht zurück. Summer setzte sich auf die kleine Hafenmauer und kaute aufgeregt an ihren Fingernägeln. Ob sich Jake sehr verändert hatte?
Er war schon letztes Jahr mindestens einen Kopf größer gewesen als sie, was Summer aber nicht störte. Es war jedenfalls besser als umgekehrt. Außerdem würde sie mit Sicherheit auch noch wachsen, das hoffte sie zumindest, sonst hätte sie als Erwachsene ein Problem.
Plötzlich sah Summer das kleine weiße Boot, das den Namen "Mysteria" trug. Es tuckerte ganz gemächlich in den Hafen. Sie sprang auf.
Sie erkannte sofort Jakes Vater, den grauhaarigen, stämmigen Mann, aber von Jake war keine Spur zu sehen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt sich eine Hand schützend über die Augen, damit die Sonne sie nicht blendete.
Als das Boot angelegt hatte, stiegen acht Passagiere von Bord, die sich lautstark winkend bei ihrem Bootsführer bedankten. Summer stand da und rührte sich nicht. Wo war Jake?
Plötzlich sah sie ihn und ein freudiger Aufschrei entschlüpfte ihrer Kehle. Er kam gerade aus der Kajüte und drehte bei ihrem Ausruf den Kopf in ihre Richtung. Nachdem er Summer erkannt hatte, sprang er vom Boot und kam grinsend auf sie zugelaufen. Er hob sie in die Luft und wirbelte sie im Kreis.
»Da ist ja mein Kürbiskopf«, begrüßte er sie und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
»Du sollst mich doch nicht so nennen«, entgegnete Summer streng und stemmte die Fäuste in die Hüften. Kürbiskopf war, weiß Gott, kein schmeichelhafter Spitzname.
»Aber du bist schon ewig mein
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