Mitternachtsspuren - Mignani, L: Mitternachtsspuren
zu sehen. In ihrem Inneren wusste sie, er sprach die Wahrheit, hatte weder Brian noch Randy getötet.
„Hast du dich nie gefragt, wie du unsere Aufmerksamkeit erregt hast?“
Baodan fasste in die Innenseite seiner Jacke, erstarrte unter den fünf Klingen, die auf ihn zeigten. „Jungs, beruhigt euch. Die beiden Glatzköpfe haben mich gründlich gefilzt. Besitzt ihr so wenig Vertrauen in eure eigenen Sicherheitsmaßnahmen?“
„Leg die Handflächen auf den Tisch.“ Nosferat nickte Dàn zu. Der Lugus griff in die Jacke und hielt einen Chip zwischen den Fingern.
„Auf ihm sind Fotos von der Armanach sowie von ein paar Leichen, die wir aufgespürt haben, bevor jemand sie entdeckte.“
Dàn holte ein Notebook.
Morven rutschte auf dem Stuhl hin und her. Sowohl Lior als auch Kendrick legten ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. Dàn steckte den Chip nicht sofort in das Notebook, sondern in ein Gerät, das einem Palmtop ähnelte. Es leuchtete grün.
Baodan verdrehte die Augen.
„Alles in Ordnung.“ Dàn steckte den Chip in das Notebook.
Baodan suchte erneut ihren Blick. „Die Bilder der Getöteten sind schlimm. Vielleicht sollte Morven sie nicht sehen.“
Wenn es nach ihr ging, konnte er sich seine Besorgnis sonst wo hin stecken. Sie beherrschte die Kunst, eine neutrale Mimik zu bewahren, in keinster Weise.
„Ob du es mir glaubst oder nicht, Armanach. Es tut mir leid, was geschehen ist.“
Sie glaubte ihm nicht. Wenn sie ihn ansah, spürte sie die Bösartigkeit, die in ihm lauerte, körperlich und anhaltend.
Dàn sah auf den Bildschirm und warf ihr einen besorgten Blick zu.
Ehe sie es sich anders überlegte, nickte sie ihm zu.
Sobald sie erfasste, was sie sah, wünschte sie sich, sie könnte den Anblick sofort vergessen. Solche Bilder vergaß man nie. Sie blieben einem für die Ewigkeit. Morven starrte auf die junge Frau, die unglaublich gelitten hatte, bevor sie starb.
Nosferat biss die Zähne dermaßen hart aufeinander, dass sie dachte, sein Kiefer würde brechen.
„Selbst wir sind zu diesen Grausamkeiten nicht imstande.“
Diesmal glaubte sie Baodan. Kendrick hielt sie umschlungen, seine Stärke gab ihr die Kraft, nicht wegzusehen. Um diesen Feind zu besiegen, musste siewissen, wozu er fähig war.
Baodan klickte auf den nächsten Ordner. Sie sah eine Ansammlung von Fotos, die sie zeigten, als Kind, als Teenager, als Frau. Sie schluckte. Jemand hatte sie beobachtet, ein Leben lang.
„Der USB-Stick kam mit der Post. Keine Fingerabdrücke, keine DNA. Zusammen mit einem Tropfen Blut von dir. Nur dieser eine Tropfen ...“ Er redete nicht weiter, es war unnötig, der Glanz in seinen Augen verriet ihn.
Baodan stand auf, trat an Nosferat heran und reichte ihm die Hand.
„In dieser Angelegenheit sollten wir zusammenarbeiten.“
Nosferat beäugte die Hand, als wenn eine Schlange vor ihm aufragte. Dann packte er sie. Beide Männer zuckten zusammen, denn ein Schimmern besiegelte den Pakt. Sie wusste aus eigener Erfahrung, dass es schmerzte.
Nachdem Baodan den Raum verlassen hatte, sprach Kendrick aus, was sie dachte.
„Er verheimlicht uns etwas. Ich glaube mit dem USB-Stick hat es mehr auf sich, nicht mit den Bildern der Opfer, sondern mit Morvens.“
Sie lächelte traurig.
„Sie sehen aus wie Erinnerungsstücke in einem Album. Die Fotos, die liebende Eltern aufbewahren.“ Gegen den Kloß in ihrer Kehle war sie machtlos.
Kapitel 13
Kendrick zog Morven auf den Sitz neben sich und hielt sie fest. Für einen Moment kämpfte sie gegen ihn an, aber sie wusste, dass es sinnlos war, begnügte sich stattdessen mit einem zornigen Ausdruck. Er liebte es, wenn sie ihre Wut auf ihn richtete. Sexy. Er konnte nicht umhin sich vorzustellen, dass ihre Nippel sich gegen das Shirt drängten. Die dicke Jacke verhinderte die Sicht. Sie fror, gleichzeitig strömte sie eine sinnliche Hitze aus.
„Du fällst noch über Bord, wenn du so weitermachst. In ein paar Minuten erreichen wir das Festland.“
Nur ungern verließ er die schützende Insel. Sich auf Dauer zu verstecken bot keine Lösung, sie wollten April Wind aus der Deckung locken.
Morvens Cottage stand unter Bewachung.
„Ist es nötig, dass sie uns begleiten?“ Mit ‚sie‘ meinte sie die schwer bewaffneten Söldner.
Sie sind unheimlich
.
„Ist auch unsere Absicht.“ Gordon, der Captain der Lugus, raunte die Worte. Als Morven ihn anfunkelte, hob er die Hände. Kendrick kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass sie ihn amüsierte. Seine braunen
Weitere Kostenlose Bücher