Mitternachtskinder
sollen, dass ich ihn liebte, ehe ich ging. Aber auch dafür blieb keine Zeit mehr.
Ich taumelte ins Feuer.
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James
D ies war die Hölle.
Es war die Hölle, auf ihre Schreie zu warten. Die Hölle, zuzusehen, wie sich ihre Hände zu Fäusten ballten, wie ihr Haar verbrannte, wie ihr Mund sich zu Tränen verzog, obwohl die Hitze die Tropfen raubte, ehe sie ihr übers Gesicht rinnen konnten.
Sie fiel auf die Knie.
Ich konnte mich nicht rühren. Ich stand nur da, presste die Hände gegen meine Beine, und das Feuer brannte auf meinen Wangen. Ich konnte nicht aufhören zu zittern.
Es war die Hölle, zu begreifen, dass es sehr lange dauern würde, bis Nuala zu nichts verbrannt war.
[home]
Nuala
Mensch.
Mensch.
Mensch.
Bitte, bitte, Mensch.
[home]
James
I ch brauchte zu lange, um die Sprache wiederzufinden, und eine grauenhafte Sekunde lang glaubte ich, ich hätte ihren Namen vergessen, obwohl ich ihn ihr gerade eben vorgesagt hatte. Wie lange das schon her war. Sekunden? Minuten? Stunden?
»Amhrán-Liath-na-Méine«,
sagte ich. Leise. Nur für den Fall, dass jemand zuhörte.
Nuala kreischte.
Scheiße.
Dünn und irgendwie nass verklang der Schrei, aber ich hörte ihn auch weiterhin. Schlimmer noch, ich konnte nicht aufhören, ihr schreiendes Gesicht zu sehen. Mein Gehirn spielte es mir immer wieder vor und projizierte es auf ihre dunkle Gestalt in den Flammen, die sich wand und zitterte.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und presste die Fäuste an meinen Körper, so dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Dann sagte ich:
»Amhrán-Liath-na-Méine.«
Sie schrie wieder.
Eine Gänsehaut breitete sich über meinen Körper. Vielleicht konnte Eleanor doch lügen. Oder die Wahrheit verzerren. Ich wusste nicht, was meine Worte Nuala antaten, aber ich hatte eine Scheißangst davor, ihren Namen ein drittes Mal auszusprechen.
»Pfeifer!«
Ich fuhr zusammen, als ich die Stimme wahrnahm. Erst konnte ich nicht ausmachen, woher, doch dann merkte ich, dass sie von hinten kam. Wie weit hinter mir, konnte ich nicht sagen. Von irgendwo da draußen in der hungrigen Dunkelheit.
»Pfeifer! James Morgan!«
Mit zusammengekniffenen Augen starrte ich in die Finsternis und war dankbar für die Sekunde, in der ich Nuala nicht brennen sehen musste.
»Pfeifer, wenn du das Kleeauge liebst, kommst du sofort hierher.«
Mir drehte sich der Magen um, als ich mich umwandte und eine von den männlichen Feen in der Dunkelheit hocken sah, etwa zwölf Meter vom Feuer entfernt. Seine Haut hatte einen grünlichen Schimmer, so dass er im zuckenden Feuerschein wie eine Leiche aussah. »Was willst du?«
»Hat die
Leanan Sidhe
es dir nicht gesagt? Dass du heute Nacht auf das Kleeauge achtgeben sollst?« Mit einer langen eleganten Bewegung, die irgendwie unmenschlich wirkte, stand er auf. »Sie werden sie töten und aus ihrem Herzen einen neuen König der Toten erschaffen, Pfeifer. Er wird uns und die Toten mit den Kräften des Kleeauges beherrschen. Für uns bedeutet das eine unwürdige Zukunft. Für dich und jeden anderen Menschen wird es die Hölle sein.«
Über die Schulter blickte ich zum Feuer zurück. Ich konnte Nuala immer noch sehen, ein dunkler Schemen in den gierigen Flammen, und auf der anderen Seite die Umrisse tanzender Schüler.
»Warum sollte ich dir trauen?«, fragte ich ihn. Aber eigentlich wollte ich wissen, warum ich Nuala in diesem Feuer sich selbst überlassen sollte. Schließlich hatte ich ihr doch versprochen, bei ihr zu bleiben und ihren Namen zu sagen. Und jetzt musste ich noch einmal von vorn anfangen – siebenmal musste ich ihn ohne Unterbrechung aussprechen, hatte Eleanor gesagt, und sie von Anfang bis Ende brennen sehen.
Er lächelte ein schmales Lächeln, und seine Zähne schimmerten weiß in der Dunkelheit. »Wir haben dir einmal das Leben gerettet, weißt du nicht mehr, Pfeifer? Als sie uns darum gebeten hat, haben wir dich gerettet. Sie hat Luke Dillons Leben für deines eingetauscht.«
Mein Herz hörte zu schlagen auf. Ich bekam keine Luft mehr.
»Ich glaube, du verstehst nicht, Mensch. Sie nehmen sich ihre Kräfte, die Macht des Kleeauges. Sie werden überall hingehen, alles tun können. Und sie
töten
sie dafür. Ich dachte, du liebst sie.«
Jetzt hörte ich einen weiteren Schrei, diesmal von noch weiter hinten, und auch diese Stimme kannte ich. Sie klang ihrer Singstimme zu ähnlich, als dass sie zu irgendjemand anderem gehören könnte. Mein Gegenüber verzog keine Miene.
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