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Mitternachtsstimmen

Mitternachtsstimmen

Titel: Mitternachtsstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Inneren auf diese Frau im Park reagiert, auch wenn sie
kaum ein Wort miteinander gewechselt hatten. Er kramte in
seiner Erinnerung, und da war der Name wieder.
Evans.
Caroline Evans.
Nachdem er ihr Bild heraufbeschworen hatte, fühlte er sich
plötzlich wohler, und sogar die riesigen Räume seiner
Wohnung wirkten nicht mehr ganz so leer. Rasch wusch er das
Frühstücksgeschirr ab, klaubte die einzelnen Seiten der
Sonntagsausgabe der Times zusammen, strich sie glatt und
faltete sie wieder ordentlich, dann verließ er die Wohnung.
»Wunderbarer Morgen, Mr. Fleming«, bemerkte Rodney, als
er aus dem Lift in die Halle trat.
»Da gebe ich Ihnen recht«, erwiderte Anthony und hielt kurz
inne, um Rodney die Zeitung zu reichen. »Werfen Sie die bitte
für mich in die Recyclingtonne?«
»Jawohl, Sir«, antwortete Rodney. »Und noch einen schönen
Vormittag.«
Zum ersten Mal seit Monaten spürte Anthony ein ehrliches
Lächeln über sein Gesicht huschen. »Wissen Sie was, ich
glaube, den werde ich haben!«
Von ihrem Fenster im siebten Stock aus beobachtete Rebecca
Mayhew wie Anthony Fleming das Haus verließ und wünschte,
sie könnte ihn begleiten.
    Aber das ging natürlich nicht; das wusste sie. Es ging ihr
immer noch nicht richtig gut, und Tante Alicia hatte ihr heute
Morgen gesagt, sie sollte im Bett bleiben. Doch sie hatte dem
herrlichen Sonnenlicht, das in ihr Zimmer schien, nicht
widerstehen können, war aus dem Bett gekrochen und hatte
sich in den Sessel am Fenster gesetzt. Sie verbrachte immer
mehr Zeit in diesem Sessel und schaute hinaus in den Park.
Während des Winters war das prima gewesen – durch die
kahlen Bäume hatte sie alles sehen können, was dort so vor
sich ging. Skater, die auf ihren Rollerblades zwischen den
Spaziergängern und Joggern umher flitzten. Und weiter unten
im Süden konnte sie die Baseballfelder sehen, wo immer ein
halbes Dutzend Spiele gleichzeitig liefen.
    Vor langer Zeit, als sie hier bei Alicia und Max eingezogen
war, war sie immer mit Samantha und ihren Zwillingsbrüdern
in den Park zum Spielen gegangen. Dann war Samantha krank
geworden, und nach einer Weile hatten sie und Sam aufgehört,
im Park zu spielen und hatten die meiste Zeit in Sams Zimmer
verbracht. Schließlich hatte man Sam ins Krankenhaus bringen
müssen, und weil Tante Alicia befürchtete, sie könnte sich bei
Samantha anstecken, hatte sie sie nie besuchen dürfen. »Ihr
habt noch so viel Zeit, wenn Samantha wieder zu Hause ist«,
hatte Alicia sie getröstet. Aber Sam war nicht nach Hause
gekommen.
    Jetzt war Rebecca allein, und obwohl Dr. Humphries immer
wieder sagte, dass sie gesund werden würde, glaubte ihm
Rebecca nicht so recht. Doch an diesem Morgen, als sie so
hinaus in den Frühlingssonnenschein blickte und die Vögel in
den Bäumen beim Nestbauen beobachtete, hatte sie plötzlich
das Gefühl gehabt, dass sie vielleicht doch anfing, sich besser
zu fühlen. Und als sie jetzt Anthony Fleming das Haus
verlassen und die Central Park West hinuntergehen sah, lag da
etwas in seinem Gang, das ihr das Gefühl gab, dass vielleicht
etwas passieren würde.
    Etwas Gutes.
Und als hätte er ihren Blick gespürt, drehte Mr. Fleming sich
unvermittelt um und schaute zu ihr hinauf. Offenbar sah er sie
hinter dem Fenster stehen, denn er winkte ihr zu, und selbst aus
dem siebten Stockwerk konnte sie sein Lächeln erkennen. Es
war das erste Mal, dass sie ihn seit der schrecklichen
Geschehnisse in seiner Familie lächeln sah, und da wusste sie,
dass sie Recht hatte.
Nun würde alles besser werden.
Sie konnte es förmlich spüren.
    Es war der Anblick von Rebecca hinter dem Fenster, der
Anthony Fleming schließlich einen Entschluss fassen ließ, und
als er in sein Büro kam, das direkt neben dem Hundred Club
lag, begrüßte er Mrs. Haversham, seine einzige Angestellte, mit
einem strahlenden Lächeln. Sie kümmerte sich um die Post und
die Rechnungen und machte die Buchhaltung. Das Geschäft
selbst, die Geldanlagen, oblagen allein Anthony Fleming. Es
war eine Tätigkeit, die ihm Spaß machte und die er
beherrschte. Er arbeitete nur mit seinem eigenen Geld oder
dem der wenigen Menschen, die er sowohl als Freunde, als
auch als Kunden schätzte. Niemals investierte er das ihm
anvertraute Geld in Wertpapiere, die er nicht auch selbst besaß,
und er investierte nur in sichere Anlagen. Demzufolge steckte
sein Vermögen und das seiner Klienten ausschließlich in
Unternehmen, die so

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