Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Brötchen auf den Boden. Seine vage Hoffnung, die gesuchte Zeitung könne unter dem Tablett liegen, wurde ebenfalls enttäuscht: Lediglich eine weitere Serviette kam zum Vorschein.
    Die Erkenntnis, dass das Ganze auf eine totale Demütigung hinauslief, trieb ihn schier zur Raserei.
    »Auftanken!«, brüllte er. »Ich passe auf!«
    Ein Tankwagen rollte heran und blieb neben der Ju-52 stehen. Die Polizisten drückten ihre Zigaretten aus und sahen zu, wie der Treibstoff in die in den Tragflächen untergebrachten Tanks gepumpt wurde. Flemming wusste, dass es sinnlos war, aber er blieb seiner Rolle treu: Mit hölzernem Gesichtsausdruck verfolgte er den Ablauf des Geschehens. Er wusste einfach nicht, was er sonst hätte tun sollen.
    Auch die Passagiere hinter den rechteckigen Fenstern der Ju-52 beobachteten neugierig das Geschehen; ohne Zweifel fragten sie sich, warum ein deutscher General und sechs Zivilisten das Auftanken überwachen mussten.
    Die Tanks waren gefüllt, die Einfüllstutzen wieder geschlossen.
    Flemming fiel kein Argument mehr ein, mit dem er den Abflug noch länger verzögern konnte. Er hatte sich geirrt und stand nun da wie der letzte Dummkopf.
    »Die Passagiere können jetzt an Bord gehen«, sagte er mit gepresster Stimme.
    Er kehrte in den Wartesaal zurück. Die Demütigung hätte schlimmer nicht sein können. Am liebsten hätte er irgendwem den Hals umgedreht. Vor den Augen von General Braun und Polizeirat Juel hatte er eine vernichtende Niederlage erlitten. Der Berufungsausschuss, der nicht ihn, sondern Juel zum Abteilungsleiter bestimmt hatte, konnte sich im Nachhinein bestätigt fühlen. Juel konnte das Fiasko sogar dazu nutzen, ihn in irgendeine unwichtige Abteilung abzuschieben, etwa ins Verkehrsdezernat.
    Flemming trat ans Fenster, um von dort aus den Start zu verfolgen. General Braun, Juel und die anderen Kollegen warteten neben ihm. Auch Varde stand in der Nähe und gab sich alle Mühe, den Anschein zu erwecken, als sei nichts Außergewöhnliches geschehen. Alle sahen zu, wie die verärgerten vier Passagiere aus Kopenhagen zustiegen. Das Bodenpersonal entfernte die Bremsklötze von den Rädern und warf sie an Bord. Dann wurden die Türen geschlossen.
    Während das Flugzeug sich langsam in Bewegung setzte, hatte Flemming plötzlich eine Eingebung. »Halten Sie die Maschine an!«, sagte er zu Varde.
    »Was soll denn das noch?«, entfuhr es Juel.
    Varde sah aus, als wolle er gleich in Tränen ausbrechen. Er wandte sich an Braun. »Herr General, meine Passagiere.«
    »Halten Sie die Maschine an!«, wiederholte Flemming.
    Vardes flehender Blick ruhte noch immer auf dem deutschen General. Der zögerte einen Moment, dann sagte er: »Tun Sie, was Ihnen befohlen worden ist.«
    »Meine Güte, Flemming, das muss jetzt aber ein Geniestreich sein«, sagte Juel.
    Das Flugzeug, das bereits unterwegs zur Rollbahn war, drehte um und kehrte zum Abstellplatz zurück. Die Tür wurde geöffnet, die Bremsklötze wieder dem Bodenpersonal zugeworfen.
    Peter Flemming führte seine Kollegen und den General wieder aufs Vorfeld. Die Propeller wurden langsamer und blieben stehen. Zwei Flugwarte in Overalls verkeilten die Bremsklötze vor den Rädern des Hauptfahrwerks. Flemming sprach einen von ihnen an: »Geben Sie mir diesen Bremsklotz.«
    Der Mann wirkte verängstigt, hielt sich aber an die Aufforderung.
    Der Bremsklotz war ein einfacher, dreieckiger Holzkeil von etwa dreißig Zentimetern Höhe – verdreckt, schwer und fest.
    »Den anderen auch«, verlangte Flemming.
    Der Flugwart bückte sich unter den Flugzeugrumpf und reichte Flemming den zweiten Bremsklotz.
    Er sah genauso aus wie der erste, war aber etwas leichter. Als Flemming ihn umdrehte, entdeckte er auf der anderen Seite ein Schiebetürchen und öffnete es. In dem verborgenen Hohlraum steckte ein sorgfältig in Wachstuch geschlagenes Päckchen.
    Der Inspektor holte vor Erleichterung tief Luft und fischte das Corpus Delicti heraus.
    Der Flugwart drehte sich um und rannte davon.
    »Festhalten!«, brüllte Flemming, aber das hatte sich schon erübrigt. Der Mann hatte versucht, die Männer zu umgehen und an Tilde vorbei das Weite zu suchen. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, er könne sie problemlos beiseite stoßen, doch da hatte er die Rechnung ohne die Wirtin gemacht: Tilde drehte sich herum wie eine Tänzerin, ließ ihn vorbei – und stellte ihm im gleichen Augenblick ein Bein. Der Mann stolperte und schlug der Länge nach hin. Im nächsten Moment war

Weitere Kostenlose Bücher