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Mitternachtslust

Mitternachtslust

Titel: Mitternachtslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Winter
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verschwunden. Aber es war völlig unmöglich, dass sie länger als allerhöchstens eine halbe Stunde mit ihm in der Küche gewesen war!
    Sie musste ihn fragen!
    »Ich … ich werde mich dann jetzt um die Gäste kümmern.« Sie wollte sich abwenden und nach Alexander suchen, aber Richard krallte seine Finger so fest um ihren Oberarm, dass sie zusammenzuckte.
    »Lass dir nicht einfallen, wieder einfach zu verschwinden!« Obwohl er immer noch flüsterte, war die Wut in seiner Stimme unüberhörbar. Als er sich vorbeugte, roch sie den Alkohol in seinem Atem.
    »Natürlich nicht. Ich … es ging mir vorhin nicht so gut. Vielleicht hat es deshalb ein bisschen länger gedauert. Ich habe das gar nicht bemerkt.« Unauffällig ließ sie ihren Blick über die Menge schweifen. Endlich entdeckte sie das schwarze Piratentuch.
    Entschlossen machte sie einen Schritt in Alexanders Richtung, aber Richard ließ sie immer noch nicht los.
    »Wir sprechen über diese Sache, wenn die Gäste fort sind, meine Liebe!« Sein Tonfall glich dem eines strengen Vaters, der seinem ungebärdigen Kind eine ernste Strafe androhte.
    Für eine Sekunde erstarrte Melissa unter seinem Blick, dann warf sie trotzig ihren Kopf in den Nacken. Welcher Art die Verfehlungen auch sein mochten, die er ihr vorwerfen wollte – für jeden Fehler, den sie gemacht hatte, hatte er wahrscheinlich zehn begangen.
    Mit einem Ruck befreite sie ihren Arm aus seinem Griff und drängte sich unter gemurmelten Entschuldigungen zwischen den Gästen hindurch in Alexanders Nähe.
    Er stand ein wenig abseits gegen einen Baumstamm gelehnt und betrachtete aufmerksam eine leuchtend grüne Kugel, die einen Bogen in der Luft beschrieb und dann aufplatzte, um Hunderte von goldenen Sternchen in die Nacht zu katapultieren.
    Als Melissa ihn leicht an der Schulter berührte, wandte er ihr sein Gesicht zu und verzog unter dem Bart den Mund zu einem Lächeln. »Wo warst du so lange? Ich habe dich vermisst.«
    Sie musste krampfhaft schlucken, bevor sie ihm antworten konnte. »Aber du bist doch verschwunden! Vor fünf Minuten – aus der Küche.«
    »Aus der Küche?« Sein unverdecktes Auge funkelte im roten Licht einer aufsteigenden Rakete.
    »Aber wir waren doch …« Melissa stockte und starrte mit weit aufgerissenen Augen die dunkelblonde Strähne an, die sich an der Stirn unter seinem Piratentuch hervorgestohlen hatte. Warum war ihr das nicht aufgefallen? Auch bei dem Mann, mit dem sie in der Küche gewesen war, hatte sich das Tuch verschoben, und eine seiner Haarsträhnen war ihm in die Stirn gefallen – eine dunkle lockige Strähne.
    Der Mann in der Küche war nicht Alexander gewesen .

14. Kapitel
    »Was hast du denn? Du bist plötzlich ganz bleich geworden.« Alexander legte ihr die Hände auf die Schultern, als wollte er sie davor bewahren, umzusinken.
    »Es … es ist nichts.«
    Jedenfalls war es nichts, was völlig neu für sie gewesen wäre. Julius. Sie hatte ihn zuvor gesehen, und sie hatte ihn zuvor berührt. Vielleicht verspürte sie deshalb auch keine Angst, sondern nur Überraschung und ein tiefes, fast freudiges Staunen.
    Melissa legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die zahllosen Miniatursternschnuppen, die als Höhepunkt und Ende des Feuerwerks vom Himmel rieselten.
    »Woher hast du dein Kostüm?«, erkundigte sie sich bei Alexander.
    »Wieso? Gefällt es dir nicht?« Er schob die Augenklappe auf die Stirn und sah sie mit jenem unergründlichen Blick an, der sie immer ganz nervös machte.
    »Es ist toll«, behauptete sie mit gleichgültig klingender Stimme. »Und es sieht so aus, als wäre es tatsächlich schon hundertfünfzig Jahre alt«, fügte sie rasch hinzu. »Ich würde gern wissen, wo man so etwas bekommt, wenn man es nicht gerade in der Abstellkammer des Hauses findet, in dem man lebt.«
    »Nun, ehrlich gesagt, stammt es aus einer der Abstellkammern des Hauses, in dem du lebst.«
    »Wie bitte? Du warst in unserem Haus und hast dir dort ein Kostüm besorgt?« Melissa schnappte nach Luft. »Ich habe gewusst, dass du einen Zweitschlüssel hast!«
    »Du irrst dich. Ich habe keinen Schlüssel zum Haus.« Im schwachen Licht der Vorplatzbeleuchtung wirkten seine Augen ernst und dunkel.
    Das Feuerwerk war vorbei, und die Gäste machten sich auf den Weg zurück ins Haus. Natascha tauchte aus der Menge auf, wo sie diskret einige Schritte von Alexander und Melissa entfernt gestanden hatte.
    »Ich gehe dann schon mal rein«, sagte sie leise, an keinen der beiden direkt

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