Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
verlieben und dann auf den Mann zu verzichten - da sie bereits an Greg gebunden war. Nein, da war es tatsächlich besser, dieser Herzensbrecher war tot und damit aus ihrem Leben verschwunden. So würde sie ihn irgendwann vergessen. Würde vergessen, welche Leidenschaft sie in seinen Armen kennengelernt hatte. Vielleicht, so dachte Fanny, würde dann ihre Ehe mit Gregory doch noch glücklich werden können.
Das warnende Bellen von Bone riss sie aus ihren Gedanken. Vor ihrem Gartentor stand Tim, der junge Gehilfe von Ian und wagte es nicht, über die Schwelle zu treten. Bone reichte dem Jungen beinahe bis zur Schulter. Der Speichel, der dem Hund aus dem Maul tropfte, schien sagen zu wollen, dass ihm bei Tims Anblick bereits das Wasser im Maul zusammenlief.
Schmunzelnd trat Fanny aus ihrer Hütte. Sofort war Ruhe und Bone rollte sich an ihren Füßen zu einem riesigen haarigen Knäuel zusammen.
„Tim, was führt dich denn hierher?“, wollte sie wissen, wobei sie sich ihr rotes Haar geschickt im Nacken zu einem Knoten wickelte und mit einem Holzstäbchen feststeckte.
Unsicher trat Tim von einem Fuß auf den anderen. Er hatte schon Schwierigkeiten mit Frauen im Allgemeinen zu sprechen, doch die schöne Kräuterfrau war noch etwas anderes. Vor ihr fürchtete er sich fast ein bisschen.
„Miss Boyle, der Wirt schickt mich. Er braucht Hilfe, Miss. Einer der Gäste fühlt sich nicht wohl und hat nach einer Heilerin gefragt“, stotterte der pickelige Junge.
„Was fehlt dem Gast denn?“, fragte Fanny, wobei sie bereits nach ihrem Korb griff.
„Äh? Was? Er ist anscheinend krank, oder so. Darum braucht er doch auch Hilfe.“
Fanny drehte unbemerkt die Augen gen Himmel und packte die nötigsten Medikamente und Heilpflanzen ein.
„Natürlich Tim. Ich verstehe. Machen wir uns also auf den Weg.“
Kapitel 15
Ein stechender Schmerz in seinem Auge ließ Drew zusammenzucken. Da! Schon wieder! Langsam hob er das Lid. In diesem Moment hieb die Möwe zum dritten Mal ihren Schnabel in sein Auge.
„Au! Verdammtes Mistvieh!“, knurrte er mit kratziger Stimme und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Von der unerwarteten Bewegung aufgescheucht, flatterte die Möwe ein Stück beiseite und blickte neugierig auf ihren fragwürdigen Fund.
Mühsam rollte sich Drew auf die Seite und öffnete diesmal etwas vorsichtiger die Augen. Seichte Wellen spülten über ihn hinweg an den Strand. Die Möwe hopste erneut auf ihn zu und neigte ihren Kopf mal nach links, mal nach rechts. Seine Zunge klebte ihm am Gaumen und der salzige Geschmack in seinem Mund machte ihn durstig. Er brauchte dringend einen Schluck Wasser. Ziemlich ironisch, denn er war durch und durch nass.
Nur sehr langsam kam er auf die Beine. Eine genaue Bestandsaufnahme traute er sich momentan gar nicht durchzuführen. Das war eigentlich auch nicht nötig. Er war am Leben. Das war mehr, als er erwartet hatte. Seine Lunge brannte und er hatte das Gefühl, ein tonnenschwerer Stein würde seinen Brustkorb eindrücken.
Trotzdem schien er weiter keine größeren Verletzungen davongetragen zu haben. Er konnte alle Glieder bewegen und nur die Schusswunde in der Schulter bereitete ihm Sorge. Aber darum würde er sich später kümmern.
Die Strömung hatte ihn weit abgetrieben. Er hatte keine Ahnung, wo er war. In nördlicher Richtung sah er Rauch in den Himmel steigen und somit würden dort Menschen zu finden sein, die ihm helfen konnten. Er brauchte Kleidung, und je nachdem, wie weit es bis Stonehaven war, eine Möglichkeit dorthin zu gelangen.
Wenigstens war ihm diesmal das Glück hold und kaum eine Stunde später ließ er sich im Black Sheep ins Bett fallen. Er war so erschöpft, dass er ganze zwei Tage nicht in der Lage war, dieses für mehr als eine Mahlzeit oder den Gang zum Nachttopf zu verlassen.
Schließlich jedoch wurde ihm der stetige Schmerz in seiner Schulter zu viel und er tappte, noch immer sichtlich angeschlagen, die Stufen in den Gastraum hinunter.
Der Wirt hob fragend eine Augenbraue:
„He, Mann, alles klar?“
„Sieht es vielleicht so aus?“, gab Drew bissig zurück, „Ich brauche einen Arzt oder dergleichen. Kannst du mir da helfen?“
Unter seinem schwarzen Bart presste Ian mürrisch die Lippen zusammen. Wenn der Gast nicht schon im Voraus bezahlt hätte, würde er sich diesen Ton nicht gefallen lassen. Andererseits war der Herr sehr großzügig mit Trinkgeldern gewesen und da konnte er so etwas schon mal überhören.
„Sicher. Ich lass sie
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