Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
militärische Haltung erweckte den Eindruck von Entschiedenheit und Effizienz, doch Peter Flemming wusste, dass dies mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun hatte.
    Vom Politigaarden zum Stadtplatz, wo die Deutschen das so genannte Dagmarhaus requiriert hatten, war es nur ein kurzer Fußmarsch. Das Gebäude war mit Stacheldraht umgeben, und auf dem flachen Dach waren Kanonen und Flugabwehrgeschütze installiert. Flemming und Juel wurden in Walter Brauns Büro geführt, ein Eckzimmer, von dem aus man den Stadtplatz überblicken konnte. Der antike Schreibtisch und die Ledercouch sorgten für eine gewisse Gemütlichkeit. An der Wand hing ein Bild des Führers von relativ bescheidener Größe, und auf dem Schreibtisch stand ein gerahmtes Foto von zwei kleinen Jungen in Schuluniform. Flemming fiel auf, dass Braun seine Pistole selbst hier nicht ablegte, als wolle er damit andeuten, dass er zwar ein gemütliches Büro habe, in der Sache aber stets knallhart bliebe.
    Braun wirkte selbstzufrieden. »Unsere Leute haben die Botschaft aus dem hohlen Bremsblock dechiffriert«, sagte er in dem ihm eigenen Beinahe-Geflüster.
    Flemming fand das erfreulich.
    »Sehr beeindruckend«, murmelte Juel.
    »Es war anscheinend gar nicht schwer«, fuhr Braun fort. »Die Engländer benutzen einfache Codes, die oft auf einem Gedicht oder einem bekannten Prosazitat beruhen. Wenn unsere Dechiffrier-Experten ein paar Wörter herausgebracht haben, findet ein Anglistik-Professor normalerweise den Rest. Mir war bisher völlig entgangen, dass das Studium der englischen Literatur auch sinnvollen Zwecken dienen kann.« Er lachte über seinen eigenen Witz.
    »Um was ging es in der Botschaft?«, fragte Flemming ungeduldig.
    Braun öffnete eine Akte, die auf seinem Schreibtisch lag. »Es stammt von einer Gruppe, die sich als Midnatfalker bezeichnet.« Obwohl das Gespräch auf Deutsch geführt wurde, benützte er das dänische Wort. »Sagt Ihnen das irgendetwas?«
    Damit hatte Flemming nicht gerechnet. »Ich werde natürlich noch einmal in unseren Unterlagen nachsehen, bin mir aber ziemlich sicher, dass uns dieser Name noch nie untergekommen ist.« Er runzelte die Stirn und dachte nach. »Mitternachtsfalken – das klingt nach einer militärischen Einheit, Soldaten, Flieger, vielleicht auch Polizisten.«
    Juel räusperte sich empört. »Ich glaube kaum, dass dänische Polizeibeamte.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass es sich um Dänen handeln muss«, unterbrach ihn Flemming. »Die Spione könnten auch deutsche Verräter sein.« Er zuckte mit den Schultern. »Oder sie versuchen sich nur einen militärischen Anstrich zu geben.« Er sah Braun an. »Was ist der Inhalt der Botschaft, Herr General?«
    »Detaillierte Angaben über unsere militärischen Anlagen in Dänemark. Hier, sehen Sie selbst.« Er schob einen Stoß Papiere über den Schreibtisch. »Die Standorte von Flugabwehrbatterien in und um Kopenhagen. Deutsche Kriegsschiffe, die im vergangenen Monat im
    Hafen gesichtet wurden. Angaben über Regimenter, die in Aarhus, Odense und Morlunde stationiert sind.«
    »Sind die Informationen korrekt?«
    Braun zögerte. »Nicht ganz. Recht nahe dran an der Wahrheit, aber eben nicht hundertprozentig.«
    Flemming nickte. »Dann handelt es sich bei den Spionen wahrscheinlich nicht um Deutsche mit Insiderkenntnissen, denn die wären in der Lage, sich aus internen Unterlagen die genauen Details zu besorgen. Es dürften Dänen sein, die sich die betreffenden Objekte genau ansehen und den Rest schätzen – mit entsprechend sachkundiger Vorbildung, versteht sich.«
    Braun nickte. »Keine schlechte Schlussfolgerung. Können Sie diese Leute aber auch finden?«
    »Das hoffe ich auf jeden Fall.«
    Brauns Aufmerksamkeit galt inzwischen nur noch Flemming; es war, als wäre Juel gar nicht anwesend oder allenfalls ein subalterner Untergebener. »Meinen Sie, das sind dieselben Leute, die diese illegalen Zeitungen herausgeben?«
    Flemming war einerseits erfreut, dass Braun sein Fachwissen anerkannte, andererseits schmerzte ihn die Tatsache, dass Juel der Chef war, in diesem Augenblick ganz besonders. Er hoffte, dass auch Braun die Ironie der Situation nicht entging, und schüttelte den Kopf. »Wir kennen die Herausgeber und behalten ihre Aktivitäten im Auge. Wenn sie ein auffälliges Interesse an deutschen militärischen Einrichtungen gezeigt hätten, wäre uns das nicht entgangen. Nein, ich glaube, das ist eine völlig neue Organisation, mit der wir es hier zu tun haben.«
    »Und

Weitere Kostenlose Bücher