Mitternachtsfalken: Roman
Verhaftung.«
Auch darauf ging Peter nicht ein. »Vor vier Tagen gab es am frühen Morgen einen Alarm auf dem Stützpunkt. Die Hunde waren plötzlich unruhig geworden, und die Wachposten sahen, wie jemand durch die Dünen rannte und Kurs auf die Kirche deines Vaters nahm.« Während er dies sagte, ließ Peter Arne nicht aus den Augen. Bis jetzt schienen ihn die Informationen nicht sonderlich zu überraschen. »Warst du das, der durch die Dünen gerannt ist?«
»Nein.«
Peter spürte, dass Arne die Wahrheit sagte. Er fuhr fort: »Das Haus deiner Eltern wurde durchsucht.« Auf einmal war ein ängstliches Flackern in Arnes Augen: Davon hatte er nichts gewusst. »Die Soldaten waren hinter dem Unbekannten her. Sie fanden einen jungen Mann, der im Bett lag und schlief. Der Pastor behauptete, das sei sein Sohn. Warst du das?«
»Nein. Ich war seit Pfingsten nicht mehr zu Hause.«
Auch das scheint zu stimmen, dachte Peter.
»Vorgestern Nacht ist dein Bruder ins Internat nach Jansborg zurückgekehrt.«
»Von dem er nur aufgrund deiner hinterhältigen Bosheit verwiesen wurde.«
»Er wurde relegiert, weil er der Schule Schande gemacht hat!«
»Bloß weil er einen Witz auf eine Mauer gepinselt hat?« Wieder wandte sich Arne an Tilde. »Der Polizeirat hatte bereits beschlossen, meinen Bruder ungeschoren davonkommen zu lassen – aber Peter fuhr nach Jansborg und bestand darauf, dass er hinausgeworfen wurde. Begreifen Sie jetzt, wie groß sein Hass auf meine Familie ist?«
»Dein Bruder Harald«, fuhr Peter ungerührt fort, »ist in die Dunkelkammer der Schule eingebrochen und hat dort einen Film entwickelt.«
Das war Arne offenkundig neu. Seine Augen weiteten sich. Endlich verriet er eine gewisse Erschütterung.
»Glücklicherweise wurde er von einem Schüler dabei ertappt – ich erfuhr das vom Vater des Jungen, der zufällig ein gesetzestreuer Bürger ist und an Recht und Ordnung glaubt.«
»Ein Nazi?«
»War das dein Film, Arne?«
»Nein.«
»Der Schulleiter sagt, auf dem Film seien lauter Bilder von nackten Frauen gewesen; er habe ihn konfisziert und verbrannt. Der Mann lügt, nicht wahr?«
»Das weiß ich doch nicht.«
»Ich glaube, dass es sich um Aufnahmen von den militärischen Einrichtungen auf Sande handelte.«
»Tatsächlich?«
»Das waren deine Aufnahmen, nicht wahr?«
»Nein.«
Peter hatte das Gefühl, Arne langsam, aber sicher in die Enge zu treiben, und blieb in der Offensive. »Am nächsten Morgen klopfte ein junger Bursche bei Jens Toksvig an der Haustür. Einer unserer Beamten öffnete – ein Polizeimeister mittleren Alters, der nicht gerade zur intellektuellen Elite unserer Truppe gehört. Der Bursche tat so, als sei er auf der Suche nach einem Arzt und hatte die Adresse verwechselt, und unser Mann ging ihm auf den Leim. In Wirklichkeit war es reines Theater. Dieser junge Mann war dein Bruder, nicht wahr?«
»Eher nein, würde ich sagen«, erwidert Arne, konnte aber seine Betroffenheit nicht mehr verbergen.
»Harald wollte dir den entwickelten Film bringen.«
»Nein.«
»Am gleichen Abend rief eine Frau aus Bornholm in Jens Toksvigs Haus an. Sie nannte sich Hilde. Sagtest du nicht, du hättest ein Mädchen namens Hilde aufgelesen?«
»Nein, Anne.«
»Wer ist Hilde?«
»Ich kenne keine Hilde.«
»Vielleicht hat sie sich unter einem falschen Namen gemeldet. Könnte das deine Verlobte gewesen sein, Hermia Mount?«
»Die ist in England.«
»Da täuschst du dich. Ich habe mich mit der schwedischen Einwanderungsbehörde in Verbindung gesetzt.« Es war ein hartes Stück Arbeit gewesen, die Schweden zur Kooperation zu bewegen, doch schließlich hatte Peter die Informationen bekommen, die ihn interessierten. »Hermia Mount ist vor zehn Tagen nach Stockholm geflogen und bis jetzt noch nicht wieder abgereist.«
Arne gab sich erstaunt, aber mit seiner Schauspielkunst war es nicht weit her. »Davon weiß ich nichts«, sagte er viel zu sanft. »Ich habe seit über einem Jahr nichts mehr von ihr gehört.«
Wenn das gestimmt hätte, so hätte Arne über die Nachricht, dass Hermia mit Gewissheit in Schweden und möglicherweise sogar in Dänemark gewesen war, überrascht und bestürzt sein müssen. Jetzt log er garantiert. Peter fuhr fort: »Am selben Abend – also vorgestern – kam ein junger Mann mit dem Spitznamen ›Schuljunge‹ in einen Jazz-Club am Hafen, wo er sich mit einem Kleinkriminellen namens Luther Gregor traf und ihn bat, ihm auf der Flucht nach Schweden zu helfen.«
Arne
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