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Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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wähnten sich allmächtig, und die Kapitulation hatte daran wenig geändert. Eine Südstaatenfamilie konnte kurz vor dem Verhungern sein, trotzdem würde sie einem Gast Sandwiches zum Tee anbieten, selbst wenn er aus dem feindlichen Lager stammte.
    Reverend Cogdell wandte sich an seine Frau. »Bitte, setz dich doch, meine Liebe. Vielleicht kannst du uns helfen. Mr. Cain steckt in einem fürchterlichen Dilemma.«
    Sie kam der Bitte ihres Mannes nach und ließ sich von ihm Cains Verwandtschaft mit Rosemary Weston darlegen. Dabei erfuhr sie auch, dass er die Vormundschaft für Kit loswerden wollte. Als der Reverend geendet hatte, schüttelte Mary bedauernd den Kopf.
    »Tut mir leid, aber was Sie da vorhaben, lässt sich nicht umsetzen, Mr. Cain. Es gibt eine ganze Reihe von Familien, die Katharine Louise während der prägenden Jahre gern bei sich aufgenommen hätten. Aber heute? Nein, da ist nichts mehr zu machen. Meine Güte, das Mädchen ist achtzehn Jahre alt.«
    »Das ist doch kein Alter«, versetzte Cain trocken.
    »In South Carolina sind die Verhaltensnormen anders
als im Norden«, wies sie ihn milde zurecht. »Töchter aus angesehenen Familien werden von Geburt an auf ihre gesellschaftliche Rolle als Frau vorbereitet. Aber Katharine Louise hatte nie den Ehrgeiz, sich diesen Traditionen zu beugen, stattdessen machte sie sich darüber lustig. Die Familien in unserer Gemeinde haben verständlicherweise Bedenken, dass Katharine einen schlechten Einfluss auf ihre eigenen Töchter ausüben könnte.«
    Cain verspürte einen Anflug von Mitgefühl für Kit. Es war bestimmt kein Zuckerschlecken gewesen, mit einer verhassten Stiefmutter aufzuwachsen, einem verantwortungsscheuen Vater und einer Gemeinde, von der das Mädchen rundweg abgelehnt wurde. »Gibt es denn hier keine Familie, die das Mädchen so mag, wie es ist?«
    Marys kleine Hände wiegelten beschwichtigend ab. »Bitte, Mr. Cain, verstehen Sie mich nicht falsch. Wir alle mögen sie sehr. Katharine Louise ist ein fürsorgliches, warmherziges Geschöpf. Mit ihrem Jagdgeschick hat sie dafür gesorgt, dass unsere ärmsten Familien Fleisch auf den Teller bekamen. Außerdem ist sie überaus humorvoll. Das ändert aber leider nichts an der Tatsache, dass ihr Benehmen für eine junge Frau indiskutabel ist.«
    Als erfahrener Pokerspieler wusste Cain, wann er sich geschlagen geben musste. Willard Ritter hatte ihm Empfehlungsschreiben an vier Familien in Rutherford mitgegeben, die sein Anliegen allesamt abgeschmettert hatten. Nachdem er den letzten Bissen des klebrig-süßen Sandwiches verdrückt hatte, zog er unverrichteter Dinge wieder ab.
    Bei dem Rückritt nach Risen Glory – in einem Leihstall in Charleston hatte er eine klapperdürre Stute bekommen  – ließ er die unangenehme Wahrheit auf sich wirken. Ob er wollte oder nicht, er war mit Kit geschlagen.
    Das Wohnhaus kam in Sicht. Das gefällige, zweistöckige
Gebäude aus weiß verputztem Ziegelmauerwerk lag am Ende einer weit geschwungenen, von Unkraut überwucherten Zufahrt. Inzwischen war die Farbe zu einem warmen Cremeton verwittert und der Mörtel unter dem abblätternden Verputz an vielen Stellen sichtbar. Die Läden hingen schief in den Angeln. Und trotzdem war das Haus beeindruckend mit seinen alten, moosbewachsenen Eichen, deren Kronen dem Schindeldach Schatten spendeten. Azaleen, Stechwinden und Farne sprossen aus verunkrauteten Beeten, Magnolien verstreuten ihre wachsartigen Blütenblätter im kniehohen Gras des Vorgartens.
    Nicht nur das Wohnhaus nahm Cain für sich ein. Seit seiner Ankunft vor zwei Tagen inspizierte er nachmittags die Ruinen der abgebrannten Wirtschaftsgebäude, defektes Gerät und rostiges Werkzeug. Befühlte auf den verlassenen Feldern die fruchtbare Erde, die wie angewärmte Seide durch seine Finger floss. Und er ertappte sich immer häufiger bei dem Gedanken, dass ihn New York zunehmend anödete.
    Cain wandte sich auf seinem Pferd zu Eli, einem gichtgekrümmten Alten. Der ehemalige Sklave hatte bei seinem Eintreffen mit einer entsicherten Flinte vor seiner Nase herumgefuchtelt.
    »Keinen Schritt weiter«, hatte er gebrüllt. »Miz Kit hat gesagt, ich soll jeden erschießen, der den Fuß auf Risen Glory setzt.«
    »Miss Kit gehört der Hosenboden strammgezogen«, hatte Cain erwidert, dabei aber geflissentlich unerwähnt gelassen, dass er dies bereits in Eigenregie übernommen hatte.
    »Da haben Sie nicht Unrecht. Trotzdem, wenn Sie weiterreiten, muss ich Sie umlegen.«
    Cain

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