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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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haben.
    Aggers Gesicht verfärbte sich. »Das bessere Teil der Tapferkeit ist Vorsicht, sagt Shakespeare.«
    »Jawohl, Herr Abgeordneter«, konterte Mads, »genauer gesagt: Er lässt es Falstaff sagen, den berühmtesten Feigling der Weltliteratur.« Die Schüler lachten und klatschten Beifall.
    »Aber, aber, Kirke.« Heis sah sich zu sanftem Tadel bemüßigt. »Ich weiß ja, dass Sie eine sehr dezidierte Meinung zu diesem Thema haben, aber deswegen müssen Sie nicht gleich unhöflich sein.« Er sah sich in der Halle um und deutete auf einen jüngeren Schüler. »Ja bitte, Borr.«
    »Herr Abgeordneter, glauben Sie nicht, dass die Weltanschauung von Herrn Hitler, seine Vorstellungen von nationaler Ehre und rassischer Reinheit, uns hier in Dänemark nur nutzen kann und dass wir sie uns zu Eigen machen sollten?« Woldemar Borr war der Sohn eines prominenten dänischen Nationalsozialisten.
    »Einige Elemente davon, ja, durchaus«, antwortete Agger. »Aber Deutschland und Dänemark sind unterschiedliche Länder.« Er windet sich, dachte Harald wütend. Ist er nicht Manns genug, klar und deutlich zu sagen, dass Rassenverfolgung absolut verwerflich ist?
    »Möchte einer von euch dem Herrn Abgeordneten vielleicht eine Frage zu seiner täglichen Arbeit im Rigsdag stellen?«, fragte Heis, den der Wortwechsel sichtlich betrübte.
    Tik erhob sich. Aggers selbstzufriedener Ton hatte auch ihn aufgebracht. »Kommen Sie sich nicht vor wie eine Marionette?«, wollte er wissen. »In Wirklichkeit sind doch die Deutschen am Ruder – Sie tun doch nur so, als ob Sie regierten!«
    »Unser Land wird nach wie vor von unserem dänischen Parlament regiert«, erwiderte Agger.
    »Ja, ja, auf diese Weise schaffen Sie es, Ihren Posten zu behalten«, murmelte Tik. Die Jungen in seiner Nähe verstanden es und lachten.
    »Die politischen Parteien unseres Landes existieren weiter, sogar die Kommunisten«, fuhr Agger fort. »Wir haben unsere eigene Polizei und unsere eigenen Streitkräfte.«
    »Aber sobald der Rigsdag einen Beschluss fasst, der den Deutschen missfällt, wird er dichtgemacht, und Polizei und Armee werden entwaffnet«, entgegnete Tik. »Sie und die anderen Abgeordneten sind doch nur Knallchargen.«
    Heis war ungehalten. »Bitte, Duchwitz, denken Sie an Ihre Kinderstube«, sagte er pikiert.
    »Das geht schon in Ordnung, Heis«, sagte Agger. »Ich mag lebendige Diskussionen. Wenn Duchwitz unser Parlament für sinnlos hält, dann sollte er einmal die Verhältnisse in unserem Land mit jenen in Frankreich vergleichen. Dank unserer Politik der Zusammenarbeit mit den Deutschen sind die Lebensbedingungen für den einfachen Bürger in Dänemark erheblich besser, als sie es sonst wären.«
    Jetzt reichte es Harald. Ohne abzuwarten, dass Heis ihm das Wort erteilte, stand er auf und sagte: »Und was ist, wenn die Nazis kommen und Duchwitz abholen? Werden Sie sich auch dann für friedliche Kooperation einsetzen?«
    »Und warum sollten sie kommen und Duchwitz abholen?«
    »Aus dem gleichen Grund, aus dem sie meinen Onkel in Hamburg abgeholt haben. Weil er Jude ist.«
    Einige Schüler drehten sich neugierig um. Sie hatten wahrscheinlich gar nicht gewusst, das Tik Jude war. Die Familie Duchwitz war nicht orthodox, und Tik nahm wie alle anderen auch regelmäßig am christlichen Gottesdienst in der alten Backsteinkirche teil.
    Zum ersten Mal wirkte Agger gereizt. »Die Besatzungstruppen verhalten sich gegenüber den dänischen Juden absolut tolerant«, sagte er.
    »Bisher ja«, wandte Harald ein. »Aber was geschieht, wenn sie ihre Meinung ändern? Angenommen, sie beschließen, dass Tik als Jude genauso behandelt werden soll wie mein Onkel Joachim? Was raten Sie uns dann? Sollen wir daneben stehen und zuschauen, wenn sie kommen und ihn abholen? Oder sollen wir uns auf diesen Tag vorbereiten und allmählich damit anfangen, eine Widerstandsbewegung zu
    organisieren?«
    »Am besten unterstützt ihr unsere Politik der Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht, dann kommt ihr nie in die Verlegenheit, eine solche Entscheidung treffen zu müssen.«
    Das aalglatte Drumherumgerede trieb Harald zur Weißglut. »Und wenn‘s doch schief geht, was dann?«, rief er. »Warum drücken Sie sich vor einer klaren Beantwortung meiner Frage? Was sollen wir tun, wenn die Nazis kommen und unsere Freunde abholen?«
    »Ihre Frage ist rein hypothetisch, Olufsen«, warf Heis ein. »Männer des öffentlichen Lebens ziehen es vor, Probleme nicht herbeizureden.«
    »Die Frage ist, wie

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