Mitternacht
das Gesicht der Frau sehen, während sie mit ihren Widersachern rang. Ihre Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen.
»Oh, Scheiße.«
Moose stand auf und kam zu ihm.
Im Haus der Simpsons war Ellas Rock durch ihre heftige Gegenwehr aufgerissen. Die hellgelben Schlüpfer waren zu sehen. Knöpfe der grünen Bluse waren aufgegangen. Aber die Szene vermittelte nicht das Gefühl einer kurz bevorstehenden Vergewaltigung, nicht einmal die Andeutung sexu eller Erregung. Was sie mit ihr machten, war möglicherweise noch bedrohlicher und grausamer - und sicherlich seltsamer - als Vergewaltigung.
Doc Fitz trat ans Fußende des Bettes, so daß Harry Ella und ihre Angreifer nicht mehr sehen konnte. Der Arzt hielt eine Phiole voll bernsteinfarbener Flüssigkeit in der Hand, die er in eine Spritze füllte.
Sie verabreichten Ella eine Injektion.
Aber womit?
Und warum?
19
Nachdem sie mit ihrer Mutter in San Diego gesprochen hatte, setzte sich Tessa Lockland auf das Bett und sah sich einen Natur-Dokumentarfilm im PBS an. Sie übte lautstark Kritik an Kameraführung, der Komposition von Einstellungen, der Ausleuchtung, den Schnittechniken, den Kommentaren und anderen Aspekten der Produktion, bis ihr unvermittelt klar wurde, daß sie sich albern anhörte, wie sie mit sich selbst sprach. Dann machte sie sich über sich selbst lustig, indem sie verschiedene Fernsehkritiker nachahmte und in der je weiligen Art des Betroffenen Kommentare zu dem Dokumentarfilm abgab, was Spaß machte, weil die meisten Fernsehkritiker auf die eine oder andere Weise pompös waren, ausgenommen Robert Ebert. Trotzdem führte Tessa Selbstgespräche, obwohl sie ihren Spaß hatte, und das war selbst für eine Nonkonformistin zu exzentrisch, die dreiunddreißig Jahre alt geworden war, ohne jemals eine geregelte Arbeit annehmen zu müssen. Daß sie sich am Schauplatz des >Selbstmordes< ihrer Schwester aufhielt, machte sie nervös. Sie suchte im Herumalbern Erleichterung von dieser grimmigen Pilgerfahrt. Aber zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten war selbst die ununterdrückbare Frohnatur der Locklands unangemessen.
Sie schaltete den Fernseher ab und nahm den leeren Plastikeimer für Eiswürfel vom Schreibtisch. Sie ließ die Tür ihres Zimmers angelehnt und ging mit einigen Münzen zum Südende des Flurs, wo sich Eiskasten und Getränkeautomat befanden.
Tessa war immer stolz darauf gewesen, daß sie die Mühlen geregelter Arbeitszeit vermieden hatte. Auf absurde Weise stolz, wenn man die Tatsache in Rechnung stellte, daß sie so häufig zwölf bis vierzehn Stunden täglich arbeitete, anstatt der üblichen acht, und ein strengerer Chef war als alle, für die sie hätte arbeiten können. Und auch was ihr Ein kommen betraf, hatte sie kaum Grund zu prahlen. Sie hatte ein paar fette Jahre gehabt, als sie, auch wenn sie es versucht hätte, nicht hätte aufhören können, Geld zu verdienen; aber die Jahre, in denen sie kaum das Existenzminimum erwirtschaftet hatte, überwogen bei weitem. Als sie kürzlich ein mal ihr durchschnittliches Einkommen in den zwölf Jahren, seit sie von der Filmhochschule abgegangen war, ausrechnete, war sie zu dem Ergebnis gekommen, daß ihr Jahreseinkommen bei etwa einundzwanzigtausend Dollar lag, aber diese Zahl würde drastisch sinken, wenn sie nicht bald wie der ein erfolgreiches Jahr hätte.
Obwohl sie nicht reich war, und obwohl das freiberufliche Drehen von Dokumentarfilmen keine nennenswerte Sicherheit bot, fühlte sie sich erfolgreich, und das nicht nur, weil ihre Arbeiten von der Kritik im allgemeinen positiv aufgenommen worden waren und weil sie mit der Locklandschen Neigung zum Optimismus gesegnet war. Sie fühlte sich erfolgreich, weil sie sich stets der Autorität widersetzt und in ihrer Arbeit einen Weg gefunden hatte, ihr Schicksal selbst zu meistern.
Am Ende des Flurs stieß sie eine schwere Feuertür auf und trat auf einen Absatz, wo Eis - und Getränkeautomat links von der Treppe standen. Der große Getränkeautomat, der reichlich mit Cola, Wurzelbier, Orange Crush und 7-Up bestückt war, summte leise, aber die Eismaschine war kaputt und leer. Sie würde den Kübel an der Maschine im Erd geschoß füllen müssen. Sie ging die Treppe hinunter, und ihre Schritte hallten von den Betonwänden wieder. Das Ge räusch war so hohl und kalt, daß sie in einer riesigen Pyra mide oder einem alten Bauwerk hätte sein können - allein, abgesehen vielleicht von der Gesells chaft von unsichtbaren Geistern.
Am unteren
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