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Mitternachtskinder

Mitternachtskinder

Titel: Mitternachtskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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Padraic bitten, ihr einen Schlag auf den Kopf zu geben, damit sie sich etwas beruhigt.«
    Eine Fee mit einem üppigen weißen Lockenkopf sah mich an und fragte: »Darf ich ihn jetzt töten, meine Königin?«
    »Siobhan, wie blutrünstig. Wir sind ein sanftmütiges Volk«, entgegnete Eleanor. Sie wandte sich mir zu. Ein bisschen Blut blubberte aus dem Herzen in ihrer Hand. »Mein lieber Pfeifer, warum kehrst du nicht zum Herbstfeuer und zu deiner Liebsten zurück? Ich bin ja so gespannt, wie diese Geschichte ausgehen wird.«
    »Ich auch«, sagte ich. »Und sobald ich Dee habe, werde ich genau das tun.«
    Auf der Bühne gab ihr Gefährte einen Laut höchster Qual von sich. Mit blutigen Fingern bedeckte er sein Gesicht.
    »Es wird bald vorbei sein, mein Lieber. Cernunnos kommt schon«, versicherte Eleanor ihm. Zu mir sagte sie: »Wenn du noch einen Moment warten würdest, ich bin gleich mit ihr fertig. Siobhan, ich brauche noch einmal das Messer.«
    Zu ihren Füßen stöhnte Dee, rollte sich auf den Rücken und hob eine Hand an den Kopf. Mit dem Herz in der einen und dem Messer in der anderen Hand nickte Eleanor Siobhan zu, und die Fee mit dem weißen Haupt stellte einen Fuß auf Dees Schulter.
    Ich stürzte mich auf den Höfling neben mir und riss den Dolch aus der Scheide an seinem Gürtel. Ehe Siobhan etwas unternehmen konnte, stand ich neben Eleanor und drückte ihr die Klinge an die Kehle. Sofort bekam ich eine schmerzhaft kribbelnde Gänsehaut.
    »Das war dumm von dir«, bemerkte Eleanor. »Was hast du jetzt vor?«
    Die Feen steckten die Köpfe zusammen und flüsterten miteinander, was an leisen Gesang erinnerte.
    »Die bessere Frage ist …« Ich hielt das Messer so ruhig, wie ich konnte, als ich zu zittern begann. »… was
Ihr
jetzt vorhabt?«
    »Ich überlege, ob ich dich schnell oder eher langsam töten sollte«, fauchte Eleanor. »Letzteres wäre mir lieber, aber ich habe wirklich nicht mehr viel Zeit, der lieblichen Deirdre das Herz aus dem Leib zu schneiden, ehe Cernunnos kommt. Also wird es wohl Ersteres sein müssen.«
    Auf einmal bekam ich ein seltsames, saugendes Gefühl in der Kehle und ahnte, dass sie womöglich nicht bluffte.
    »Und wenn ich dich bitte, ihn zu verschonen?«
    Jede einzelne Fee im Saal verstummte. Eleanor blickte zur Tür, als Sullivan auf uns zukam und ein paar Meter vor uns stehenblieb. Da hatte er sich ja ganz schön Zeit gelassen.
    Als Sullivan uns erzählt hatte, er sei Eleanors Gefährte gewesen, hatte ich angenommen, dass er ihr entkommen war. Ich war nie auf den Gedanken gekommen, dass sie ihn vielleicht einfach hatte gehen lassen.
    »Patrick«, sagte Eleanor mit völlig veränderter Stimme. »Bitte geh.«
    »Ich fürchte, das kann ich nicht. So lästig James auch sein mag, würde ich ihn doch ungern sterben sehen.«
    »Er
ist
lästig«, gab Eleanor zu. Als würde ich ihr nicht gerade ein Messer an die Kehle halten. Als würde sich ihr aktueller Gefährte – war er überhaupt noch aktuell, mit so einem Loch in der Brust? – nicht vor Qual auf der Bühne winden. »Und ausgesprochen dreist.«
    Zustimmend neigte Sullivan den Kopf. »Und da wir gerade dabei sind, meine andere Schülerin bräuchte ich auch.«
    Eleanor runzelte sacht die Stirn – das schönste Stirnrunzeln, das die Welt je gesehen hatte. Es tat so weh, dass ich nach Luft rang. »Bitte mich nicht um sie. Ich werde dir diesen Idioten geben. Und ich lasse dich ziehen. Aber bitte mich nicht um Dinge, die ich dir nicht gewähren kann.«
    »Die du nicht gewähren willst«, sagte Sullivan, und auch seine Stimme klang anders. »Es geht immer darum, was du tun willst. Eine Frage der Prioritäten.«
    Es war, als wären Eleanor und Sullivan ganz allein in diesem Saal. »Meine Untertanen kommen an erster Stelle. Behaupte nicht, das könntest du nicht verstehen, Patrick Sullivan. Denn auch du bist nicht um deinetwillen hier hereingestürmt, sondern wegen deiner Schüler. Ich
werde
meinen Feen die Freiheit bringen.«
    »Ziemlich billig zum Preis von zwei Menschen«, erwiderte Sullivan milde.
    Eleanors Stimme knisterte wie Eis. »Wage es nicht, mir Vorhaltungen zu machen. Hast du einen Gedanken an die beiden Leichen verschwendet, über die du hinweggestiegen bist, um vor mich zu treten? Ich glaube, nicht – weil sie nur Feen waren, nicht wahr?«
    Ich blickte auf Dee hinab. Sie lag auf dem Rücken, ein Bluterguss verdunkelte ihre rechte Wange, und ihr Blick war auf mich gerichtet. Völlig unergründlich. Ich wusste, wozu

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