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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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schlimmerer Vorwurf als jede wohl formulierte Anklage.
    Als die Fähre einlief, sagte Tilde: »Ich hoffe, wir haben Recht, und Arne Olufsen ist wirklich ein Spion.«
    »Ihre Begeisterung für diese Arbeit hat nicht nachgelassen?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«, erwiderte Tilde scharf.
    »Ich dachte an unsere Diskussion über die Juden.«
    »Ach so.« Sie tat es mit einem Schulterzucken ab. »Sie hatten ja Recht, nicht wahr? Sie haben den Beweis ja erbracht. Wir haben die Synagoge durchsucht und sind dabei auf Gammel gestoßen.«
    »Ich habe mich allerdings auch gefragt, ob Poul Kirkes Tod nicht zu grausam war.«
    »Mein Mann ist auch gestorben«, erwiderte sie mit kalter Stimme. »Ich habe nichts dagegen, Verbrecher verrecken zu sehen.«
    Sie war noch härter, als er gedacht hatte. Er unterdrückte ein zufriedenes Lächeln. »Dann werden Sie also der Polizei erhalten bleiben?«
    »Ich sehe keine andere Zukunft für mich. Abgesehen davon könnte ich vielleicht die erste Frau sein, die zum Inspektor befördert wird.«
    Flemming hatte da seine Zweifel. Ein solcher Schritt hätte zur Folge, dass Männer von einer Frau Befehle erhielten, und eine solche Entwicklung schien denn doch weit jenseits der Grenzen des Möglichen zu liegen. Aber das sagte er nicht. »Braun hat mir praktisch die Beförderung zugesagt, wenn es mir gelingt, diesen Spionagering auffliegen zu lassen.«
    »Beförderung zu was?«
    »Zum Dezernatsleiter, also Juels Posten.« Und ein Mann, der mit dreißig das Sicherheitsdezernat leitet, kann am Ende seiner Karriere ohne weiteres Polizeichef von Kopenhagen sein, dachte er. Sein Herz schlug schneller, als er sich vorstellte, wie er in Kopenhagen aufräumen würde.
    Tilde lächelte herzlich. Sie legte eine Hand auf seinen Arm und sagte: »Dann sehen wir mal zu, dass wir die Kerle auch alle erwischen.«
    Das Schiff legte an, und die ersten Passagiere gingen von Bord. Tilde und Peter behielten die Szene im Auge, und Tilde fragte: »Sie kennen doch diesen Arne seit Ihrer Kindheit. Ist er eigentlich vom Typ her der geborene Spion?«
    »Die Frage müsste ich verneinen«, sagte Flemming nachdenklich. »Er ist einfach zu unbekümmert.«
    »Oh.« Tilde schien enttäuscht zu sein.
    »Ich hätte ihn eigentlich gar nicht in den Kreis der Verdächtigen aufgenommen«, fuhr Flemming fort, »aber er ist mit einer Engländerin verlobt.«
    Tildes Miene hellte sich wieder auf. »Damit passt er wieder voll ins Bild.«
    »Ich weiß nicht, ob die Verlobung noch immer Bestand hat. Als die Deutschen kamen, ist seine Braut Hals über Kopf nach England abgehauen. Aber die Möglichkeit ist Verdacht genug.«
    Insgesamt verließen an die hundert Menschen das Schiff. Einige gingen zu Fuß, ein paar Autos rollten von Bord, sehr viele Passagiere führten Fahrräder mit sich. Die Insel war keine vierzig Kilometer breit; da kam man mit dem Fahrrad am leichtesten voran.
    »Dort!«, sagte Tilde und deutete auf einen Mann.
    Peter erkannte Arne Olufsen, der in diesem Moment an Land ging. Er trug seine Armee-Uniform und schob ein Fahrrad neben sich her. »Aber wo ist Dresler?«, fragte er.
    »Vier Personen hinter ihm.«
    »Ja, ich sehe ihn.« Peter setzte sich eine Sonnenbrille auf, zog seinen Hut tief ins Gesicht und ließ den Motor an. Arne radelte die Pflasterstraße zum Stadtplatz hinauf, und Dresler strampelte hinter ihm her. Peter und Tilde folgten ihnen langsam mit dem Wagen.
    Arne verließ die Stadt in nördlicher Richtung. Peter spürte, dass er nicht mehr lange unbemerkt bleiben würde. Es waren nur wenige Fahrzeuge unterwegs, und er musste sehr langsam fahren, wenn er die beiden Fahrräder nicht überholen wollte. Aus Furcht davor, bei Arne Verdacht zu erregen, blieb er stehen, bis die beiden Radfahrer außer Sicht waren. Wenige Minuten später fuhr er wieder los – und drückte auf die Bremse, als Dresler ins Blickfeld kam. Zwei deutsche Soldaten in einem Motorrad mit Beiwagen überholten ihn. Ich hätte mir kein Auto, sondern ebenfalls ein Motorrad leihen sollen, dachte Flemming.
    Ein paar Kilometer außerhalb der Stadt waren Arne und seine drei Verfolger die einzigen Menschen auf der Straße. »Das ist unmöglich«, sagte Tilde mit hoher, nervöser Stimme. »Er muss uns doch entdecken.«
    Peter nickte. Sie hatte Recht, aber ihm selber war gerade eine neue Idee gekommen. »Ja«, sagte er, »und ich glaube, dass seine Reaktion in diesem Fall sehr aufschlussreich sein wird.«
    Tilde Jespersen sah ihn fragend an, bekam jedoch

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