Mitternachtsspiele: Ein erotisches Rendezvous / 100 Wünsche hast du frei (German Edition)
leugnen. Sie war so warmherzig und aufmerksam wie Mallorys Mutter es nie gewesen war. Natürlich musste eine reifere Frau, die im Gegensatz zu Mallorys Mutter großen Wert auf Vertrauen und Verständnis legte, Mallorys Zuneigung hervorrufen.
Alicia tätschelte ihr die Hand und verabschiedete sich. Erst da wurde Mallory bewusst, dass sie eine günstige Gelegenheit vertan hatte, die Frau ihres Mandanten auszuhorchen.
Dafür hatte sie eine mütterliche Gesprächspartnerin gehabt und wieder etwas mehr über die Liebe gelernt.
Jack rieb sich die Augen und holte tief Luft. Nach wie vor herrschte zu Hause Ausnahmezustand, aber es war ihm wenigstens gelungen, seinen Vater zu beruhigen und ihn zu überzeugen, dass es besser war, wenn Jack am Steuer säße, um sie beide zu Jacks Schwester nach Connecticut zu bringen. Damit seine Mutter ein leeres Nest vorfand, wenn sie mit ihrem neusten Freund nach Hause kam, um ihre Sachen abzuholen.
Er lehnte den Kopf gegen die Nackenstütze, während er in einem Mietauto zurück zu Leathermans Ferienanlage fuhr.
Die Ehe seiner Eltern gehörte genau in jene Kategorie, die erMallory neulich beschrieben hatte. Es handelte sich nur noch um zwei Menschen, die aus Bequemlichkeit zusammenblieben. Sein Vater fand es unvorstellbar, nicht mehr mit der Frau verheiratet zu sein, die er einmal geliebt hatte. Dabei schien es Jack ausgeschlossen, dass von solchen Gefühlen überhaupt noch etwas übrig war. Sein Vater war einfach nicht Manns genug aufzubegehren. Und seine Mutter fand es überaus bequem, sich durch die verschiedensten Betten schlafen zu können, ohne auf ihre finanziellen Vorteile als verheiratete Frau verzichten zu müssen.
So war er aufgewachsen. In einem Haus, in dem zwei Menschen mehr oder weniger friedlich nebeneinanderher lebten, war er viel zu früh erwachsen geworden und ein Zyniker obendrein. Nach allem, was er in seiner Kindheit und später im Beruf erlebt hatte, war es ihm unmöglich, Dinge wie Ehe oder auch nur einfache Liebesbeziehungen mit Mallorys Optimismus zu betrachten. Mochte sie sich ruhig so etwas wünschen. Es gefiel ihm ja sogar an ihr, dass sie solchen rosaroten Träumen nachhing.
Allerdings war abzusehen, dass früher oder später ein Typ in ihrem Leben aufkreuzen würde, der sie von diesen romantischen Hirngespinsten kurierte. Jack konnte nur hoffen, dass es anders kam und dieser Typ sie doch nicht dadurch enttäuschte, dass er ihre Illusionen zerstörte.
Und er hoffte inständig, dass nicht er dieser Mistkerl sein würde.
Natürlich mahnte ihn sein Verstand, geradewegs in sein Hotelzimmer zu gehen, um noch ein wenig Schlaf zu bekommen. Doch als er schließlich vor dem Nobelhotel hielt, wusste er, dass er heute Nacht nicht allein schlafen würde.
Er griff in die Tasche und zog das schwarze Seidentuch hervor, das Mallory ihm gegeben hatte. Es erinnerte ihn daran, was ihnerwartete, nun, da er den Albtraum mit seiner Familie hinter sich gebracht hatte.
Mallory hatte kaum Fragen gestellt, nur mit ruhiger, verständnisvoller Stimme erklärt, dass sie auf ihn warten würde. Und er, Jack, der Mann, der von Vertrauen nichts hielt, vertraute darauf, dass sie ihr Wort halten würde. Hatte er denn eine Wahl? Er kam fast um vor Sehnsucht. Es war nicht einfach das übliche sexuelle Verlangen, was da in ihm brannte, sondern die alles verzehrende Sehnsucht nach einer bestimmten Frau.
Nach ihr.
Wenn er daran dachte, was er gerade erst wieder zu Hause erlebt hatte, hätte ihn diese Erkenntnis zutiefst verstören müssen. Das lag bestimmt daran, dass er ja genau wusste, seine Affäre mit ihr würde nicht von Dauer sein. Und Mallory wusste das so gut wie er.
Warum also fiel es ihm zunehmend schwerer, an jene selbst gefassten Grundsätze zu glauben, die ihm seit Jahren das Leben erleichtert hatten?
Er gab das Auto ab, betrat die ruhige Hotelhalle, ging an den geschlossenen Läden und der gelangweilten Rezeptionistin vorbei zum Fahrstuhl und drückte den Knopf für die fünfte Etage. Alles schien ihm im Zeitlupentempo zu geschehen. Viel zu lange dauerte es, bis die Fahrstuhltüren sich endlich mit geradezu provokativer Gemächlichkeit schlossen, und noch viel länger dehnte sich die Zeit, bis der Fahrstuhl in der fünften Etage ankam und die Türen sich ebenso quälend langsam wieder auseinander schoben.
Jack hob die Hand und stellte fest, dass sie zitterte. Er war total aufgeregt, und zwar nicht, weil er sich nicht sicher war, ob Mallory tatsächlich auf ihn wartete,
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