Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
Hand.
„Außerdem habe ich wieder eine Nachricht. Würdest du sie mitnehmen?“
Robby nickte.
Schnell ging Julia an den großen, reich mit Schnitzereien verzierten Schreibtisch ihres Vaters und schrieb einen kurzen Brief. Mit Wachs versiegelte sie das Schreiben und drückte eine goldene Münze aus ihrer Rocktasche als Siegel hinein.
Robby steckte sich den Brief unter sein Hemd und die beiden machten sich gemeinsam auf den Weg in die Küche.
Sie hatten die große Halle fast durchquert, als sie Gregory in die Arme liefen.
„Was macht denn der Bengel schon wieder hier?“, verlangte er lautstark zu wissen.
Sein Mantel war staubig und er trug noch seine Reitkleidung. Etwas beunruhigt bemerkte Julia die Reitgerte in seiner rechten Hand.
„Mylord, schön, dass Ihr wieder zurück seid“, ignorierte sie seine barsche Frage.
„Heute ist Donnerstag. Wie Ihr wisst, bringt uns Robby immer donnerstags die Kräuter für die nächste Woche.“
Misstrauisch wanderte Gregorys Blick von seiner Verlobten zu dem vermeintlichen Störenfried und wieder zurück.
„Gut, aber was hat er hier in der Halle zu suchen? Die Kräuter werden in der Küche gebraucht!“
Ihm gefiel überhaupt nicht, wie Julia diesen Bengel in Schutz nahm. Und dieser feige kleine Lümmel versteckte sich gekonnt hinter ihrem ausladendem Rock. Hätte er ihn zu fassen bekommen, hätte er ihn an den Ohren aus dem Haus befördert. So allerdings musste er sich mit einem bösen Blick in Richtung des Jungen begnügen.
Auch Julia entging dieser Blick nicht. Was bildete sich ihr zukünftiger Gatte eigentlich ein? Immerhin war sie hier die Hausherrin und er nur ein Gast. Mit aller Autorität, die sie aufbringen konnte, wies sie ihn daher zurecht:
„Mein lieber Gregory, ich weiß wirklich nicht, warum ich Euch hier Rede und Antwort stehe. Aber weil Ihr mir lieb und teuer seid, will ich Euch gerne sagen, was hier los ist. Also hört mir gut zu und lasst den Jungen dann in Frieden. Denn ohne Eure Fragerei wäre Robby längst wieder weg. Also heute – ebenso wie an jedem anderen Donnerstag hat er uns frische Kräuter gebracht. Da aber heute außerdem noch der letzte Tag des Monats ist, habe ich die Rechnung beglichen. Und da ich für gewöhnlich kein Geld mit mir herumtrage, war Robby so nett mich in die Bibliothek zu begleiten. Und nun ist er auf dem Weg nach Hause.“
Mit vor der Brust verschränkten Armen hatte Julia vor Robby Stellung bezogen.
Greg war wütend. Ihm traten die Fingerknöchel, die die Gerte umklammert hielten, weiß hervor. Er spürte genau, dass Julia ihm nicht die Wahrheit sagte, doch er konnte sie schlecht der Lüge bezichtigen. Ihre Geschichte klang ja durchaus plausibel. Außerdem passte es ihm nicht, in welchem Ton sie ihn hier zurechtwies. Noch dazu vor diesem Bengel. Wenn sie erst verheiratet wären, würde er sich solche Unverschämtheiten nicht länger bieten lassen. Doch so lange musste er seine Wut noch hinunterschlucken. Er hatte schon ganz andere Dinge getan, um an sein Ziel zu gelangen. Daher setzte er ein versöhnliches Lächeln auf und hob beschwichtigend die Hände.
„Aber Julia Liebes, bitte regt Euch doch nicht auf. Da der Junge ohnehin gerade gehen wollte, gibt es auch keinen Grund, noch länger darüber zu streiten.“
Um die Situation weiter zu entspannen, gab Julia Robby einen Schubs in Richtung Tür und hakte sich bei Gregory ein.
„Bis nächste Woche Robby. Grüß Fanny“, verabschiedete sie sich über die Schulter hinweg.
„Nun Mylord, Ihr möchtet Euch bestimmt noch etwas frisch machen und uns dann beim Abendessen berichten, was Ihr herausgefunden habt. Ich gebe sogleich in der Küche Bescheid, dass ein Gedeck für Euch aufgelegt werden soll.“
Als Julia ihren Arm freimachen wollte, hielt Greg sie noch einen Moment fest.
„Danke mein Herz. Aber ich kann meine Geschäfte auch mit Nathan besprechen, ohne Euch dabei zu langweilen. Vielleicht sollten wir heute Abend lieber klären, was Ihr Euch in Bezug auf unsere Vermählung überlegt habt. Ihr habt Euch doch Gedanken gemacht und einen Termin festgelegt?“
Unter seine eindringlichem Blick wurde Julia ganz unwohl. Schnell entwand sie ihm ihren Arm und versuchte, etwas Abstand zwischen sich zu bringen.
„Oh natürlich. Doch ich denke, wir sollten zunächst ohne meinen Vater unsere Wünsche besprechen. Schließlich soll es unser großer Tag werden. Und außerdem langweilt Ihr mich nie mit Euren Geschäften. Und in diesem speziellen Fall schon gar nicht.
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