Mitternachtspicknick
ließ sich nicht beirren. »Man würde uns sowieso auslachen, wenn wir damit zur Polizei gingen«, fuhr er fort. »Bei der Gelegenheit ...« Er wandte sich an Pat. »Was, um alles in der Welt, wolltest du eigentlich auf dem Krähenhof? Wieso hast du dort unter dem Fenster gestanden?«
Alle schauten Pat an. Ja, Tom hatte recht. Sie selber waren noch gar nicht auf den Gedanken gekommen, sich zu wundern.
Pat lächelte herausfordernd. »Ich wollte den Hund befreien«, erklärte sie schlicht.
Diane seufzte erschrocken. »Den Hund befreien? Aber, Pat, wenn man dich erwischt hätte?«
»Man hat mich nicht erwischt.«
»Hast du ihn denn ...?«, erkundigte sich Chris vorsichtig. Er war, wie die anderen auch, ein wenig erschrocken über Pats Skrupellosigkeit.
»Nein, ich habe ihn nicht befreit«, entgegnete sie. »Ich konnte nicht. Das wollte ich euch nämlich gerade noch erzählen. Ratet, wer mir, als ich mich dort an der Hauswand entlangtastete, entgegengeschlichen kam und mit mir zusammenstieß?«
»Wer?«, fragte Diane entsetzt. Ihr lief ein Schauer über den Rücken, so schrecklich fand sie allein die Vorstellung. Ihr selbst wäre es kaum in den Sinn gekommen, überhaupt irgendwo herumzuschleichen, das gehörte zu den Dingen, die typisch waren für Pat, aber wie furchtbar musste es sein, dann auch noch mit jemandem zusammenzustoßen!
»Unsere liebe Frau Jung«, sagte Pat triumphierend.
Vor Überraschung blieben sie eine Weile stumm.
»Wer?«, fragte Angie schließlich ungläubig.
»Frau Jung. Geduckt wie ein Indianer schlich sie an der Hauswand entlang. Es brachte sie völlig aus der Fassung, dass sie mir begegnete.«
»Ja, aber was wollte Sie da?«, fragte Chris in tiefem Staunen.
»Sie gab mir keine Erklärung, sondern schleppte mich nur schnurstracks nach Hause. Allerdings ...« Pat mochte Frau Jung nicht, aber es widerstrebte ihr, nur die schlechten Seiten eines Menschen zu betonen und die guten unter den Teppich zu kehren, »allerdings war sie bereit, mich nicht zu verpetzen. Sie wusste, dass ich mit Fairytale allein ausgeritten war, wollte aber nichts sagen!«
»Natürlich nicht«, rief Angie, »denn ihr war selber daran gelegen, die Sache nicht an die große Glocke zu hängen. Hätte sie dich verpetzt, dann hätte sie auch erklären müssen, was sie auf dem Krähenhof zu suchen hatte. Und das wäre wahrscheinlich ziemlich unangenehm für sie gewesen.«
»Meinst du, sie ist diejenige ...« Diane konnte es nicht glauben.
Tom, der merkte, wie blass sie geworden war, lächelte ihr beschwichtigend zu. »Wir wissen doch nichts«, sagte er, »Wir überlegen nur ein bisschen. Wir können jedenfalls so nicht zur Polizei gehen. Wahrscheinlich lachen die uns aus und erzählen noch alles unseren Eltern. Meine wären sehr verärgert.«
»Meine auch«, fügte Chris hinzu. Er starrte in die blauen Wellen, die als weißer Schaum über den Sand flössen und sich willig wieder zurückzogen. »Was machen wir also nun?«
»Wieso - was machen wir?«, fragte Diane erschrocken. »Wir haben damit nichts zu tun. Da ist alles Sache der Polizei!«
»Du kannst ja die Augen davor schließen, du Baby«, sagte Angie etwas verächtlich. »Aber ich denke nicht daran, der Polizei das Feld zu überlassen. Nach allem, was wir bereits herausgefunden haben ...«
»Also, was tun wir als Nächstes?«, fragte Pat eifrig.
Chris antwortete prompt: »Beschatten. Frau Jung darf keinen Schritt mehr tun, den wir nicht beobachten. Und den Krähenhof sollten wir auch im Auge behalten.«
»Müssen wir gleich anfangen mit dem Beschatten?«, fragte Angie. Ein wenig sehnsüchtig blickte sie auf das Meer.
Tom, der ihrem Blick gefolgt war, lachte. »Um drei Uhr ist theoretischer Unterricht, nicht wahr? Nun, danach ist auch noch Zeit. Was haltet ihr davon, wenn wir jetzt erst einmal schwimmen gehen?«
Die anderen begrüßten diesen Vorschlag mit Begeisterung. Schon rannten sie über den Strand. Das Wasser umspülte kühl ihre nackten Füße. Der geheimnisvolle Krähenhof war erst einmal vergessen.
Für den nächsten Tag war ein Strandritt mit anschließendem Picknick geplant. Die Anfänger sollten unter Simones Führung an dem Ritt teilnehmen, während die Fortgeschrittenen die Picknickkörbe zum vereinbarten Treffpunkt bringen und dort auf die anderen warten wollten. In der darauf folgenden Woche würden Reiter und Träger dann tauschen.
Pat und Angie hatten am vergangenen Nachmittag die Beschattung von Frau Jung übernommen, aber sie konnten
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