Mitternachtsschatten
auch in einer ungewissen Zukunft, denn eines Tages würde Ted herausfinden, was wirklich geschehen war.
„Die Sonne geht unter, Schatz.“ Ted nahm ihre Hand. Brenda glitt vom Klavier hinunter und warf sich in seine Arme. „Und ich will mit dir alleine sein.“
„Mein Süßer, du bist immer alleine mit mir“, antwortete sie mit einem Lachen.
„Lass mir doch meinen Spaß. Ich will mit dir aufs Dach steigen und im Mondlicht tanzen.“
„Wir haben keine Musik.“
„Dann werde ich dir etwas vorsingen.“
„Du bist völlig unmusikalisch“, sagte sie zärtlich. „Ich werde singen. Und du darfst führen.“
Doch dann erblickte sie Jilly und Roofus, die in der gewölbten Eingangstür zum Wohnzimmer standen. Sie zögerte einen Moment. „Bist du sicher, dass du das nicht lieber sehen willst?“
„Wir haben bereits genug gesehen, Liebling. Gönne ihnen doch ein wenig Privatsphäre. Außerdem wette ich mit dir, dass sie ihn die nächsten Tage nicht mal auf Armeslänge in ihre Nähe lassen wird.“
„Falsch“, sagte sie. „Bis Mitternacht werden die beiden miteinander im Bett landen. Spätestens bei Tagesanbruch.“
„Bist du verrückt? Du hast doch gesehen, wie sie letzte Nacht reagiert hat.“
„Ich kenne meine Geschlechtsgenossinnen.“
„Das stimmt wohl“, murrte er.
Sie sah ihn neckend an. „Sie wird nicht in der Lage sein, ihm zu widerstehen. Und wenn sich das alles noch vor Mitternacht abspielt, könnten wir es uns vielleicht doch ansehen.“
„Benimm dich, Darling!“ rief Ted.
„Tu doch nicht so prüde. Seit fünfzig Jahren beobachten wir Menschen beim Sex. Zur Abwechslung könnte es mal Spaß machen zuzusehen, wenn Liebe im Spiel ist.“
„Du glaubst wirklich, die beiden lieben sich? Mein Herz, du bist so naiv!“
„Nein, Schatz. Ich habe Recht. Nenn es weibliche Intuition.“
„Sie hassen sich.“
„Das ist immer ein deutliches Zeichen.“
„Du hast zu viele Kitschfilme gedreht, meine Liebe. Wenn zwei Menschen sich hassen, bedeutete das üblicherweise nur, dass sie sich hassen.“
„Du wirst schon sehen“, sagte sie mit einem süffisanten Lächeln. „Und jetzt lass uns tanzen.“
Er zog ihre Hand an seine Lippen und küsste sie.
16. KAPITEL
D as Wohnzimmer wirkte wie eine riesige Höhle voller Licht und Schatten. Jilly sah, dass Coltrane auf dem Sofa ausgestreckt dalag, genau so, wie sie ihn letzte Nacht verlassen hatte. Aber dieses Mal war er wenigstens völlig angezogen. Leider hatte er sie bereits entdeckt, sonst hätte sie kehrtgemacht. Jetzt war sie zwischen dem Gefühl von Stolz und Panik hin und her gerissen.
Roofus kannte solche Qualen nicht. Er raste durch das Zimmer, seine Krallen klackten auf dem Parkettboden, kam schlitternd vor dem Sofa zum Stehen und begrüßte Coltrane wie ein Verhungernder eine reichlich gedeckte Tafel.
„Jilly!“ Dean tauchte hinter ihr auf, in einen makellosen weißen Leinenanzug gekleidet. Er sah sie an und rümpfte die Nase. „Du wirst dich natürlich vor dem Essen noch umziehen.“ Es war eine Feststellung, keine Frage.
„Ich werde zum Essen nicht hier sein“, log sie instinktiv. „Ich habe schon etwas vor.“
„Das geht nicht!“ rief Dean. Wenn er einen so verzweifelten Ton anschlug, konnte sie ihm nichts abschlagen, das wusste er. „Ich habe so viel Mühe hineingesteckt, damit alles perfekt ist. Wenn du nicht in aller Herrgottsfrühe abgehauen wärst, hätte ich dir auch viel früher Bescheid gesagt. An dein Handy bist du ja auch nicht gegangen. Also wirklich, Jilly, das ist absolut rücksichtslos von dir. Ich musste dich unbedingt sprechen. Was, wenn eines Tages ein Notfall passiert?“
Jilly wurde sofort weich. „Ich wollte dich nicht beunruhigen.“
„Ich war nicht beunruhigt. Ich weiß, dass du sehr gut auf dich selbst aufpassen kannst. Aber ich habe mir sehr viel Mühe mit unserer kleinen Dinnerparty gegeben, du kannst jetzt nicht absagen!“
Sie blickte durch den Raum hindurch Coltrane an, der Roofus’ Kopf kratzte, als interessiere ihn das Gespräch überhaupt nicht. Doch er konnte sie nicht täuschen. Zweifellos nahm er jedes einzelne Wort in sich auf, die Schlange.
„Was für eine Dinnerparty?“ fragte sie müde.
„Oh, nur die Familie. Und Coltrane, natürlich, nachdem er ja jetzt ein Teil unseres glücklichen Haushaltes ist. Ganz zwanglos und entspannt. Emilio wird sich um das Essen kümmern, das macht es einfacher.“
„Fein“, sagte sie kurz angebunden.
„Ich werde natürlich dir die
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