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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nicht verändert.«
    »Gut«, erwiderte Harald. Er war nervös.
    »Also dann, du steuerst jetzt.«
    Harald spürte, wie das Flugzeug unter seinen Händen lebendig wurde. Die leichteste Bewegung beeinflusste das Flugverhalten. Die
    Horizontlinie fiel auf Pouls Schultern, was bedeutete, dass die Nase der Maschine sich leicht gehoben hatte. Harald erkannte, dass ihn eine kaum bewusste Angst vor einem Abtauchen dazu veranlasst hatte, den Steuerknüppel anzuziehen. Er schob ihn wieder ein winziges Stück vor und registrierte befriedigt, dass die Horizontlinie sich von unten her langsam wieder Pouls Ohren näherte.
    Das Flugzeug machte einen Ruck zu Seite und neigte sich in eine Kurve. Harald hatte das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, und schrie: »Was war das?«
    »Nur eine Bö. Steure gegen, aber nicht zu stark.«
    Mit Mühe unterdrückte Harald einen weiteren Anflug von Panik und bewegte den Steuerknüppel in die Gegenrichtung. Die Maschine reagierte mit einem scharfen Ruck, aber Harald hatte zumindest das Gefühl, wieder zu steuern. Dann sah er, dass sie erneut stiegen und brachte die Nase herunter. Er musste sich gewaltig konzentrieren und auf die geringste Bewegung des Flugzeugs reagieren, um den Kurs halten zu können, und er hatte das Gefühl, dass ein einziger Fehler unweigerlich zum Absturz führen musste.
    Als Pouls Stimme ertönte, bedauerte er die Unterbrechung: »Das ist schon sehr gut! Du kriegst allmählich ein Gefühl dafür.«
    Wenn ich noch ein oder zwei Jahre übe, hab ich‘s raus, dachte Harald.
    »Jetzt drück langsam mit beiden Füßen die Ruderpedale runter«, fuhr Poul fort.
    Harald hatte eine Zeit lang gar nicht mehr an die Pedale gedacht. »Wird gemacht«, sagte er knapp.
    »Achte auf den Wendezeiger.«
    Harald hätte am liebsten gesagt: Herrgott, wie soll ich dabei gleichzeitig dieses Flugzeug fliegen? Dann zwang er sich, eine Sekunde lang die Horizontlinie außer Acht zu lassen und nach den Instrumenten zu sehen. Die Nadel befand sich nach wie vor in der Mittelstellung. Er konzentrierte sich wieder auf den Horizont, erkannte, dass er die Nase wieder in die Höhe gezogen hatte, und korrigierte.
    »Wenn ich meine Füße vom Ruder nehme, wirst du merken, dass die Nase mit der Turbulenz nach links und rechts ausschert. Wenn du dir nicht sicher bist, sieh auf die Anzeige. Wenn die Maschine nach links ausschert, wird sich die Nadel nach rechts bewegen und dir damit zu verstehen geben, dass du mit dem rechten Fuß korrigieren musst.«
    »Verstanden!«
    Harald spürte keine Seitwärtsbewegung, musste jedoch ein paar Augenblicke später, als es ihm wieder gelang, einen Blick auf die Instrumente zu werfen, einsehen, dass die Maschine nach links ausscherte. Er drückte die Ruderpedale mit dem rechten Fuß nach unten. Die Nadel rührte sich nicht. Er drückte fester, und ganz langsam rückte der Zeiger wieder auf die zentrale Position zurück. Harald blickte auf und erkannte, dass die Maschine leicht sank. Er zog den Steuerknüppel zurück und kontrollierte wieder den Wendezeiger. Die Position der Nadel blieb konstant.
    Das alles wäre ja ganz einfach und problemlos gewesen, wenn es sich nicht fünfhundert Meter über dem Erdboden abgespielt hätte.
    »Jetzt versuchen wir es einmal mit einer Kurve«, sagte Poul.
    »Au, verdammt«, entfuhr es Harald.
    »Wirf erst einmal einen Blick nach links und sieh nach, ob uns da auch nichts in die Quere kommt.«
    Harald blickte nach links. In weiter Entfernung erspähte er eine andere Tiger Moth, in der wahrscheinlich einer seiner Klassenkameraden mitflog und das Gleiche tat wie er. Das war aufbauend. »Nichts in der Nähe«, meldete er.
    »Steuerknüppel leicht nach links.«
    Harald folgte der Anweisung. Das Flugzeug neigte sich nach links, und wieder überkam ihn das unangenehme Gefühl, gleich aus der Maschine zu fallen. Doch dann legte sich das Flugzeug in die Kurve, und Harald spürte mit plötzlicher Begeisterung, dass er die Tiger Moth tatsächlich steuerte.
    »In der Kurve geht die Nase oft leicht runter«, sagte Poul, und Harald erkannte sofort, dass sie an Höhe verloren. Er zog den Steuerknüppel zurück.
    »Pass auf den Wendezeiger auf«, sagte Poul. »Das ist so, als ob du seitlich schiebst.«
    Harald prüfte die Anzeige und sah, dass sich die Nadel nach rechts bewegt hatte. Er drückte die Ruderpedale mit dem rechten Fuß nach unten. Wieder erfolgte die Reaktion nur langsam.
    Die Maschine hatte inzwischen eine Neunzig-Grad-Kurve durchflogen, und

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