Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mitternachtsmorde

Mitternachtsmorde

Titel: Mitternachtsmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
eigenartige Sache die Zeit doch war, scheinbar unveränderlich und immer und immer wieder in denselben Zahlenfolgen abgezählt – und doch war das Wesen der Zeit ein Thema hitziger philosophischer und wissenschaftlicher Diskussionen und Erörterungen. Die Zeit war nicht nur ein künstlicher Rahmen, an dem die Menschen ihr Leben ausrichten konnten; sie war eine ganz eigene Dimension und genauso real wie die Erde unter ihren Füßen. Aber so kompliziert die Zeit auch war, es war immer noch einfacher, darüber nachzudenken als über ihr eigenes Schicksal.
    Endlich zeigten die Ziffern an, dass fünf Minuten verstrichen waren. Sie klinkte den Sicherheitsgurt ein, machte sich ein letztes Mal mit den Anzeigen und Instrumenten vertraut und schob dann vorsichtig den Hebel auf »D«, bevor sie das Pedal drückte, das den Motor mit Treibstoff versorgte. Der Wagen rollte, ohne zu rucken, an.
    Sie beeilte sich nicht. Auf dem Parkplatz war niemand außer ihr, kein anderes fahrendes Auto und auch kein Fußgänger. Es waren überraschend viele Fahrzeuge hier abgestellt, aber andererseits hatten Gesetzeshüter nachts immer besonders viel zu tun.
    Sie erreichte die Ausfahrt und bog links ab. Während der Fahrt zum Laden blickte sie regelmäßig in den Rückspiegel, um zu kontrollieren, ob ihr möglicherweise ein Wagen folgte, aber über die gesamten drei Blocks hinweg war im wahrsten Sinn des Wortes kein Mensch zu sehen.
    Sobald sie auf den Parkplatz des Lebensmittelladens bog, sah sie Knox in ihrem Mietwagen. Er nickte knapp, bog dann wieder auf die Straße, und sie folgte ihm beruhigt.
    Pekesville war nur eine Kleinstadt, die sich aber zwischen mehreren Bergkämmen durch eine Unzahl von Tälern erstreckte und dabei alle geographischen Einschnitte oder Höhenzüge nachzeichnete wie Wasser in einem See. Es war ein langgestreckter Ort mit nur zwei größeren Straßen und einem Geflecht von Nebenstraßen, die davon ab- oder darüber hinwegführten. Das wiederum bedeutete, dass an jeder Straßenecke eine Ampel stand und den Verkehr aufhielt, sodass sie fünfzehn Minuten brauchten, um sechs Kilometer weit zu kommen. Dann endlich hatten sie die Stadtgrenze hinter sich gelassen, und der Verkehr wurde schwächer. Die letzten Straßenlaternen verschwanden hinter ihnen, und die Straße wurde nur noch von ihren Scheinwerfern erhellt.
    Nikita konzentrierte sich angestrengt aufs Fahren und hielt konsequent die Geschwindigkeit, um einerseits nicht so dicht aufzufahren, dass es nicht mehr sicher gewesen wäre, und andererseits auch nicht so weit zurückzufallen, dass sie ihn aus dem Blick verlor. Genauso hatte sie ihr ganzes Leben gelebt: auf Sicherheit bedacht, innerhalb der vorgegebenen Grenzen bleibend und sich damit begnügend, sich auf anderen Gebieten auszudrücken, etwa bei der Arbeit, wo man ihr nicht nur erlaubte, ihr Leben zu riskieren, sondern das sogar von ihr erwartete.
    Nicht dass sie ihr Leben riskieren wollte, dachte sie in dumpfer Agonie. Sie wollte nur auch einmal einen Fehler machen dürfen, in der Öffentlichkeit schreien oder einmal die Beherrschung verlieren können, ohne dass sich sofort alle fragten, ob sie durch eine genetische Panne außer Kontrolle geraten war. Sie wollte Quatsch machen dürfen, und zwar einfach, weil ihr gerade danach war. Sie wollte nicht in ständiger Angst davor leben, was passieren könnte, falls sie jemandem zu nahe treten sollte.
    Vielleicht war es besser, ausgelöscht zu werden, als so weiterzuleben wie bisher. Vielleicht hatten die Rebellen ja Recht, vielleicht war es wirklich besser, ein kurzes, aber freies Leben zu führen, statt lange in einem selbst erschaffenen Gefängnis zu darben.
    Bis Knox vom Highway auf eine Nebenstraße bog, meinte sie, nicht mehr atmen zu können, so als wäre die Luft zu dick, um sie in ihre Lunge zu pressen. Sie kämpfte gegen das Ertrinken an, sie kämpfte seit ihrer Geburt gegen das Ertrinken an, und erst jetzt hatte sie das begriffen.
    Bist du ein Roboter?
    Also ja, offensichtlich bin ich einer. Danke, dass du mir das vor Augen geführt hast.
    Knox’ Heckleuchten glühten direkt vor ihr auf, und sie trat zitternd auf die Bremse. Knox war langsamer geworden, sie hatte nicht aufgepasst, und jetzt wäre sie um ein Haar auf den Mietwagen aufgefahren. Verflucht noch mal, warum hatte er das gesagt? Und warum musste er so aufmerksam und neugierig sein?
    Er bremste noch einmal, wurde noch langsamer und bog dann links ab in eine lange, auf einen kleinen Hügel führende

Weitere Kostenlose Bücher