Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Kommentar.
    »Das mag vertretbar gewesen sein, solange sich die Aktivitäten dieser Leute auf Dänemark beschränkten«, sagte Braun. »Aber diese Geschichte hier macht inzwischen in der ganzen Welt Furore! Berlin ist aufs höchste empört. Und das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist eine von oben angeordnete Säuberung. Dann trampelt die verdammte Gestapo durch die Stadt, sorgt überall für Unfrieden und verhaftet, wen sie will. Weiß der Himmel, wohin das fuhren würde.«
    Das klingt nicht schlecht, dachte Flemming zufrieden. »Ich arbeite bereits an dem Fall«, sagte er. »Diese amerikanischen Zeitungen haben den Artikel alle von der Nachrichtenagentur Reuters bekommen, die ihn in Stockholm aufgegabelt hat. Ich glaube, dass Virkligheden nach Schweden geschmuggelt wird.«
    »Gute Arbeit!«, bemerkte Braun.
    Flemming riskierte einen Blick auf Juel, der offenbar sehr ungehalten war. Geschieht ihm recht, dachte Peter, der sich für den besseren Polizisten hielt. Beispiele wie der gegenwärtige Fall bewiesen es ja. Als vor zwei Jahren das Amt des Abteilungsleiters vakant geworden war, hatte er sich beworben, doch am Ende hatte man Juel ihm vorgezogen. Peter Flemming war ein paar Jahre jünger als Juel, konnte aber mehr gelöste Fälle vorweisen, doch Juel gehörte zu einer selbstgefälligen großstädtischen Elite, deren Angehörige alle in die gleichen Schulen gegangen waren und sich – davon war Flemming überzeugt – verschworen hatten, die lukrativsten Posten für ihresgleichen zu reservieren und den Aufstieg begabter Außenseiter zu verhindern.
    »Aber wie soll dieses Blättchen außer Landes geschmuggelt worden sein?«, fragte Juel. »Sämtliche Postsendungen, die das Land verlassen, unterliegen der Zensur.«
    Flemming zögerte. Er hatte seinen Verdacht eigentlich erst bestätigen lassen wollen, bevor er ihn weitergab. Die Information aus Schweden konnte falsch sein. Aber da stand dieser General Braun vor ihm und scharrte gewissermaßen vor Ungeduld mit den Hufen – nein, das war nicht der Zeitpunkt für vorsichtiges Abwägen. »Ich habe einen Tipp bekommen«, sagte er. »Gestern Abend sprach ich mit einem befreundeten Kollegen in Stockholm, der sich im Reuters-Büro ein bisschen umgehört hat. Er meint, dass die Zeitung mit der Lufthansa-Maschine Berlin – Stockholm eingeflogen wird, die in Kopenhagen zwischenlandet.«
    Braun nickte erregt. »Das heißt also, wenn wir die Passagiere durchsuchen, die hier an Bord gehen, fällt uns die nächste Nummer in die Hände.«
    »Jawohl, das ist gut möglich.«
    »Fliegt die Maschine heute auch?«
    Flemming wurde etwas mulmig zumute. Das war nicht sein Arbeitsstil. Er zog es vor, seine Informationen abzusichern, bevor er zu einer Razzia blies. Andererseits war er dankbar für Brauns zupackende Haltung, die in einem wohltuenden Gegensatz zu Juels Faulheit und Vorsicht stand. Und ganz abgesehen davon – er hätte Brauns Tatendrang ohnehin nicht bremsen können. Also ließ er sich seine Vorbehalte nicht anmerken und sagte: »Ja, in ein paar Stunden.«
    »Na, denn man los!«, erwiderte Braun.
    Übertriebene Eile konnte alles verderben. Flemming wollte verhindern, dass Braun den Einsatz leitete. »Darf ich einen Vorschlag machen, Herr General?«
    »Selbstverständlich.«
    »Wir müssen diskret vorgehen, damit die verdächtige Person nicht vorgewarnt wird. Ich schlage vor, dass wir eine Einsatztruppe aus unseren Beamten und deutschen Offizieren bilden, die hier im Präsidium auf Abruf steht und erst im letzten Augenblick zum Flughafen kommt. Wir müssen sicher sein, dass alle Passagiere an Ort und Stelle sind, bevor wir eingreifen. Ich werde daher allein nach Kastrup fahren und unauffällig die erforderlichen Vorbereitungen treffen. Erst wenn die Maschine gelandet ist und aufgetankt hat, das Gepäck durch den Zoll ist und die Passagiere an Bord gehen wollen, schlagen wir zu. Da kann sich keiner mehr heimlich aus dem Staub machen.«
    Braun lächelte wissend. »Sie befürchten, dass Ihnen ein Haufen deutscher Soldaten auf dem Flugplatz die Petersilie verhagelt, was?«
    »Keineswegs, Herr General«, sagte Flemming, ohne mit der Wimper zu zucken. Wenn die Besatzer sich über sich selbst lustig machten, war es nicht unbedingt ratsam, ins gleiche Horn zu stoßen. »Wir brauchen Sie und Ihre Leute schon deshalb, weil sich vielleicht die Notwendigkeit ergibt, deutsche Staatsbürger zu verhören.«
    Brauns Miene straffte sich, der Anflug von Selbstironie war verschwunden. »Ganz

Weitere Kostenlose Bücher