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Mitternachtsschatten

Mitternachtsschatten

Titel: Mitternachtsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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hatte keine Vorstellung davon, wie jung er wohl gewesen sein mochte, als er hier gewohnt hatte, wahrscheinlich aber nicht älter als zwei oder drei Jahre. Er konnte sich nicht erinnern, dass seine Mutter schwanger gewesen war, und Rachel-Ann war nur ein paar Jahre jünger als er. Aber womöglich war ihm der runde Bauch seiner Mutter auch nur nicht aufgefallen.
    Coltrane ging den Kiesweg hinab, an den riesigen Palmen und dem wuchernden Gestrüpp vorbei. Es war wirklich eigenartig, in Los Angeles eine so wild wachsende Vegetation zu finden, wo es doch mehr als genug preiswerte Gärtner in dieser Stadt gab. Doch dann fiel ihm ein, dass ja ausschließlich Jilly die Rechnungen bezahlte und sie niemals das Gelände rund um die Terrasse betrat. Es gab irgendetwas auf diesem Grundstück, das ihr Angst machte. Er erinnerte sich an ihre Reaktion, als er sie auf den Pool angesprochen hatte. Etwas in dem Becken hatte sie so verängstigt, dass sie den Bereich rundherum völlig verwildern ließ, damit der Blick darauf versperrt war. Und das in einem Land, in dem das Klima geradezu nach einem Pool schrie! Was flößte ihr solche Angst ein?
    Er fand ihn ganz schnell. Zwar war der Weg dahin völlig zugewachsen, doch der Geruch nach verrotteten Algen lag in der Luft und wies ihm den Weg. Schon bevor er den Pool erreichte, konnte er das Dach des Badehäuschens sehen. Das Becken war überraschend klein, nur halb gefüllt mit dunklem Wasser. Die Fliesen rund um das Becken waren zerbrochen und verblasst, zwischen ihnen wuchs Unkraut hervor. Das Sprungbrett war offenbar schon lange abmontiert und die Leiter, die in das Becken führte, war verrostet, eine Sprosse fehlte. Dieser Ort war völlig heruntergekommen und deprimierend. Kein Wunder, dass Jilly sich fern hielt, vielmehr, dass die ganze Familie den Pool mied.
    Er trat noch einen Schritt näher und starrte in die düstere Tiefe. Auch wenn das Wasser nur etwa einen Meter tief war, konnte er den Grund nicht sehen, was vermutlich auch besser war. So wie es hier roch, mochte es da unten verfaulendes Leben geben. Ein Schauder lief ihm den Rücken hinunter. Er überlegte sich, als Abschiedsgeschenk einen Bulldozer zu bestellen, damit das Becken zugeschüttet wurde. Das war das Mindeste, das er für Jilly tun konnte, nachdem er ihre Familie zerstört hatte.
    Wind kam auf und wirbelte Staub auf und ihm ins Gesicht. Coltrane zog eine Grimasse. Er konnte es kaum erwarten, diese Stadt zu verlassen. Eigentlich hatte er nichts gegen einen schönen, kräftigen Sturm einzuwenden, aber der Wind in Los Angeles machte ihn fast wahnsinnig.
    Er konnte sehen, dass noch einige wenige Lichter im La Casa brannten, und er knipste sie aus, als er ins Haus ging. Jetzt war alles in dämmrige Schatten getaucht. Das passte sehr gut zu seiner Stimmung. Sehr langsam und leise stieg er die Treppe hoch. Zwar glaubte er kaum, dass Jilly aufwachen würde, aber er wollte es keinesfalls riskieren. Einmal hatte er sich zurückgehalten, aber es gab für alles eine Grenze. Zweimal konnte er nicht so edelmütig sein.
    Er blickte nicht einmal auf ihre Tür, als er vorbeilief, fest entschlossen, der Verlockung zu widerstehen. Nun, da er entschieden hatte, sie in Ruhe zu lassen, wollte er sie mehr denn je. So war eben die menschliche Natur. Je verbotener etwas war, desto mehr sehnte man sich danach.
    Das ließ ihn wieder an Meyer denken, und sein Magen krampfte sich vor Ekel zusammen. Meyer wollte Rachel-Ann, seine eigene Tochter, und nicht als Gastgeberin und Gesellschafterin, wie er behauptet hatte.
    Und er, Coltrane, wollte Jilly, auch wenn er wusste, dass seine Berührungen Gefahr für sie bedeuteten.
    Meyer hatte Recht, sie waren sich viel zu ähnlich. Grausam, unmoralisch und nur auf sich selbst bedacht. Da machte es auch keinen Unterschied, dass er für Wahrheit und Gerechtigkeit kämpfte, während Meyer nur auf Geld und Macht aus war. Trotzdem teilten sie die gleiche gnadenlose Art, zu erreichen, was sie wollten. Vor wenigen Stunden hatte er in Meyers Augen geblickt und sich selbst darin erkannt.
    Er musste so schnell wie möglich das La Casa und Los Angeles verlassen, solange in ihm noch eine letzte Spur von Anstand zu finden war. Noch wusste er nicht, wohin er gehen sollte, Hauptsache, weg hier. Er musste nur noch schnell die Geschichte mit Meyer abschließen, sonst würde Rachel-Ann niemals sicher sein.
    Jetzt ging es nicht mehr um Gerechtigkeit oder Rache. Es war viel einfacher. Seine Ankunft in L.A. hatte viel zu

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