Mitternachtslust
Handtuch.
»Nein!«, quietschte sie entsetzt. »Nehmen Sie das. Bitte!« Und als er, ganz Kavalier, immer noch keine Anstalten machte, das Handtuch zu benutzen, solange sie tropfend vor ihm stand, fuhr sie in hektischem Ton fort: »Ich kann Ihnen unmöglich das Handtuch wegnehmen, nachdem ich hier einfach so hereingeplatzt bin. Das Tor stand offen, und ich dachte … Es sah aus, als sei das Anwesen unbewohnt. Es ist ein wunderschönes Haus und auch der Park … Ich wusste natürlich nicht, dass Sie hier hinten im Park sind und im See baden …«
Erleichtert sah sie aus den Augenwinkeln, dass er sich mit einer lässigen Bewegung das Handtuch um die Hüften schlang, und wagte endlich, Luft zu holen und sich ihm zuzuwenden.
»Wenn wir noch länger hier herumstehen, holen wir uns beide eine Lungenentzündung. Immerhin haben wir erst Anfang Mai, wenn es auch ein ziemlich warmer Tag ist«, gab ihr Gegenüber zu bedenken. »Am besten kommen Sie mit, und ich gebe Ihnen ein paar trockene Sachen.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und ging los, und Melissa stolperte gehorsam hinter ihm her.
»Das Haus gefällt Ihnen also?«, erkundigte ihr Begleiter sich, während er vor ihr einen schmalen Trampelpfad entlanglief, der vom See aus zwischen hohen Büschen in einen Teil des Gartens führte, wo sie noch nicht gewesen war.
»Ich … es ist sehr schön.« Fand er es ganz normal, dass sie auf seinem Grundstück herumstolperte, ihn beim Nacktbaden überraschte und dann auch gleich noch in seinen See fiel? »Das Tor stand offen«, teilte sie ihm vorsichtshalber noch einmal mit.
»Das Tor steht immer offen.« Er zuckte gleichmütig mit den Achseln, und für einen Moment befürchtete sie, das Handtuch, das er mit einem lockeren Knoten um die Hüften befestigt hatte, würde abrutschen. Nervös heftete sie ihren Blick auf den herzförmigen Leberfleck unter seinem linken Schulterblatt.
Das kleine, über und über mit Efeu bewachsene Haus mit den Sprossenfenstern und der blau gestrichenen Haustür stand direkt hinter einer Biegung des Pfads.
»Hier ist es. Wahrscheinlich werden Ihnen meine Sachen nicht besonders gut passen, aber sie sind wenigstens trocken.«
Melissa, die nicht ganz begriff, weshalb er seine Kleidung hier aufbewahrte, trat verwirrt hinter ihm durch die Tür.
Innen war das Häuschen geräumiger, als es von außen wirkte. Erstaunt sah Melissa sich in dem Zimmer um, in das ihr Gastgeber sie geführt hatte. Es war mit einem ramponierten Ledersofa, bunten Flickenteppichen, einem vollgestopften Bücherregal aus unbehandeltem Holz, mehreren kleinen Schränken und einem Schaukelstuhl, der den Platz vor dem Kamin einnahm, ausgestattet.
Sie wandte sich ihrem Begleiter zu, um ihn zu fragen, welchem Zweck dieses Gartenhaus diente. Allerdings vergaß sie ihre Frage wieder, als sie bemerkte, wohin er geschaut hatte, während sie damit beschäftigt gewesen war, sich im Zimmer umzusehen.
Sein Blick ruhte auf ihrer Brust, die sich seinen Augen wie nackt darbot, da nach ihrem unfreiwilligen Bad die weiße Bluse wie eine zweite Haut an ihr klebte. Wenn sie an sich hinabsah, konnte sie deutlich die dunkelrosa Brustwarzen erkennen, die sich vor Kälte steil aufgerichtet hatten und wirkten, als würden sie im nächsten Moment den Stoff durchbohren.
Entsetzt kreuzte Melissa ihre Arme vor der Brust und warf dem unmöglichen Kerl einen tödlichen Blick zu. Er sollte ruhig wissen, dass sie bemerkt hatte, wie unverschämt er sie taxierte!
»Tut mir leid.« Ohne die geringste Verlegenheit zu zeigen, grinste er sie an und fuhr sich mit der Hand durch die feuchten wirren Haare. »Sie sind eine ziemlich attraktive – ich wollte sagen, eine sehr attraktive Frau.«
»Das ist kein Grund, mich anzustarren!« Melissa schlang die Arme noch fester um ihren Oberkörper und funkelte ihn wütend an.
»Ich sagte doch schon, dass es mir leidtut.« Er erwiderte ihren Blick mit einer Gelassenheit, die ihre Wut noch steigerte. Sie bemühte sich, tief und gleichmäßig zu atmen, was ihr normalerweise half, die Fassung zu bewahren.
»Sie wollten mir etwas Trockenes zum Anziehen geben«, erinnerte sie ihn mit hoheitsvoller Miene und brennenden Wangen.
»Natürlich. Entschuldigen Sie!« Er rückte den Knoten zurecht, mit dem er das Handtuch über seinem Hüftknochen befestigt hatte.
Als Melissas Blick der Bewegung seiner Hände folgte, bemerkte sie unter dem weißen Handtuch eine verdächtige Erhebung.
Gleichzeitig mit der Empörung
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