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Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe

Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe

Titel: Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatten, waren erschüttert.
    Dem armen Jungen musste geholfen werden - und Fanny hatte auch schon eine Idee.
    „Na gut, dann kommst du vorerst mit zu mir. Kannst du mir sagen, wie dein Name ist?“
    Er hatte mit den Schultern gezuckt und traurig den Kopf geschüttelt.
    „Schön, dann nenne ich dich Robby. Gefällt dir das?“
    Sie hatte dem Jungen einladend ihre Hand entgegen gestreckt, die dieser etwas unsicher, aber erleichtert ergriffen hatte. Lächelnd hatten die beiden das Herrenhaus verlassen.
    Erst einige Tage später hatte Julia Zeit gefunden, ihrer Freundin einen Besuch abzustatten. Schließlich fanden die meisten Leute - aber ganz besonders Gregory - ihre Freundschaft zu Fanny unschicklich. Immerhin war Fanny seit langem im heiratsfähigen Alter und lebte noch immer allein. Nicht dass sie unansehnlich wäre, ganz im Gegenteil, aber wer würde sie schon heiraten? Sie lebte alleine in ihrer schäbigen Hütte außerhalb des Ortes, nahe am Wald. Vermutlich würden die Leute sie meiden, wenn nicht ihr Wissen über Kräuter und Pflanzen für alle in der Umgebung von großem Wert wäre. Sie selbst schien sich daran nicht sonderlich zu stören. Wohl aber so mancher ihrer Mitmenschen. Aufgrund ihrer Schönheit wurde sie von vielen Frauen geschnitten und die lüsternen Blicke der Männer schreckten Fanny ab. Nur Julia stand ihr wirklich nahe. Julia bewunderte ihr Geschick und ihr Wissen über Krankheiten. Auch Fannys Unabhängigkeit und die Freiheit, selbst über ihr Leben zu bestimmen fanden Julias Bewunderung. Niemand würde der Kräuterfrau vorschreiben, wen sie zu heiraten hatte.
    Robbys Husten riss Julia aus ihren Gedanken. Gierig wie er war, hatte er sich an seinem Keks verschluckt. Geduldig klopfte sie ihm auf den Rücken, bis er wieder ohne Schwierigkeiten Luft holen konnte. Schließlich strich sie ihm die letzten Krümel von seinem groben Wollhemd und musterte kritisch seine schmutzigen Schuhsohlen, die bereits erste Flecken auf dem Sofa hinterlassen hatten.
    „Können wir beginnen?“
    Als Robby nickte und sich den Milchbart aus dem Gesicht wischte, holte Julia die Schiefertafel hervor.
    „Heute lernen wir das F . Dann kannst du schon Fanny schreiben. Das wird sicher eine tolle Überraschung.“
    Das begeisterte Leuchten in Robbys Augen hielt die ganze Stunde an. Immer wieder schrieb er mit zitternden Fingern ein F neben das nächste. Erst vor kurzem war Julia die Idee gekommen, Robby das Schreiben beizubringen. Denn außer Fanny, die sich ohne Worte mit ihrem Pflegekind verständigen konnte, fiel es den meisten Menschen schwer, Robbys Zeichensprache zu verstehen. Natürlich gab es auch in Stonehaven noch einige Leute, die weder lesen noch schreiben konnten. Trotzdem würde es dem Jungen helfen. Zuerst hatte Julia das Papier ihres Vaters verwendet, um Robby darauf üben zu lassen. Dann hatte Gregory die bekritzelten Blätter gefunden und einen regelrechten Wutanfall bekommen. Das teure Papier für diesen Unfug zu verwenden, war für ihn pure Verschwendung.
    „Du wirst diesem Spatzenhirn niemals etwas Vernünftiges beibringen können!“, hatte er gebrüllt, „Der Dummkopf kann ja noch nicht einmal sprechen. Ich möchte, dass du aufhörst, deine Zeit und das Papier zu vergeuden. Der Bengel hat hier im Herrenhaus nichts verloren. Du solltest dem Gesindel nicht immer das Gefühl geben, sie wären uns ebenbürtig.“
    Seither verwendeten sie diese Schiefertafel für ihre Übungen und trafen sich nur noch, wenn Gregory außer Haus war. Nach dem Streit über dieses Thema war Julia etwas vorsichtiger geworden. Es war schon mehrfach vorgekommen, dass ihr Verlobter dem Jungen eine Ohrfeige verpasst hatte, nur weil er diesem im Herrenhaus begegnet war.
    „Du musst die Kreide etwas lockerer führen. Das F ist ein schwungvoller Buchstabe. Verkrampf dich nicht so, dann klappt es besser“, verbesserte sie ihren Schüler.
    Robby schüttelte seine Hand aus, knetete sich kurz die Finger und arbeitete dann hoch konzentriert weiter. Immer wieder schrieb er die ganze Tafel voll, wischte sie sauber und begann von Neuem.
    Da sich Robby an diesem Tag verspätet hatte und Julia nicht genau wusste, wann Gregory zurück erwartet wurde, beendete sie schon wenig später die Schulstunde.
    „Wir machen für heute Schluss, aber ich möchte, dass du alle Buchstaben, die wir bisher geübt haben, zu Hause weiter übst.“
    Sie steckte Robby die Tafel in seinen Beutel und drückte ihm noch zwei weitere Kreidestücke in die

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