Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
musste sich entscheiden! Ging ihn das überhaupt etwas an? Die Schmugglerin hatte doch das Risiko gekannt! Sie war selbst dafür verantwortlich, was nun mit ihr geschah.
Die Kutsche hielt an.
„Sir, steigen sie zu? Darf ich das Gepäck verladen?“
Drew schwieg. Er konnte jetzt einsteigen und das Kapitel schließen oder … ein letzter Blick in den Himmel, wo der Falke noch immer seine Kreise zog … oder …
„Zur Hölle! Nein danke, ich habe hier noch etwas zu erledigen.“
Schnellen Schrittes und wütend auf sich selbst, weil er nicht in diese gottverdammte Kutsche gestiegen war, machte er sich auf, Lord Hayes einen Besuch abzustatten.
Er hatte gerade die Hälfte des Weges hinter sich gebracht, als ihm Reiter entgegen kamen. Aber da er in Gedanken bereits nach einer Möglichkeit suchte, Julia zur Not freizukaufen, schenkte er den Männern keine Aufmerksamkeit. Ein schlimmer Fehler, wie er sogleich bemerkte, als ihm eines der Pferde den Weg versperrte.
„Na, wenn das kein Zufall ist!“, höhnte Ashton, wobei er schadenfroh seinen Revolver zog und auf Drews Herz richtete.
„He, Burton, glaubst du, wir bekommen noch mal zwanzig Goldstücke, wenn wir den Falken zweimal fangen?“, lachte Haribert.
Drew, der mit erhobenen Händen versuchte, den Kerlen klarzumachen, dass er unbewaffnet war und sie ihn offensichtlich verwechselten, ging überrascht zu Boden, als Haribert ihn mit seinem Stiefel ins Gesicht trat.
Noch von dem Schlag benommen, konnte er sich nicht wehren, als sie ihn fesselten. Burton lachte.
„Greg macht ihn fertig, da könnt ihr Gift drauf nehmen.“
Ashton beugte sich hämisch grinsend über ihn.
„Genau, er wird sich noch wünschen, er wäre ertrunken.“
Kapitel 16
Es war der erste Tag nach der Rückkehr in ihr Elternhaus, an dem Julia das Bett verlassen hatte. Appetitlos hatte sie ihrem Vater zuliebe ihr Frühstück verspeist und saß nun mit Olivia, ihrem Vater und natürlich Gregory im Morgenzimmer. Bei schönem Wetter schien hier die Morgensonne durch die großen Glastüren.
Heute allerdings war das Wetter draußen ebenso unfreundlich, wie die Stimmung im Raum. Olivia schwatzte zwar munter vor sich her und versuchte dadurch die Laune zu verbessern, aber insgeheim wünschte vermutlich jeder, sie wäre endlich still. Greg ärgerte sich noch immer darüber, dass er keine weitere Gelegenheit bekommen hatte, allein mit Julia zu sprechen. Immerhin sah seine Verlobte in ihrem blassblauen Kleid wieder halbwegs vorzeigbar aus. Nathan war unruhig. Er hatte seit Julias Rückkehr keinen Alkohol mehr getrunken und sein Körper schrie nach einem Glas Scotch. Und Julia wäre am liebsten weit weg von alledem gewesen.
Da Gregory erkannte, dass sich auch diesmal keine Gelegenheit zu einem Gespräch bieten würde, entschuldigte er sich bei den Damen und zog sich zurück. Lieber würde er das neue Pferd zureiten, welches seine Männer zusammen mit Julia eingefangen hatten. Der störrische Gaul wollte einfach nicht so, wie er.
Nachdem Gregory den Raum verlassen hatte, zog sich auch Nathan erleichtert in sein Arbeitszimmer zurück. Er musste dem König mitteilen, dass es ihm gelungen war, das gesetzlose Treiben an seiner Küste zu unterbinden.
Julia überlegte, dass sie später nach Robby würde schicken lassen, denn auch wenn sie in ihrem Unglück verging, so durfte sie doch seinen Unterricht nicht vernachlässigen. Außerdem musste sie sich ebenfalls um die Belange ihrer Männer kümmern. Wenn Robby dann schon einmal hier war, konnte sie ihm sicherlich einen Brief für Butch mitgeben. So schwer es ihr auch fiel, das Leben musste weitergehen, und sei es auch nur für die Leute von Stonehaven.
Olivia hatte inzwischen ihre Stickarbeit hervorgeholt und arbeitete konzentriert an einer kunstvollen Blüte. Da Julia für derartige Arbeiten im Moment noch zu aufgewühlt war, schloss sie die Augen und träumte in den Tag hinein. Wie immer, wenn sie ihre Gedanken kreisen ließ, entstand sofort das Bild von Drew in ihrem Kopf. Sie sah ihn vor sich, wie er dunkel und gefährlich den Höhleneingang mit seinem starken Körper versperrt hatte, wie er später langsam und drohend sein Hemd geöffnet, seine Lippen leidenschaftlich ihren Mund erobert hatten …
Ein Tumult im Hof riss Julia aus ihren süßen Träumen. Nur widerwillig öffnete sie die Augen. Olivia war bereits ans Fenster getreten, um zu sehen, was diesen Lärm verursachte.
Neugierig geworden erhob sich auch Julia. Was war da los? Die Sicht war
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