Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mitternachtsmorde

Mitternachtsmorde

Titel: Mitternachtsmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
Department steht mir schon bis hier; wenn ich auch noch Formulare für das FBI ausfüllen muss, bin ich wochenlang beschäftigt. Sie bleiben, wo Sie sind.«
    Sie erwog die Situation mit zusammengekniffenen Lippen und starrte ihn dabei aus schmalen, dunklen Augen an. Einerseits musste sie sich gut mit ihm stellen, andererseits musste sie auch herausfinden, wer auf sie geschossen hatte, und beides zugleich ließ sich offensichtlich nicht bewerkstelligen.
    Andererseits hatte er sie ohnehin so lange aufgehalten, dass der Schütze, wer es auch sein mochte, längst weg war und sie bestimmt nichts mehr herausfinden würde, selbst wenn sie den Chief Investigator zu Boden warf und dem Schützen nachsetzte. »Okay«, gab sie sich schließlich geschlagen. »Wahrscheinlich haben Sie sowieso zu lange gewartet, um ihn noch zu fangen.«
    »Schreiben Sie einfach in Ihren Bericht, dass ich an allem schuld bin.« Es schien ihn überhaupt nicht zu stören, dass sie das tun könnte, so als könnte sie oder das FBI ihm nichts anhaben, worüber er sich ernsthaft Sorgen machen müsste.
    Sie zuckte mit den Schultern – so gut das eben ging, solange er sie an die Hauswand presste. »Nein, Jammern und Ausreden bringen gar nichts. Man wird mich so oder so zur Rechenschaft ziehen.«
    Er sah sie kurz prüfend an, ehe er den Arm von ihrer Brust nahm und dann wieder in die andere Richtung spähte. »Wir müssen uns zur Veranda zurückziehen. Falls der Schütze das Haus umrundet und woanders Position bezieht, sind wir hier völlig schutzlos.«
    Sie sah sich um und bemerkte, dass nur wenige Schritte hinter ihr die seitlich angebrachten Stufen zu der breiten Veranda ansetzten. Was er gesagt hatte, klang vernünftig, darum huschte sie in geduckter Haltung zu den Stufen und dann über die Veranda, bis sie auf der Vorderseite des Hauses stand. Er folgte ihr auf dem Fuß und sicherte sie nach hinten ab, während sie vorn Ausschau hielt.
    Er sagte: »Jeder, der sich mit Logistik auskennt, wird wissen, dass es einem Todesurteil gleichkam, sich über dieses offene Gelände zu bewegen.«
    Er versuchte, sie zu trösten, und seine Fürsorge rührte sie. »Na schön, DHM sind nicht immer fit in Logistik.«
    Er brauchte ein paar Sekunden. »›DHM‹?«
    Jetzt war es an ihr, ihn verunsichert anzusehen. Sie hatte eine gebräuchliche Abkürzung verwendet, die es schon seit ewigen Zeiten gab. »Die Hohen Mächte«, erläuterte sie argwöhnisch, und ergänzte dann schnell: »Internet-Slang.«
    »Kapiert. Ich hab’s nicht so mit dem Internet; aber die Jungs aus der Abteilung für Jugendkriminalität müssen immer auf dem neuesten Stand sein.«
    Ihr Leben war so eng mit Computern verknüpft, dass sie sich nicht vorstellen konnte, dass jemand nicht absolut selbstverständlich damit umging, aber zugleich beneidete sie ihn irgendwie um die Freiheit, es nicht zu können. Dann kam ihr der Gedanke, dass sie während dieses Einsatzes im Grunde genauso frei war wie er. Niemand konnte sie überwachen, und sie hatte keine Möglichkeit, ihre Vorgesetzten zu kontaktieren, ohne dass sie persönlich zur Basis zurückkehrte. Anfangs hatte sie die Aussicht, ohne jede Führungsleine zu arbeiten, beunruhigt, aber ihre Meinung dazu hatte sich seit wenigen Minuten, genau gesagt seit dem Schuss, radikal verändert.
    Da sie nicht überwacht werden konnte, musste ihr der Schütze gefolgt sein, um zu wissen, wo sie sich aufhielt. Aber warum hatte er sie nicht früher zu erschießen versucht, als sie noch allein gewesen war? Oder als sie aus ihrem Motelzimmer zu ihrem Auto gegangen war? Warum hier und warum jetzt?
    Die Sirenen in der Ferne rissen sie aus ihren Gedanken, aber sie wusste schon jetzt, dass ihr diese Fragen immer und immer wieder im Kopf herumgehen würden, bis sie alle Fakten und Möglichkeiten ausgelotet und eine vernünftige Erklärung gefunden hatte.
    Die Kavallerie erschien in Gestalt von sechs Streifenwagen, die mit quietschenden Reifen angeschlittert kamen, sowie einem großen gepanzerten Mannschaftswagen, der eher nach einem Panzer als nach einem Bus aussah. Die zwei Hecktüren des Mannschaftswagens schwangen auf, und ein Geschwader entschlossener, bis an die Zähne bewaffneter Männer in dunkelblauen Uniformen schwärmte aus.
    »Ein Einsatzkommando?«, fragte sie verblüfft. »Sie haben von der Kavallerie gesprochen, nicht von schwerer Artillerie.«
    »Sie kommen nicht oft zum Einsatz und können ein bisschen Übung gebrauchen, dachte ich«, antwortete er fröhlich.

Weitere Kostenlose Bücher