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Mitternachtsschatten

Mitternachtsschatten

Titel: Mitternachtsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Es ist etwas anderes, etwas, das lange her ist, etwas Hässliches und Grausames. Ich weiß nicht, was es ist, ich will es auch gar nicht wissen.“
    „Schon gut“, sagte er gleichmütig. „Vielleicht bin ich kein Abschaum, aber ich weiß, wozu Ihr Vater fähig ist, und arbeite trotzdem für ihn. Als was würden Sie mich also bezeichnen?“
    „Als eine Schlange“, antwortete sie, ohne zu zögern. „Doch Sie sind noch nicht ganz verloren. Hören Sie, ich kann ihn einfach nicht gewinnen lassen. Ich will nicht, dass er Rachel-Ann weiterhin verletzt. Ich weiß nicht, was er ihr über die Jahre angetan hat, aber so, wie er sie berührt, wie er sie ansieht, kann das, was er empfindet, nur krankhaft sein.“
    „Glauben Sie, dass er Sie vergewaltigt hat?“ Es war erstaunlich, wie normal, fast sachlich, er diese Worte aussprach.
    „Ich weiß es nicht. Vielleicht nicht. Doch selbst wenn es kein körperlicher Inzest war, dann seelischer, und das über Jahre hinweg. Sie muss sich von ihm befreien!“
    „Aber ist das nicht ihr Problem? Sie verbringen Ihr Leben damit, anderen zu helfen. Sie glauben sogar, dass ich noch gerettet werden kann, doch glauben Sie mir, das ist nicht mehr möglich. Und was ist mit Ihnen?“
    „Mit mir?“ Sie lachte freudlos. „Ich glaube nicht, dass ich perfekt bin, keine Angst. Ich weiß sehr genau, was für eine kaputte, co-abhängige Person ich bin. Ich bin dickköpfig, fälle Urteile, mische mich ein, habe vor allem und jedem Angst, ich bin zurückhaltend, launisch …“
    „Was für schreckliche Verbrechen!“ sagte er sanft.
    „Behaupten Sie jetzt nicht das Gegenteil. Das meiste davon haben Sie mir selbst vorgeworfen.“
    „Ich habe nie behauptet, Sie seien zurückhaltend.“
    Das hätte er nicht sagen sollen. Nicht jetzt, wo sie auf seinem Bett saß und sie alleine in dem alten Haus waren. Sie zögerte, und er fragte sich, ob sie es womöglich einfach ignorieren würde. „Stimmt“, sagte sie endlich. „Das hat mein Mann immer behauptet. Aber das ist eine andere Geschichte. Wir versuchen hier doch, Rachel-Ann zu retten.“
    „Sie versuchen, Rachel-Ann zu retten, Jilly. Ich hingegen will so schnell wie möglich hier weg.“
    „Und sind bereit, sie ihm auszuliefern? Einfach dabei zuzusehen?“ fragte sie ungläubig.
    Ihr Weitblick überraschte ihn. „Wie kommen Sie darauf, dass ich ihm Rachel-Ann ausliefere?“
    „Aber das tun Sie doch, wenn Sie einfach gehen. Sie braucht unsere Hilfe, Coltrane! Ich dachte, sie bedeutet Ihnen etwas.“
    „Er wird sie nicht bekommen. Hören Sie endlich auf, so melodramatisch zu sein, das passt gar nicht zu Ihnen. Und wie kommen Sie darauf, dass sie mir etwas bedeutet?“
    „Keine Ahnung, Instinkt, schätze ich. Lieben Sie sie?“
    „Verdammt, Jillian!“ explodierte er. „In was für einer Traumwelt leben Sie eigentlich? Sehe ich aus wie jemand, der rumläuft und unter unerwiderter Liebe leidet? Sehe ich aus wie jemand, der eine heimliche Leidenschaft pflegt?“
    Sie grinste ein wenig schief. „Nein, eigentlich nicht. Es ist ziemlich deutlich, dass niemand in diesem Haus Ihnen irgendetwas bedeutet.“
    „Ihnen hingegen bedeuten alle zu viel.“
    „Vielleicht“, antwortete sie leise.
    „Und vielleicht sollten Sie endlich anfangen, etwas von dieser Energie in Ihr eigenes Leben zu stecken. Haben Sie schon jemals etwas getan, das nur für Sie selbst war und nicht für diese verdammte Familie oder diese alte Ruine?“
    „Selbstverständlich.“
    „Was denn zum Beispiel? Sagen Sie es mir. Oder noch besser: Beweisen Sie es. Sagen Sie mir etwas, das sie wirklich wollen, irgendetwas Egoistisches, Dummes, etwas, das ganz schlecht für sie ist. Etwas, worüber sich jeder aufregen wird, worüber die Leute sagen werden: ‚Sie ist genauso schlecht wie der Rest ihrer Familie.‘ Los, trauen Sie sich. Nennen Sie etwas so Schreckliches wie einen Riesenbecher Eiscreme mit Schokoladensoße. Was wollen Sie, Jilly?“
    Sie sah ihn mit ihren klaren braunen Augen an. „Dich“, antwortete sie.

21. KAPITEL
    C oltrane starrte sie an, als wären ihr mit einem Mal zwei Köpfe gewachsen. Jilly konnte ihm das nicht übel nehmen; wenn sie einen Spiegel zur Hand hätte, würde sie gewiss hineinschauen, um zu überprüfen, dass dem nicht so war. Dieses Wort war doch sicher nicht aus ihrem Mund gekommen.
    Nach einer Weile hatte er sich von dem Schock erholt. „Sie müssen dir doch stärkere Schmerzmittel gegeben haben, als ich dachte“, sagte er gedehnt.
    „Sie

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