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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sie Sven Fromer erblickte, der sein Gepäck in seinem Wagen verstaute, einem rundrückigen schwedischen Volvo PV444, der sehr beliebt und auch in Dänemark weit verbreitet war. Der Rücksitz war entfernt worden, um Platz für Fromers Geräte zu schaffen – Stative, ein Theodolit und andere Instrumente, einige davon in Lederfutteralen, andere zu ihrem Schutz in Decken gewickelt.
    »Entschuldigen Sie, dass ich vorhin eine solche Szene gemacht habe«, sagte er zu Hermia. »Ich wollte Ihnen gegenüber nicht unhöflich sein.«
    »Schon gut, keine Sorge.« Sie erkannte, dass er immer noch wütend war. »Sie machen keinen Hehl aus Ihren Überzeugungen.«
    »Ich komme aus einer Offiziersfamilie. Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass wir so schnell kapituliert haben. Meiner Meinung nach hätten wir kämpfen müssen – ja, wir sollten auch jetzt noch kämpfen!« Er machte eine wegwerfende Geste, die seinem Unmut Ausdruck verlieh. »Ach, ich sollte nicht so daherreden. Ich bringe Sie nur in Verlegenheit.«
    Sie berührte seinen Arm. »Es gibt nichts, wofür Sie sich entschuldigen müssten.«
    »Ich danke Ihnen.«
    Hermia bestieg ihr Fahrrad und fuhr davon.
    Winston Churchill ging auf dem Krocketrasen von Chequers, dem offiziellen Landsitz des britischen Premierministers, auf und ab und schrieb in Gedanken eine Rede. Digby Hoare erkannte die Zeichen. Wochenendgäste auf Chequers waren der amerikanische Botschafter John Winant und Außenminister Anthony Eden, beide in Begleitung ihrer Gemahlinnen. Allerdings war keiner von ihnen zu sehen. Hoare vermutete, dass es zu einer Krise gekommen war, doch hatte ihm niemand erzählt, worum es ging. Churchills Privatsekretär, Mr. Col- ville, wies mit einer stummen Geste auf den in Gedanken versunkenen Premierminister, worauf Hoare den weichen Rasen betrat und auf Churchill zuging.
    Der Premierminister hob sein gesenktes Haupt. »Ah, Hoare«, sagte er und blieb stehen. »Hitler ist in der Sowjetunion einmarschiert.«
    »Um Gottes willen!« Digby Hoare hätte sich am liebsten gesetzt, aber nirgendwo stand ein Stuhl. »Um Gottes willen!«, wiederholte er. Gestern waren Hitler und Stalin noch Verbündete gewesen, die ihre Freundschaft im Hitler-Stalin-Pakt von 1939 besiegelt hatten. Heute herrschte Krieg zwischen ihren Ländern. »Wann?«, fragte Hoare.
    »Heute Morgen«, sagte Churchill mit finsterer Miene. »Eben war General Dill hier und hat mir die Einzelheiten mitgeteilt.« Sir John Dill war Generalstabschef, also der ranghöchste Soldat des Landes. »Nach ersten Schätzungen der Geheimdienste umfassen die Invasionstruppen drei Millionen Mann.«
    »Drei Millionen!«
    »Die Deutschen haben auf einer über dreitausend Kilometer langen Front angegriffen. Die Heeresgruppe Nord marschiert auf Leningrad zu, die Heeresgruppe Mitte auf Moskau und die Heeresgruppe Süd durch die Ukraine.«
    Digby Hoare fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. »O Gott, Sir, ist das das Ende?«
    Churchill zog an seiner Zigarre. »Kann sein. Die meisten Beobachter sind der Überzeugung, dass Russland keine Chance hat. Sie brauchen zu lange zur Mobilisierung. Mit massiver Unterstützung der Luftwaffe könnten Hitlers Panzer die Rote Armee in wenigen Wochen besiegen.«
    Hoare hatte seinen Vorgesetzten noch nie so niedergeschlagen gesehen. Normalerweise stachelten schlechte Nachrichten Churchills Kampfesmut nur an; er war stets bereit, eine Niederlage durch sofortigen Gegenangriff wettzumachen. Heute jedoch wirkte er müde und ausgebrannt. »Gibt es noch Hoffnung?«, fragte Hoare.
    »Ja. Wenn die Roten bis zum Ende des Sommers durchhalten, könnte sich das Blatt wenden. Der russische Winter hat Napoleon besiegt und kann auch Hitler das Kreuz brechen. Die nächsten drei bis vier Monate werden entscheidend sein.«
    »Was wollen Sie tun?«
    »Ich werde heute Abend um neun Uhr über BBC eine Ansprache halten.«
    »Und was werden Sie sagen?«
    »Dass wir Russland und den Russen jede erdenkliche Hilfe gewähren müssen.«
    Hoare hob die Brauen. »Kein einfacher Vorschlag für einen eingefleischten Antikommunisten.«
    »Mein lieber Hoare, wenn Hitler die Hölle überfiele, würde ich den Teufel im Unterhaus zumindest lobend erwähnen.«
    Digby lächelte und fragte sich, ob dieser Satz in der abendlichen Rede vorkommen würde. »Aber können wir den Russen überhaupt helfen?«
    »Stalin hat mich gebeten, die Bombenangriffe auf Deutschland zu verstärken. Er hofft, dass Hitler seine Luftwaffe zur Verteidigung der Heimat

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