Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
holen. Willst du in der Zwischenzeit ein Glas Ale? Hebt vielleicht die Stimmung“, bot Ian an, der sogleich seinen Burschen zu Fanny schickte.
Eigentlich wollte Drew seine Ruhe haben, aber der leere Gastraum und der verlockende Gedanke an ein kühles Bier stimmten ihn um.
„Hier. Ich sag dir, das hilft besser, als die komischen Kräuter von Fanny“, beschwor ihn der Wirt.
„Hm, möglich“, stimmte er einsilbig zu.
„Was ist dir denn passiert? Siehst ganz schön erledigt aus, wenn ich das so sagen darf“, hakte Ian nach und setzte sich ungebeten an Drews Tisch.
„Wurde von einer Frau aufs Kreuz gelegt.“
Nach kurzem Zögern nickte Ian und wischte mit seinem Geschirrtuch über die Tischplatte.
„So, so, die hat dich ja ganz schön fertiggemacht, die Kleine.“
Als Drew sich dazu ausschwieg, erzählte der Wirt weiter:
„Du warst doch auch hinter dem Gold her, oder? Weißt du schon, dass der Falke tot ist? Gisbournes Männer haben ihn erwischt und angeblich auch das Kopfgeld kassiert. Zumindest waren sie gestern Abend hier und haben eins nach dem anderen gekippt, ohne ihre Rechnung wie üblich anschreiben zu lassen.“
Drew war erschüttert. Er konnte das nicht glauben. Gut, er hatte, kurz bevor er über die Klippe gestürzt war, Julia in den Fängen dieser Männer gesehen. Er war sich ganz sicher, dass es sich dabei um die Männer handelte, die ihm auch die Schusswunde beigebracht hatten. Skrupellose Kerle, die für Gold alles tun würden. Zum Beispiel eine Frau ausliefern.
Der Schmerz, den er bei diesem Gedanken empfand, war unerträglich. Er selbst hatte Julia auch nicht gerade sanft behandelt, aber niemals hätte er es über sich gebracht, die Frau mit den eisblauen Augen dem Lord zu überlassen.
Wo er nun so an sie dachte, drängte sich ihm erneut die Frage auf, die ihn schon die letzten zwei Tage in jeder wachen Minute beschäftigt hatte. Wie war es dazu gekommen, dass er und sie …? Obwohl er sich genau daran erinnerte, dass ihr lustvoller Aufschrei ihn selbst den Höhepunkt hatte erreichen lassen, fehlte ihm jede Erinnerung an das eigentliche Liebesspiel. Leider, wie er sich eingestand. Denn wenn diese Julia im Bett auch nur halb so impulsiv war, wie in den Situationen, in denen er sie erlebt hatte, musste es eigentlich eine unvergessliche Erfahrung sein, mit ihr zu schlafen. Dass sie tot sein sollte, konnte er nicht glauben.
„Tot? Wie denn das?“, wollte er daher wissen.
„Keine Ahnung. Hat sich vermutlich wiedersetzt, und wie ich Gisbournes Spießgesellen kenne, haben die dann kurzen Prozess gemacht. Aber sicher weiß ich das nicht.“
Drew war blass geworden. Nur zu gut konnte er sich vorstellen, dass sich Julia einer Festnahme wiedersetzt hatte. Aber die Geschichte musste wahr sein, wenn die Kerle schon dabei waren, das Gold zu versaufen. Mit einem Mal schmeckte ihm sein Bier nicht mehr und er schob den halb vollen Krug von sich.
Die Tür der Gaststube öffnete sich und eine Frau trat ein.
„Ian“, grüßte sie den Wirt, ehe sich ihr Blick auf den Gast richtete. „Und das hier muss mein Patient sein, nehme ich an“, fragte sie und knickste höflich.
„Hm. So ist es“, gab Drew zurück, der keine Lust hatte vor dem Wirt seinen Gesundheitszustand zu erörtern. So bat er Fanny in seine Kammer und schloss die Tür hinter ihnen.
„Ich bin Fanny Boyle. Was kann ich denn für Euch tun?“
Drew zog ohne Worte sein Hemd aus und präsentierte ihr seine Schulter.
„Oh! Hm, das sieht nicht so gut aus. Wie habt Ihr das denn gemacht?“, fragte sie, während sie sich die Wunde näher betrachtete.
„Die habe ich dem Mitternachtsfalken zu verdanken.“
Fanny hielt in der Bewegung inne. Ihre Gedanken rasten. Konnte das sein? Hatte ihr Julia nicht den Namen des Mannes genannt, der sie gefangen genommen hatte? So beiläufig wie möglich fragte sie:
„Hm, wie war noch gleich Euer Name, Sir? Ich glaube, Ian hat ihn mir gar nicht verraten. Ich werde Euch eine Breipackung bereiten, die die Entzündung in der Schulter lindert.“
Mit gerunzelter Stirn kramte Fanny einige Utensilien aus ihrem Korb und mischte in einem kleinen Schälchen die Zutaten zu einem klumpigen Brei zusammen.
„Drew Warring, danke dass du so schnell gekommen bist, denn die Schulter bringt mich um.“
„So, so. Warring. Nun gut Sir, das hier sollte Euch auf jeden Fall helfen. Es lindert auch sehr schnell die Schmerzen.“
Damit verband sie ihm den Arm und half ihm in sein Hemd.
„Dann müsst Ihr ja
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