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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Parkplätze zu. Harald war begeistert. Es war alles noch viel aufregender gewesen, als er es sich vorgestellt hatte. Der ständige Zwang zur äußersten Konzentration hatte ihn außerdem erschöpft. Dabei war es doch nur ein ganz kurzer Flug, dachte er. Er sah auf seine Armbanduhr und stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sie fünfundvierzig Minuten lang in der Luft gewesen waren. Ihm kam es vor, als wären es nur fünf gewesen.
    Poul stellte den Motor ab und kletterte hinaus. Harald schob sich die Fliegerbrille in die Stirn, nahm den Helm ab, fingerte an seinen Sicherheitsgurten herum und wand sich aus seinem Sitz. Dann trat er auf den verstärkten Streifen auf der Tragfläche und sprang auf den Boden.
    »Du warst sehr gut«, sagte Poul. »Du hast wirklich Talent fürs Fliegen, genauso wie dein Bruder.«
    »Tut mir Leid, dass ich die Maschine am Ende nicht auf die Rollbahn gebracht habe.«
    »Ich bezweifle, dass irgendeiner von den anderen Jungs das jemals probieren darf. Komm, ziehen wir uns um.«
    Als Harald seine Fliegerkombi abgelegt hatte, sagte Poul zu ihm: »Komm bitte mal kurz mit mir ins Büro.« Harald begleitete ihn in ein Zimmer, an dessen Tür die Aufschrift Flugschule – Chefpilot stand. Es war ein kleiner Raum mit einem Aktenschrank, einem Schreibtisch und ein paar Stühlen.
    »Würde es dir was ausmachen, mir diese Funkanlage, von der du mir vorhin erzählt hast, mal aufzuzeichnen?« Pauls Tonfall klang locker, sein Körper war jedoch angespannt wie eine Bogensehne.
    Harald hatte sich schon gefragt, ob er das Thema noch einmal zur Sprache bringen würde. »Nein, ganz und gar nicht«, sagte er.
    »Es ist ziemlich wichtig. Ich kann dir allerdings nicht sagen, warum.«
    »Das macht nichts.«
    »Setz dich an den Schreibtisch. In der Schublade findest du Papier und eine Schachtel mit Stiften. Lass dir ruhig Zeit, bis du mit dem Ergebnis zufrieden bist.«
    »Mach ich.«
    »Wie lange wirst du schätzungsweise brauchen?«
    »Vielleicht eine Viertelstunde. Einzelheiten kann ich sowieso nicht zeichnen, weil es so dunkel war. Aber an die groben Umrisse kann ich mich ganz deutlich erinnern.«
    »Ich lass dich jetzt allein, damit du dich nicht unter Druck gesetzt fühlst. In fünfzehn Minuten bin ich wieder da.«
    Poul ging, und Harald begann zu zeichnen. Er versetzte sich in Gedanken wieder in jene Samstagnacht, in der es so fürchterlich geregnet hatte. Da war doch diese kreisförmige Betonmauer, erinnerte er sich, ungefähr eins achtzig hoch. Die Antenne war ein Drahtgitter gewesen, ähnlich wie die Springfedern eines Matratzenrostes. Im Innern der Mauer befand sich dieser rotierende Sockel. ja, und dann waren da diese Kabel, die von der Rückseite der Antenne in eine Art Schacht führten.
    Zuerst zeichnete er die Mauer mit der darüber hinausragenden
    Antenne. Er erinnerte sich vage, dass er in der Nähe noch eine oder zwei ähnliche Gebilde wahrgenommen hatte, und deutete sie daher auf seiner Skizze auch an. Als Nächstes zeichnete er die Geräte ohne die sie umgebende Mauer, sodass er auch den Sockel und die Kabel darstellen konnte. Er war kein Künstler, konnte aber Geräte und Maschinen präzise wiedergeben – vielleicht, weil er sie mochte.
    Als er fertig war, drehte er den Bogen um und zeichnete einen Plan von der Insel Sande, auf der er die Lage des Stützpunkts und den gesperrten Strandabschnitt genau eintrug.
    Nach fünfzehn Minuten kehrte Poul zurück. Er studierte die Skizzen eingehend. Dann sagte er: »Ganz hervorragend – vielen Dank, Harald.«
    »War mir ein Vergnügen.«
    Poul deutete auf die auf Haralds Skizze nur angedeuteten Anlagen. »Was ist das?«
    »Das kann ich nicht genau sagen, weil ich es mir nicht näher angesehen habe. Andererseits wollte ich es auch nicht einfach weglassen.«
    »Absolut richtig. Eine Frage noch: Dieses Drahtgitter, das wir für eine Antenne halten – ist es flach oder konkav?«
    Harald versuchte sich zu erinnern, aber es gelang ihm nicht. »Ich weiß es nicht mehr«, sagte er. »Tut mir Leid.«
    »Macht nichts.« Poul öffnete den Aktenschrank. Alle Ordner trugen Namen; vermutlich handelte es sich um die Personalakten ehemaliger und gegenwärtiger Flugschüler. Er suchte einen heraus, der mit Andersen, H. C. beschriftet war. Der Name Andersen war in Dänemark alles andere als selten, Hans Christian Andersen aber war der berühmteste Dichter des Landes, und Harald vermutete, dass die Akte ein Versteck war. Dass Poul seine Zeichnungen nun in diesen Ordner

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