Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)
Kit? Er ist ein ausgemachter Langweiler.«
»Sieht Ihnen wieder mal ähnlich, dass Sie ihn beleidigen
müssen. Sie waren den ganzen Abend über so unhöflich zu ihm.«
»Du dagegen warst die Höflichkeit in Person gegenüber Mrs. Gamble.«
Kit hatte keine Lust, über Veronica Gamble zu sprechen. Die Frau irritierte sie, zumal sie sich zu ihr hingezogen fühlte, sie aber irgendwie auch nicht mochte. Veronica war weit gereist, hatte viel gelesen und faszinierende Menschen kennen gelernt. Kit hätte stundenlang mit ihr plaudern können.
Bei Cain ging es ihr ähnlich.
Sie spielte mit einer der Kirschen. »Ich kenne Mr. Parsell seit meiner Kindheit. Er ist ein guter Mensch.«
»Zu gut für dich. Und das meine ich als Kompliment, also fahr die Krallen ein.«
»Ist wohl wieder eins von diesen komischen Yankee-Komplimenten.«
Er stieß sich vom Türrahmen ab. Abrupt hatte sie ein unangenehmes Engegefühl in der Kehle. »Meinst du, er würde dich im Herrensitz und in Reithosen reiten lassen? Oder dulden, dass du im Wald herumstromerst? Auf dem Sofa Sophronias Kopf in den Schoß nimmst oder mit Samuel Murmeln spielst? Und mit jedem Mann flirtest, der dir gefällt?«
»Wenn ich Brandon heirate, flirte ich mit niemandem mehr.«
»Das Flirten ist für dich etwas ganz Selbstverständliches, Kit. Ich hab mir sagen lassen, dass die Mädchen aus dem Süden diesen Impuls schon mit der Muttermilch aufnehmen, und du machst da anscheinend keine Ausnahme.«
»Danke für das Kompliment.«
»Das war kein Kompliment. Du solltest dir einen anderen Mann suchen.«
»Vergessen Sie’s. Außerdem hab ich Sie nicht um Ihren Rat gebeten.«
»Das nicht, aber dein Zukünftiger wird sich meine Einwilligung holen müssen – ich meine, sofern du das Geld aus dem Fonds haben möchtest.«
Kit stockte fast das Herz. Cains entschlossene Miene machte ihr Angst. »Das ist doch eine reine Formsache. Ich suche mir jemanden aus, und Sie geben Ihre Einwilligung.«
»Und wenn nicht?«
Die Pastete lag ihr wie ein Stein im Magen. »Machen Sie keine Witze. Wenn Brandon Parsell um meine Hand anhält, sagen Sie gefälligst Ja.«
»Und wenn ich der Ansicht bin, dass du einen großen Fehler machst? Immerhin trage ich als dein Vormund Verantwortung.«
Sie schnellte vom Stuhl hoch. »Sieh einer an. Heute Abend, in meinem Zimmer, haben Sie sich auch nicht um diese Verantwortung geschert, als Sie… als Sie mich angefasst haben, oder?«
Ihre Worte trafen ihn wie ein Stromschlag.
Er blickte zu Boden und schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, das hab ich dummerweise nicht.«
Das erotisierende Gefühl seiner Hände auf ihren Brüsten war noch taufrisch. Mist, warum hatte sie das Thema überhaupt angeschnitten? Sie wandte sich ab. »Was Brandon angeht, habe ich mich entschieden.«
»Du bist ihm gleichgültig. Er mag dich nicht einmal besonders.«
»Sie irren sich.«
»Er begehrt dich, aber er akzeptiert dich nicht. Und Bargeld ist rar im Süden. Er interessiert sich in erster Linie für dein Vermögen.«
»Das ist nicht wahr.« Obwohl sie wusste, dass Cain
Recht hatte, stritt sie es vehement ab. Er durfte ihr die Heirat nicht verwehren.
»Es wäre der größte Fehler deines Lebens, wenn du diesen erzkonservativen Idioten heiratest«, seufzte er schließlich. »Und das lasse ich nicht zu.«
»Halten Sie sich da gefälligst raus!«
Seine unerbittliche Miene signalisierte, dass Risen Glory ihr zunehmend entglitt. Schlagartig stellte sich die nervenzermürbende Panik wieder ein. Ihr Plan – ihre Träume. Aus, vorbei. Nein, das durfte er nicht tun. »Sie müssen einwilligen. Sie haben keine Alternative.«
»Ich werde einen Teufel tun.«
Kits Stimme klang wie die einer Fremden. »Ich wollte es Ihnen eigentlich noch nicht sagen, aber …« Sie leckte sich über die trockenen Lippen. »Die Beziehung zwischen Mr. Parsell und mir ist weiter fortgeschritten… zu weit. Wir müssen heiraten.«
Eine unangenehme Pause trat ein. Sie beobachtete ihn verstohlen. Seine Gesichtszüge wurden hart und unnahbar. »Du hast ihm deine Unschuld geschenkt.«
Kit zwang sich zu einem knappen Nicken.
Cain dröhnte der Kopf. Er war mordswütend, in diesem Moment hasste er sie. Hasste sie, weil sie nicht so war, wie er geglaubt hatte – wild und unberührt. Unberührt für ihn.
Das hämische, fast verdrängte Lachen seiner Mutter klang ihm in den Ohren, als er die bedrückende Enge der Küche verließ und hinausstürmte.
12
Magnus kutschierte den Pferdewagen von der
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