Mitternacht
daß du einfach so vom Winde verweht wirst.«
Eine Tür wurde zugeschlagen, dann die andere.
Als sie sicher war, daß sie sie nicht sehen konnten, zog Chrissie die Jutesäcke weg und streckte den Kopf heraus. Sie hielt sich die Nase zu und atmete durch den Mund, bis das Kitzeln in den Stirnhöhlen nachließ.
Während Ed Eulane den Motor anließ, ihn etwas im Leerlauf heulen ließ und dann rückwärts aus der Garage fuhr, konnte Chrissie hören, wie sie sich im Fahrerhaus unterhielten. Sie konnte nicht alles verstehen, was sie sagten, aber sie schienen einander immer noch zu necken.
Kalter Regen schlug ihr ins Gesicht, und sie zog den Kopf sofort wieder unter den Sack und ließ nur einen winzigen Spalt offen, durch den frische Luft herein konnte. Wenn sie während der Fahrt nieste, würde das durch Regen und Motorenlärm nicht zu hören sein.
Als sie an die Unterhaltung dachte, die sie in der Garage mitangehört hatte, und als sie jetzt hörte, wie Mr. Eulane im Führerhaus lachte, dachte Chrissie, daß sie ihnen vertrauen könnte. Wenn sie Außerirdische wären, würden sie keine albernen Scherze und verliebtes Geplänkel machen. Sie würden es vielleicht tun, wenn sie vor Nichtaußerirdischen eine Schau abzögen und versuchten, so zu tun, als wären sie immer noch Ed und Sarah Eulane, aber nicht, wenn sie unter sich waren. Wenn Außerirdische allein waren, ohne nicht verwandelte Menschen in der Nähe, unterhielten sie sich wahrscheinlich über... nun, Planeten, die sie eingesackt hatten, das Wetter auf dem Mars, den Preis von Treibstoff für fliegende Untertassen und Rezepte, wie man Menschen köstlich zubereitete. Wer konnte das schon sagen? Aber sie unterhielten sich sicher nicht so, wie sich die Eulanes unterhielten.
Andererseits...
Vielleicht hatten diese Außerirdischen Ed und Sarah Eula ne nur in der Nacht übernommen, vielleicht fühlten sie sich noch nicht wohl in ihren Menschenrollen. Vielleicht übten sie das Menschsein in der Abgeschiedenheit, damit sie in der Öffentlichkeit als Menschen durchgehen konnten. Wenn Chrissie sich ihnen zeigte, würden sie wahrscheinlich verdammt sicher Tentakel bekommen oder sich Hummerscheren aus der Brust wachsen lassen, und sie würden sie lebend verspeisen, ohne Beilagen, oder sie würden sie ausstopfen, auf eine Holzscheibe montieren und auf ihrem Heimatplaneten ins Wohnzimmer hängen, oder sie würden ihr das Ge hirn aus dem Kopf klopfen, es in ihr Raumschiff montieren und als billigen Kontrollmechanismus für ihre Kaffeemaschine verwenden.
Mitten in einer außerirdischen Invasion konnte man sein Vertrauen nur widerstrebend und nach einigem Nachdenken verschenken. Sie beschloß, sich an ihren ursprünglichen Plan zu halten.
Die Fünfzig-Pfund-Plastiksäcke Kunstdünger und Torf und Schneckenkorn, die rings um ihre Jutenische gestapelt waren, beschützten sie vor einem Teil des Regens, aber es kam immer noch genügend durch, daß die oberen Schichten der Jutesäcke durchnäßt waren. Als sie aufbrachen, war sie trocken und mollig warm, aber als sie sich mit nach Gras riechendem Regenwasser vollgesogen hatte, fror sie bis auf die Knochen.
Sie spähte ein paarmal hinaus, um festzustellen, wo sie sich befanden. Als sie sah, daß sie von der Landstraße in die Ocean Avenue einbogen, streifte sie die durchnäßten Jutesäcke ab und kroch aus ihrem Versteck.
In der Rückwand des Fahrerhauses befand sich ein Fenster, das bedeutete, die Eulanes konnten sie sehen, wenn sie sich umdrehten. Mr. Eulane konnte sie vielleicht sogar im Rückspiegel sehen, wenn sie nicht ganz unten bliebe. Aber sie mußte zur Ladeklappe des Lieferwagens und sich zum Absprang bereit machen, bis sie Our Lady of Mercy passierten.
Sie ging auf Händen und Knien zwischen den Gartengerä ten durch - und über sie hinüber. Als sie die Heckklappe erreichte, kauerte sie sich dort nieder, senkte den Kopf und zitterte kläglich im Regen.
Sie überquerten den Shasta Way, die erste Kreuzung am Stadtrand, und fuhren durchs Geschäftsviertel der Ocean Avenue. Sie waren nur vier Blocks von der Kirche entfernt.
Chrissie war überrascht, daß keine Menschenseele auf den Gehwegen zu sehen war und keine Autos auf den Straßen fuhren. Es war früh - sie sah auf die Uhr, 7:03 -, aber nicht so früh, daß alle noch zu Hause in den Betten sein konnten. Sie vermutete, daß das Wetter auch etwas mit dem verlassenen Eindruck zu tun hatte, den die Stadt machte; bei diesem miesen Wetter ging niemand aus, wenn er
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