Mitten ins Herz (German Edition)
schenkte er kaum noch Beachtung, so als sei sie gar nicht an Bord. Sie fühlte sich schrecklich. Mit hängenden Schultern saß sie auf der Bank und starrte auf das offene Meer. Dann plötzlich hörte sie Jakes Stimme.
»Summer, komm her.« Freudestrahlend sprang sie auf und ging zu ihm. Jake streckte seinen Arm aus, griff ihre Hand und zog sie auf seinen Schoss. In diesem Moment waren all ihre Befürchtungen und Zweifel verflogen. Er hatte sie doch nicht vergessen.
»Madison, das ist Summer. Sie kommt jedes Jahr in den Ferien mit ihren Eltern hierher. Sie ist wie eine kleine Schwester für mich.« Er zwickte ihr freundschaftlich in die Wange.
Wie in Trance schüttelte Summer Madison die Hand, während ihr Gehirn noch den eben gehörten Satz verarbeitete. Wie eine Schwester? Sie war nur ein Schwesternersatz für Jake?
»Kürbisköpfchen? Was ist denn los? Du bist ja auf einmal kreidebleich«, wollte Jake wissen. Summer stand langsam auf und quälte sich ein Lächeln ab.
»Wahrscheinlich die viele Sonne. Ich gehe mir mal besser meinen Hut holen«, sagte sie und verschwand unter Deck.
Dort blieb sie, bis das Boot wieder im Hafen angelegt hatte. Jake kam kein einziges Mal zu ihr, um nachzusehen, wie es ihr ging.
Als beide am Pier standen und Madisons Familie nachsahen, wie diese im Gedränge verschwand, beruhigte sich Summer langsam. Die dumme Kuh war weg und jetzt würde Jake wieder Zeit für sie haben. Aus den Augen, aus dem Sinn. So sagt man doch, oder?
»Wollen wir morgen an den Strand gehen?«, wollte sie wissen und sah ihn erwartungsvoll an.
»Also…. die Sache ist die…. ich... «, stammelte er und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
»Was ist denn los?«, hakte Summer nach.
»Naja, morgen habe ich ehrlich gesagt keine Zeit etwas mit dir zu unternehmen«, presste er so schnell heraus, dass sie Mühe hatte, seinen Worten zu folgen.
»Was hast du denn vor?« Sicher musste Jake seinem Vater helfen und hatte deshalb keine Zeit für sie. Das würde sie verstehen. Einen Tag lang konnte sie sich auch ohne ihn beschäftigen. Es würde langweilig werden, doch daran war eben nichts zu ändern. Doch dann senkte er den Blick und besah sich etwas zu interessiert seine Sandalen.
»Ich habe mich morgen mit Madison verabredet, um ihr die Insel zu zeigen«, erklärte er leise. Als Summer schwieg, sah er auf und fügte rasch hinzu. »Aber übermorgen habe ich wieder Zeit für dich.« Sie nickte und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie gekränkt sie war.
»Alles klar, kein Problem«, sagte sie leichthin und drehte sich zum Gehen. Jake hielt sie am Arm fest und runzelte die Stirn.
»Willst du nicht warten, bis ich mitgeholfen habe, das Boot auszuladen und dich nach Hause begleiten kann?«
»Ist schon ok. Ich finde den Weg auch allein«, verkündete sie und ging.
»Wir sehen uns dann übermorgen, ja?«, hörte Summer ihn rufen. Sie drehte sich um, winkte ihm zu und nickte. Das war der Tag, an dem sie Jake zum letzten Mal gesehen hatte.
KAPITEL 1
14 Jahre später stand Summer im Badezimmer und betrachtete ihr Spiegelbild. Sie erinnerte sich noch gut an die Zeit, als sie elf Jahre alt gewesen war. Damals hatte sie auch vor einem Spiegel gestanden und sich gefragt, ob sie irgendwann vielleicht doch noch hübsch werden würde.
Viele Jahre waren seither vergangen und Summer konnte ohne Übertreibung sagen, dass sie sich in eine Schönheit verwandelt hatte.
Ihr kupferrotes Haar hing ihr bis auf die Schultern. Die Zahnlücke war verschwunden und hatte einer Reihe gerader, weißer Zähne Platz gemacht. Genauso wie ihre zahlreichen Sommersprossen, die einst ihr ganzes Gesicht bevölkert hatten. Auch von ihnen war nichts mehr zu sehen.
Bis auf eine Handvoll ganz hartnäckiger Gesellen, die sich um ihre Nase herum sesshaft gemacht hatten. Ihr Mund war sinnlich geschwungen und ihre Figur war tadellos.
Entgegen ihren Befürchtungen war Summer doch noch gewachsen und war jetzt stolze 170 cm groß. Sie war schlank, hatte aber an den richtigen Stellen die weiblichen Rundungen, die einen Mann um den Verstand bringen konnten.
Summer starrte in die smaragdgrünen Augen ihres Spiegelbilds. Sie war sehr hübsch, wäre da nicht dieses geschwollene, blaue Auge.
Das hatte sie ihrem Ehemann David zu verdanken, mit dem Summer seit zwei Jahren verheiratet war. Und es war nicht das erste Mal, dass er sie geschlagen hatte. Plötzlich hämmerte es laut an der Badezimmertür.
»Bewegst du jetzt endlich deinen
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