Mitternachtserwachen
Marbhadair lösten sich auf, schmolzen wie Eis, bis nichts mehr von ihren übrig blieb.
Babylonus zog eine Taschenuhr aus seiner kitschigen Jacke und stellte die Uhrzeiger ein. Ein Portal öffnete sich vor ihnen. Aileen sackte zusammen, und Lior hob sie auf die Arme. Die Dämonenwelt war der zweitsicherste Ort, an denen sie sein konnten. Es war auch nur eine Frage der Zeit, bis die Angelus hier eintrafen und ihre abgeschlachteten Kameraden fanden. Und sie würden Aileen verdächtigen.
Aileen sah ihn mit dem Ausdruck eines verwundeten Tieres an. Sari war die verschwundene Mutter von Brandy, ihrer jungen Freundin, das las er klar aus ihren Gedanken. Als er durch das Portal schritt, erfasste ihn die Energie, und er verlor sich in dem Sog. Sobald er die Augen öffnete, stand er in Babylonus’ Halle, und Aileen lag weich in seinen Armen, während ihr Tränen die Wangen herunterliefen.
Kapitel 7
Aileen wusste nicht, ob sie hätte stehen können, wenn Lior sie nicht auf seinen starken Armen gehalten hätte. Es waren zu viele tief greifende und höllisch seltsame Veränderungen, um mit ihnen Schritt zu halten. Ihr Leben explodierte, überall flogen Teilchen herum, und derjenige, der die Stückchen zu einem Gesamtbild zusammensetzte, machte alles falsch. In ihrer Welt gab es keine Morde, übernatürlichen Wesen und sie tötete niemanden. Sie konnte noch immer spüren, wie sie die Klinge in den Körper gestoßen hatte, wie bei einer reifen Wassermelone hatte es sich angefühlt. Und sie hatte den Dolch danach herausgezogen, als hätte sie diese grausige Tat bereits unzählige Male begangen – instinktiv, ohne nachzudenken, und es war ihr in dem Moment viel zu leicht gefallen. Sie hatte genau gewusst, wie und wo sie zuschlagen musste, um die Kreatur zu erledigen.
Hatte wirklich Sari, Brandys verschwundene Mutter, versucht, Aileen zu töten? Sie hatte ihr ähnlich gesehen, wie Saris verschwommenes Ich.
Babylonus stand vor ihr und fing ihren Blick auf. Dunkle Intensität starrte in den Grund ihrer Seele und wirkte beruhigend auf sie ein.
„Ist sie in Ordnung?“ Er umfasste ihr Kinn, die Berührung beinahe zärtlich.
„Die Kleine hat einen Schock und ist unterkühlt“, sagte Lior mit sanfter Stimme.
„Soll ich dir helfen?“
„Ich schaffe es allein!“, knurrte Lior.
„Hey, hört auf von mir zu reden, als wäre ich nicht anwesend.“
Babylonus streichelte ihre Wange. Seine Haut war so heiß. „Lior, wir sprechen uns, wenn du sie versorgt hast.“ Babylonus wackelte vergnügt mit den Augenbrauen und nahm die Hand fort, dennoch verblieb die Wärme auf ihrer Haut.
Er schnipste mit den Fingern, und eine von den grünen Frauen trat an sie heran. Erst jetzt, im hellen Licht, bemerkte sie die roten Schriftzeichen, die den ganzen Körper bedeckten. Sie passten perfekt zu dem roten kurz geschnittenen Haar. Der Haarschnitt unterstrich die klaren Linien des zeitlos schönen ovalen Gesichts mit den vollen Lippen.
„Malina, bring die beiden in das Gästequartier.“
Sie nickte, und Lior setzte sich in Bewegung, um ihr zu folgen. Zuerst wollte Aileen sich aus seinen Armen befreien, doch ihr fehlte die Kraft. Zudem tat es ihr einfach gut, von ihm gehalten zu werden.
Vielleicht war alles nur ein Traum? Eine Vision wie in dem Mordhaus? Sie bemerkte den Dolch, den sie noch immer umklammert hielt, und er fiel klappernd auf den Boden.
Sie schaffte es nicht, nur eine weitere Silbe zu sagen, sondern bohrte stattdessen die Fingernägel in ihre Handflächen in dem Versuch, aus dem grauenvollen Albtraum aufzuwachen. Doch sie wachte nicht auf – sie war in der Realität, einer Realität, die ihr unbekannt war, als wäre sie zu spät zu einer Kinovorstellung gekommen und der komplizierte Film war bereits zur Hälfte vorbei. Sie kannte weder die Darsteller noch begriff sie die Handlung.
Die Dämonin bückte sich, um die verschmierte Waffe aufzuheben. „Ich reinige ihn für dich.“ Malina lächelte Aileen an, und kleine Fangzähne blitzten hervor. „Ich spüre deutlich, dass du das erste Mal getötet hast. Gräme dich nicht. Du hast aus Instinkt gehandelt. Manche Dinge müssen getan werden, sonst wären die Konsequenzen für einen selbst untragbar.“
Waren Dämonen nicht bösartig und hinterhältig? Doch diese strahlte Sympathie aus.
Sie schloss ihre Lider, zu müde, um sich auf die Ereignisse zu konzentrieren.
„Wo ist das Badezimmer?“, fragte Lior.
Malina deutete auf die rechte Tür in dem großen opulent
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