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Mitternachtskinder

Mitternachtskinder

Titel: Mitternachtskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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durchschieben, damit sie den Luftsack nicht einengte, aber sie schaffte es, die Finger auf meine andere Hand zu legen. Dank ihrer lächerlich hohen Korkabsätze war sie groß genug, um das Kinn auf meine Schulter zu stützen.
    Meine Stimme klang ein wenig zu leise. »Erst den Jig, dann dein Lied?«
    »Du bist der Boss«, entgegnete sie.
    »Ach, wäre das schön«, erwiderte ich und begann zu spielen.
    Diesmal kam kein Mist dabei heraus. Es war, als sei alles, woran ich gedacht hatte, verschwunden – außer der Musik und Nualas Armen. Der Jig fühlte sich so leicht an wie ein Heliumballon: Die hohen Töne schwebten in den Himmel empor, und die tiefen zogen das Lied zur Erde, ehe sie es wieder hochhüpfen ließen. Und meine Finger – sie funktionierten wieder. Sie hoben und senkten sich, bewegten sich über die ganze Spielpfeife so schnell wie gutgeölte Kolben, und jeder Ton klang perfekt und sauber. Die kurzen Verzierungsnoten sprudelten wie Lachen zwischen den großen, runden Tönen hervor.
    Ich brachte die Pfeifen zum Schweigen – vollkommene Stille, vollkommen richtig – und grinste den Hügel hinab.
    Nuala sagte: »Ja, gib du ruhig an. Willst du jetzt, dass ich dir helfe, oder nicht?«
    »Ich – was?« Ich wollte den Kopf wenden, um sie anzusehen, aber mit dem Kinn auf meiner Schulter war sie zu nahe, als dass ich ihr ins Gesicht hätte schauen können. Gründlich überlegte ich, ob ich irgendein Zeichen dafür wahrnahm, dass sie mir ihre musikalischen Kräfte geliehen hatte. Aber ich fühlte nur die Musik und ihre Fingerspitzen auf meinen. Und dann nichts mehr außer der schieren Freude an dem Jig. »Ich dachte, das hättest du.«
    »Ach, egal. Können wir einfach spielen?«
    »Du bist der Boss«, gab ich sarkastisch zurück.
    »Ach, wäre das schön«, äffte sie mich nach. Ich ordnete die Bordunpfeifen und wartete darauf, dass sie mir sagte, was ich tun sollte.
Diesmal
spürte ich es – erst diese besondere Art Stille, die durch mich hindurchrieselte, und dann die Hitze goldener Inspiration, die mich in langen Strängen durchdrang und meinen Körper durch die Fingerspitzen verließ. Das Lied, das ich auf dem Klavier gespielt hatte, wurde in meinem Geist zu einer ordentlichen Einheit. Es war wie eine kleine Schachtel, die ich gedanklich hin und her drehen konnte, um zu erkennen, wie sie zusammengesetzt war, was sie so schön machte und wo ich Noten auslassen und andere einfügen konnte, damit es zum Dudelsack passte.
    Nualas Atem strich heiß über meinen Hals, und ihre Finger lagen fest auf meinen, als könnte sie den Dudelsack zwingen, für sie zu spielen. Ich ließ das Lied heraus. Ich hörte die Riffs von vorher, die Masse der Melodie, und wie ich die Ausklingzeit der Pfeifen nutzen konnte, um den Mangel an hohen Tönen auszugleichen. Das Lied wand sich und atmete und glänzte, und allein es zu spielen tat weh, weil der Dudelsack dafür geschaffen worden war. Vielleicht war ich selbst für dieses Lied geschaffen worden. Geboren, um dieses Lied zu spielen, mit Nualas sommerlichem Atem im Gesicht und dieser Stille in meinem Herzen und nichts, was im Moment zählte, außer dieser Musik.
    Beinahe konnte ich Nualas Stimme hören, die mir die Melodie ins Ohr summte. Als ich halb den Kopf drehte, sah ich, dass ihre Augen geschlossen waren. Sie lächelte das schönste Lächeln auf der Welt, und ihr sommersprossiges Gesicht war voller Freude.
    Dies war die ganze Welt, dieser Augenblick. Der Wind drückte das goldene Gras zu Boden und richtete es wieder auf, und das tiefe, reine Blau des Himmels über uns war alles, was uns auf der Erde festhielt. Ohne das Gewicht dieses blauen Himmels wären wir davongeflogen, hinauf in die hohen weißen Wolken und fort von dieser unvollkommenen Welt.
    Nuala ließ die Arme sinken und trat zurück.
    Der Dudelsack verstummte mit einem Seufzen, und ich wandte mich zu ihr um.
    Ich stand so kurz davor zu sagen:
Bitte schließe den Pakt mit mir. Lass mich nicht nein sagen. Lass mich keine Sternschnuppe sein, die in irgendeinem Büro verglüht.
Doch ihr Gesichtsausdruck ließ mich erstarren.
    »Bitte mich nicht darum«, erklärte sie. »Ich nehme alles zurück. Ich werde keinen Pakt mit dir eingehen.«

[home]
    Nuala
    Dies also ist mein Herbst, mein Jahresende,
    meine verzweifelte Erinnerung an den Sommer.
    So sage ich ihr, wer ich bin.
    So weit schon bin ich vom Anfang entfernt
    So sehr will ich alles, so sehr will ich, was ich war,
    so sehr will ich sie.
    Dies also ist mein

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