Mitternacht
herrlich in der Küche. Die Schokolade kochte. Toast röstete. Würste zischten auf kleiner Flamme auf dem Gasherd.
Pater Castelli führte sie zu einem der vier gepolsterten Vinylsitze am Frühstückstisch aus Chrom und Kunststoff, dann wuselte er herum und kümmerte sich um sie, als wäre sie ein Kücken und er die Glucke. Er eilte nach oben, kam mit zwei frischen, sauberen Badehandtüchern zurück und sagte: »Trockne dir mit einem die Haare und tupf deine nas sen Kleider ab, und dann wickle das andere wie einen Schal um dich. Das wird dich wärmen.« Während sie seinen Anweisungen folgte, ging er ins Badezimmer am unteren Flur und holte zwei Aspirin. Diese legte er vor ihr auf den Tisch und sagte: »Ich bringe die etwas Orangensaft, damit du sie nehmen kannst. Orangensaft enthält viel Vitamin C. Aspirin und Vitamin C sind wie ein steifer Grog; sie klopfen die Erkältung aus dir raus, noch bevor sie sich niederlassen kann.« Als er mit dem Saft zurückkam, stand er einen Augenblick da, sah auf sie herunter und schüttelte den Kopf, und sie dachte sich, daß sie mitgenommen und erbarmenswert aussehen mußte. »Gutes Mädchen, was hast du dir um Himmels willen nur gedacht?« Er schien nicht gehört zu haben, daß sie etwas von Außerirdischen sagte, als sie bei ihm ein getreten war. »Nein, warte. Das kannst du mir beim Frühstück erzählen. Möchtest du Frühstück?«
»Ja, bitte, Pater. Ich bin am Verhungern. Ich habe seit gestern nachmittag nur zwei Schokoriegel gegessen.«
»Nur Schokoriegel?« Er seufzte. »Schokolade ist eine Gnade Gottes, aber sie ist auch ein Werkzeug, das der Teufel benützt, um uns in Versuchung zu führen - die Versuchung der Völlerei.« Er strich sich über den runden Bauch. »Ich selbst habe diese spezielle Gnade oft genossen, aber ich wäre niemals« er betonte das Wort >niemals< übertrieben und blinzelte ihr zu - »niemals, nicht einmal dem Ruf des Teufels nach Völlerei gefolgt! Aber sieh her, wenn du nur Schokolade ißt, werden dir die Zähne ausfallen. Daher... ich habe eine Menge Würste, die ich mit dir teilen kann. Ich wollte mir auch ein paar Eier machen. Möchtest du auch ein paar Eier?«
»Ja, bitte.«
»Und Toast?«
»Ja.«
»Wir haben ein paar herrliche Zimtbrötchen hier auf dem Tisch. Und natürlich die heiße Schokolade.«
Chrissie schluckte die beiden Aspirin mit Orangensaft.
Während er sorgfältig Eier in die heiße Bratpfanne schlug, sah Pater Castelli sie wieder an. »Geht es dir gut?«
»Ja, Pater.«
»Bist du sicher?«
»Ja. Jetzt. Jetzt geht es mir gut.«
»Es ist schön, Gesellschaft beim Frühstück zu haben«, sagte er.
Chrissie trank den restlichen Saft.
Er sagte: »Wenn Pater O'Brien mit der Messe fertig ist, möchte er nie etwas essen. Nervöser Magen.« Er kicherte. »Sie haben alle Probleme mit dem Magen, wenn sie neu sind. In den ersten Monaten haben sie da oben auf dem Altar eine Heidenangst. Weißt du, es ist so eine heilige Pflicht, die Messe zu lesen, und die jungen Priester haben immer Angst, sie könnten sie auf eine Weise vermasseln, die... oh, ich weiß nicht... die eine Beleidigung Gottes wäre, schätze ich. Aber Gott läßt sich nicht so leicht beleidigen. Wenn er das täte, hätte er sich die menschliche Rasse schon längst vom Hals geschafft! Alle jungen Priester kommen irgendwann einmal zu dieser Erkenntnis, dann geht es ihnen gut. Dann kommen sie von der Messe zurück und sind bereit, das Lebensmittelkontingent der ganzen Woche bei einem einzigen Frühstück zu verschlingen.«
Sie wußte, daß er nur redete, um sie zu beruhigen. Er hatte bemerkt, wie durcheinander sie war. Er wollte sie beruhigen, damit sie sich auf gelassene, vernünftige Weise mitein ander unterhalten konnten. Das störte sie nicht. Sie brauchte es, beruhigt zu werden.
Nachdem er alle vier Eier aufgeschlagen hatte, wendete er die Würstchen mit einer Gabel, dann machte er eine Schublade auf und holte eine Kelle heraus, die er zur Eierpfanne legte. Während er Teller, Messer und Gabeln auf den Tisch legte, sagte er: »Du siehst mehr als nur ein wenig ängstlich aus, Chrissie, als hättest du gerade ein Gespenst gesehen. Du kannst dich jetzt beruhigen. Wenn ein junger Priester nach so vielen Jahren des Trainings und der Ausbildung Angst haben kann, bei der Messe einen Fehler zu machen, dann kann jeder vor allem Möglichen Angst haben. Die meisten Ängste denken wir uns selber aus, und wir können sie mühelos loswerden, wenn wir sie uns
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