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Mitternachtslust

Mitternachtslust

Titel: Mitternachtslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Winter
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lahm hervor.
    Natascha zuckte vielsagend mit den Achseln. »Ich muss jetzt raus. Wenn du willst, kannst du von hinten zugucken.«
    »Nein danke, ich …« Ariettas Darbietung hatte ihr für den Anfang gereicht, aber das wollte sie Natascha nicht so direkt sagen.
    »Ich bin allein auf der Bühne – nur Striptease, sonst nichts«, versicherte Natascha ihr lächelnd, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Ariettas Act ist etwas ganz Besonderes. Das kann nicht jede. Sie ist wunderschön und unglaublich leidenschaftlich, nicht wahr?«
    Melissa nickte kraftlos und spürte zu ihrem Entsetzen, dass sie rot wurde. »Ich würde die Zeit gern nutzen, um ein paar Fotos hier in der Garderobe zu machen, wenn ich darf. Ein leeres Zimmer sagt viel über seine Bewohner.« Ihr Blick schweifte über die teils glitzernden, teils durchsichtigen Kleidungsstücke, die überall im Zimmer lagen und hingen. Es gab Federboas in allen erdenklichen Farben, in einer Ecken einen Haufen wild durcheinanderliegender Stöckelschuhe und vor dem Spiegel ein Sammelsurium von Töpfchen, Fläschchen und Stiften. Sie fragte sich, ob es ihr gelingen würde, mit der Kamera die Atmosphäre dieses Raumes einzufangen.
    »Okay. Ich bin in zehn Minuten wieder da. Falls eins von den anderen Mädels hereinkommt, sag ihr einfach, du bist mein Gast.« Bevor Melissa noch etwas erwidern konnte, war Natascha verschwunden.
    Während Melissa langsam durch das Zimmer wanderte und es durch den Sucher ihrer Kamera aus verschiedenen Perspektiven betrachtete, hörte sie aus der Ferne erst Applaus, dann langsame sinnliche Musik. Natascha hatte begonnen, sich auszuziehen.
    »Er denkt nur an Sex. Und er hat keine Ahnung von Liebe und Vertrauen«, murmelte Melissa vor sich hin, während sie ein Foto nach dem anderen schoss.
    Sie ließ ihre Kamera sinken, als draußen die Musik anschwoll. Natascha entledigte sich offensichtlich der letzten Kleidungsstücke.
    Wenig später öffnete sich die Tür und Natascha, jetzt in einen Morgenmantel aus dünner gelber Baumwolle gehüllt, trat ein.
    »Die Mädchen stehen fast alle ganz zufällig im Flur herum«, verkündete sie grinsend. »In voller Montur. Falls du ein paar Fotos machen möchtest …«
    Es war klar, dass die Entscheidung nicht bei Melissa lag.
    »Ich weiß aber noch nicht einmal, was ich mit den Bildern anfangen werde«, äußerte Melissa zögernd. »Während meiner Ehe habe ich fast gar nicht fotografiert. Es wird einige Zeit dauern, bis ich neue Kontakte geknüpft habe. Ich würde gern einen Fotoband mit Porträtaufnahmen herausbringen, aber es ist nicht einfach, für so ein aufwendiges Projekt einen Verlag zu finden. Kannst du das den Mädchen später erklären, damit sie nicht zu enttäuscht sind, wenn die Fotos nicht veröffentlicht werden?«
    »Natürlich. Im Grunde erwarten sie nichts Besonderes. Es ist nur so, dass wir alle nach dem Motto leben, uns keine noch so kleine Chance entgehen zu lassen. Es passiert eben relativ selten, dass sich eine professionelle Fotografin hierher verirrt.« Natascha begann, sich vor dem Spiegel abzuschminken.
    »Du möchtest keine Fotos im Kostüm?«, erkundigte Melissa sich, bevor sie die Tür öffnete.
    »Nein, wirklich nicht. Ich habe andere Träume.« Um ihre jetzt blassen Lippen spielte ein leises, fast wehmütiges Lächeln.
    Im Flur traf Melissa auf fünf vollständig geschminkte Tänzerinnen in knappen Kostümen. Auch Chantal war dabei. Offensichtlich hatte sie jemanden gefunden, der sie beim Empfang der Gäste vertrat.
    Melissa wählte als Hintergrund eine Korktafel, auf der über-, unter- und nebeneinander unzählige Zettel und Prospekte befestigt waren. Vor dieser Tafel machte sie von jedem der angestrengt lächelnden Mädchen zwei oder drei Bilder.
    Als sie in die Garderobe zurückkehrte, war Natascha bereits abgeschminkt. Sie trug ein schlichtes hellbraunes T-Shirt und Jeans.
    »Wenn du willst, können wir jetzt nach oben in meine Wohnung gehen. Ich koche uns Kaffee, und wir reden«, schlug sie vor.
    Erstaunt, dass Natascha einen so kurzen Heimweg hatte, folgte Melissa ihr die schmalen ausgetretenen Stufen hinauf.
    »Es ist nicht gerade ein Palast, aber praktisch und billig«, erläuterte Natascha, während sie ihre neue Freundin in eine schlicht möblierte Ein-Zimmer-Wohnung führte. Außer dem hinter einem Wandschirm verborgenen Bett gab es eine kleine Sitzecke, einen Esstisch für zwei Personen und eine Kochnische. Neben der Tür im Hintergrund, die wohl ins Bad führte,

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