Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
Harry einknickte, wickelte er die Kette um dessen Hals und zog zu. Zu überrascht um sich zu wehren, zappelte dieser röchelnd herum. Drew gab keinen Millimeter nach und schon färbte sich Hariberts Gesicht blau. Als die Brüder Blackworth begriffen, was gerade passierte, zögerten sie nicht lange, sondern eilten ihrem Kameraden zu Hilfe. Mit geballten Fäusten drängten sie Drew gegen die Wand. Würde er seinen Würgegriff beibehalten, konnte er sich nicht verteidigen. Da aber Harry bereits schlaff in seinem Griff baumelte, stieß er dessen reglosen Körper von sich.
„Julia, Julia, wofür das alles?“, flüsterte Drew, ehe er die Fäuste hob und versuchte den Hieben, die nun auf ihn niederhagelten, zu entgehen. Er schmeckte Blut, sein Knöchel traf auf etwas Hartes. Im nächsten Moment blies ihm Ashtons harter Schlag mit dem Ellenbogen die Lichter aus.
Es war eine dunkle, mondlose Nacht. Das Essen hatte sich in die Länge gezogen und Julia fröstelte, als sie am Arm ihres Vaters durch den Garten spazierte. In angemessenem Abstand vor ihnen schlenderten der Richter und Olivia scherzend in Richtung Pavillon. Gregory hatte sich entschuldigt. Ihm war nicht wohl gewesen und er hatte sich lieber zurückgezogen. Die Männer der Eskorte kamen gemächlich hinter ihnen her und lachten immer wieder leise.
„Ich habe deine Tante seit Jahren nicht mehr so fröhlich gesehen“, bemerkte Nathan.
„Das ist wahr. Wir haben in unserer eigenen Trauer wohl übersehen, dass sie schon lange sehr einsam war.“
Liebevoll tätschelte Nathan den Arm seiner Tochter und murmelte unverständlich vor sich hin.
„Was sagst du?“
„Nichts, nichts. Es ist nur so, dass ich immer versucht habe, das Richtige zu tun, aber in letzter Zeit will mir das einfach nicht mehr gelingen. Da hat es erst diesen vermaledeiten Mitternachtsfalken gebraucht, um mich wieder wachzurütteln. Aber wenn hier an unserer Küste endlich wieder Ordnung herrscht, dann muss ich auch anfangen, Ordnung in mein Leben zu bringen. Ich fürchte, ich war in den letzten Jahren kein guter Lehnsherr. Julia, mein Herz, geht es meinen Leuten gut? Du kümmerst dich doch um alles, oder?“
Die ehrliche Besorgnis in seiner Stimme und seine, wenn auch späte Einsicht, rührten Julia.
„Oh, Vater! Natürlich kümmere ich mich um alles, aber die Menschen hier brauchen dich! Ich wünsche mir wirklich, dass du erkennst, wie dringend sich hier etwas ändern muss.“
Am liebsten hätte sie dieses Gespräch weitergeführt, aber es gab im Moment Wichtigeres zu tun. Verstohlen warf sie einen Blick hinüber zum Pferdestall und wünschte, sie könnte Drew sagen, dass sie sich für ihn entschieden hatte. Dass sie ihn liebte. Dass sie für immer ihm gehören wollte. Aber das musste warten.
„Vater, denkst du, wir können schnell noch einmal umkehren? Ich habe mein Schultertuch vergessen und friere“, wechselte Julia das Thema und rieb sich die Arme, um die Kälte zu vertreiben. „Wir könnten doch mit den Herren schon vorgehen und Olivia und Richter Cox beenden ihren Spaziergang wie geplant.“
„Natürlich, was für eine gute Idee“, stimmte er ihr verschwörerisch zu.
„Arthur, Olivia. Wenn Ihr uns entschuldigen würdet, Julia friert. Setzt Ihr nur Euren Spaziergang fort. Wir erwarten Euch dann im Arbeitszimmer auf ein Gläschen Whiskey.“
Der Richter überlegte nicht lange, sondern stimmte Nathan sogleich zu. Höflich verneigte er sich vor Olivia und fragte:
„Mylady Litcott, macht Ihr mir die Freude?“
Verschämt senkte sie den Blick, nickte aber und legte dem Richter erneut ihre Hand auf den Arm. Nathan blickte den beiden kurz nach, ehe er sich an die Männer des Richters wandte.
„Meine Herren, ich denke ein Glas Whiskey zum Abschluss des Tages kann nichts schaden. Bitte folgt mir in mein Arbeitszimmer.“
Mit einem letzten Blick auf den Stall kehrte Julia an der Seite ihres Vaters ins Herrenhaus zurück. Sie zitterte und ihr schlug das Herz bis zum Hals. Sie war froh darüber, die Männer der Eskorte an ihrer Seite zu wissen. Hoffentlich machte sie nicht gerade einen großen Fehler.
Gregory blickte den Männern hinterher, als sie gemeinsam mit Lady Litcott und Julia in den Garten traten. Dieser Spaziergang kam ihm sehr gelegen. Nervös blickte er auf die große Standuhr. Wo blieben denn seine Männer? Er hatte eigentlich vorgehabt, den Abend darauf zu verwenden, diesem Gefangenen genüsslich die Haut vom Rücken zu peitschen. Allein die Vorfreude hob seine
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