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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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lebte noch; er war der Gestapo zur »eingehenden Befragung« überstellt worden, hatte aber nichts Weiteres preisgegeben – wahrscheinlich, weil er nichts Weiteres wusste.
    Flemming hatte seine Ermittlungen mit der ihm eigenen Energie und Entschlossenheit fortgesetzt. Er hatte Pouls Dienstvorsitzenden, den arroganten Flugplatzkommandanten Renthe, verhört. Er hatte Pouls Eltern, seine Freunde und sogar seinen Vetter Mads befragt, ohne auch nur einen Schritt voranzukommen. Er hatte Pouls Freundin, Karen Duchwitz, beschatten lassen, doch bisher hatte sie nur bewiesen, dass sie eine fleißige Ballettschülerin war. Auch Arne Olufsen, Pouls besten Freund, hatte er überwachen lassen. Auf ihn hatten sich seine Hoffnungen konzentriert, denn Arne kannte sich auf Sande aus; gut möglich, dass er es war, von dem die Zeichnungen der militärischen Einrichtungen dort stammten. Aber Arne hatte die ganze Woche über anstandslos seine beruflichen Pflichten erfüllt und war heute
und auch das war nichts Ungewöhnliches – mit dem Zug nach Kopenhagen gefahren.
    Nach einem fulminanten Beginn traten die Ermittlungen inzwischen auf der Stelle.
    Ein kleinerer Triumph am Rande war die Demütigung von Arnes Bruder Harald gewesen. Flemming war sich allerdings sicher, dass Harald mit dem Spionagefall nichts zu tun hatte. Ein Mann, der als feindlicher Kundschafter sein Leben aufs Spiel setzt, schmiert keine dummen Sprüche an die Wände.
    Als Flemming gerade dabei war, sich seine nächsten Schritte zu überlegen, klopfte es an der Tür.
    Er warf einen Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims. Es war halb elf, nicht übermäßig spät, aber doch eine ungewöhnliche Zeit für unerwarteten Besuch. Dass er schon im Schlafanzug war, durfte den Besucher eigentlich nicht überraschen. Flemming ging zur Tür und öffnete sie. Vor ihm stand Tilde Jespersen. Auf ihren blonden Locken saß eine himmelblaue Baskenmütze.
    »Es hat sich etwas Neues ergeben«, sagte sie. »Ich dachte, wir sollten darüber reden.«
    »Ja, natürlich, kommen Sie rein. Und bitte entschuldigen Sie mein Äußeres.«
    Tilde sah das Muster auf seinem Schlafanzug und grinste.
    »Elefanten«, sagte sie auf dem Weg ins Wohnzimmer. »Darauf wäre ich nie gekommen!«
    Ihm war das peinlich, und es ärgerte ihn, dass er sich, auch wenn es zu warm dafür war, keinen Bademantel übergezogen hatte.
    Tilde setzte sich. »Wo ist Inge?«
    »Im Bett. Möchten Sie einen Aquavit?«
    »Ja, gerne.«
    Er holte ein frisches Glas und schenkte ihnen beiden ein.
    Tilde schlug die Beine übereinander. Sie hatte runde Knie und stramme Waden – ganz anders als Inges schlanke Beine. »Arne Olufsen nimmt morgen die Fähre nach Bornholm«, sagte sie. »Er hat sich heute eine Schiffskarte gekauft.«
    Das Glas auf halbem Wege zum Mund, erstarrte Flemming und sagte leise: »Bornholm.« Die dänische Ferieninsel lag der schwedischen Küste verführerisch nahe. War das der erhoffte Durchbruch?
    Tilde Jespersen nahm sich eine Zigarette, und er gab ihr Feuer. Sie blies den Rauch aus und sagte: »Kann natürlich sein, dass er einfach Urlaub hat und deshalb rüberfährt.«
    »Gewiss. Aber genauso gut ist es möglich, dass er nach Schweden fliehen will.«
    »Ja, das dachte ich auch.«
    Flemming leerte sein Glas in einem Zug. »Wer ist momentan bei ihm?«
    »Dresler. Er hat mich vor einer Viertelstunde abgelöst. Ich bin dann gleich hierhergekommen.«
    Flemming zwang sich zu skeptischer Zurückhaltung. Nur allzu leicht ließ man sich bei Ermittlungen durch Wunschdenken auf falsche Fährten locken. »Warum sollte Olufsen das Land verlassen wollen?«
    »Kann sein, dass Poul Kirkes Schicksal ihm Angst eingejagt hat.«
    »Aber bisher hat er alles andere als ängstlich gewirkt. Bis heute hat er nichts weiter getan, als seinen beruflichen Pflichten nachzugehen, und dabei einen quietschfidelen Eindruck gemacht.«
    »Vielleicht hat er gerade erst gemerkt, dass man ihn überwacht.«
    Flemming nickte. »Früher oder später kommen sie alle dahinter.«
    »Es kann auch sein, dass er als Spion nach Bornholm fährt. Vielleicht haben die Engländer ihm gesagt, dass er dort was auskundschaften soll.«
    Flemmings Miene drückte Zweifel aus. »Was gibt‘s denn auf Bornholm auszukundschaften?«
    Tilde zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist das gerade die Frage, die die Briten beantwortet haben wollen. Oder es geht um ein konspiratives Treffen. Wenn man von Bornholm problemlos nach Schweden kommt, dürfte die Gegenroute genauso leicht

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