Mitternachtsstimmen
passiert war. Und auf einmal
löste sich die kultivierte Atmosphäre, die Bev und Rochelle so
ostentativ verbreitet hatten, in Wohlgefallen auf, und die vier
Frauen hätten wieder College-Gören sein können, die die
Köpfe zusammensteckten und aufgeregt wispernd über einen
gut aussehenden Jungen debattierten.
»Habe ich das jetzt alles richtig mitbekommen?«, erkundigte
sich Rochelle, als Caroline geendet hatte. »Dieser Mann wohnt
im Rockwell, und er hat ein Faible für chinesische Küche und deine Kinder?«
Caroline nickte.
»Dann heirate ihn«, entschied Rochelle.
Aber Beverly Amondson schüttelte den Kopf. »Das klingt zu
gut um wahr zu sein. Außerdem, meine Liebe, bist du nicht
schon ein bisschen zu alt für das ›Stellt euch nur vor, wir beide
lieben chinesisches Essen‹-Argument? Alle lieben chinesische
Küche, wenn sie mit einem zum ersten Mal ausgehen!
Abgesehen davon, finden nicht alle Männer Kinder toll, bis sie
einem an die Wäsche dürfen?«
»Beverly!«
Beverly verdrehte die Augen ob Rochelles schockiertem
Tonfall. »Ach, komm schon, Rochelle. Das ist die reine
Wahrheit, und das weißt du auch.«
»Gut, auch wenn das so ist, finde ich, dass Caroline ihn
heiraten sollte.
»Ihn heiraten?«, protestierte Caroline. »Ich kenne ihn doch
kaum! Vielleicht ruft er mich ja gar nicht wieder an.«
»Wenn er anruft, dann leg auf.«
Andrea Costanzas entschiedene Worte brachten die anderen
drei Frauen zum Schweigen. Aber schließlich war es Caroline
selbst, die als Erste Worte fand. »Auflegen?«, wiederholte sie.
»Wovon um alles in der Welt redest du?«
»Von diesem Gebäude«, sagte Andrea mit einem
unübersehbaren Schaudern.
»Diesem Gebäude?«, wunderte sich Rochelle. »Du meinst
das Rockwell? Das ist doch fantastisch!«
Andrea schüttelte den Kopf. »Es ist gruselig.« Damit wandte
sie sich Caroline zu. »Wie sah diese Wohnung denn aus, in der
du warst?«
Caroline zuckte mit den Schultern. »Da muss einiges
gemacht werden, aber sie wird entzückend sein, wenn ich
damit fertig bin. Sie möchte, dass ich die Wohnung komplett
renoviere.«
»Und warum ist sie jetzt noch nicht entzückend?«,
erkundigte sich Andrea spitz. Als sie anderen drei Frauen sie
verdutzt anstarrten, sagte sie rasch: »Ach, tut mir Leid. Es ist
nur – nun, dieses Mädchen –, eins meiner Schützlinge, sie lebt
in diesem Haus bei Pflegeeltern, und jedes Mal, wenn ich sie
besuche, kommt mir das Gruseln.
Caroline furchte die Stirn. »Jetzt hörst du dich an wie die
Kinder.« Auf die fragenden Blicke der anderen hin begann sie
von den Gerüchten zu erzählen, die die Kinder in der
Nachbarschaft untereinander verbreiteten. »Ryan hat am
Sonntag sogar darauf bestanden, auf die andere Straßenseite zu
wechseln, um nicht an diesem Gebäude vorbeigehen zu
müssen.«
»Hm, das verstehe ich«, meinte Andrea nickend. »Ich sage
euch, in diesem alten Gemäuer beschleicht mich immer ein
ganz mulmiges Gefühl.«
»Aha, ein mulmiges Gefühl«, echote Beverly. »Das verrät
uns eine Menge. Und weil du in einer Wohnung in diesem
Gebäude so komische Gefühle kriegst, sollte Caroline nicht mit
einem Mann ausgehen, der zufällig auch in diesem Haus
wohnt?« Ihre Augen wurden schmal. »Wenn ich dich nicht
besser kennen würde, würde ich sagen, du bist eifersüchtig.«
»Eifersüchtig?«, ereiferte sich Andrea. »Herrgott noch mal,
warum sollte ich denn eifersüchtig sein?«
»Vielleicht weil du nicht willst, dass Caroline einen zweiten
Ehemann abkriegt, bevor du zum ersten Mal unter die Haube
gekommen bist?«, mutmaßte Beverly. »Insbesondere einen, der
in einem Gebäude wohnt, in dem es andere Mitbewohner gibt,
die so freundlich waren, sich eines deiner armen Kinder
anzunehmen.«
Andrea straffte die Schultern. »Es ist mir gelungen, keine
Eifersucht auf dich zu entwickeln, während du drei Ehemänner
verschlissen hast«, strich sie heraus. »Und tatsächlich verhält
es sich so, dass ich die Gefühle, die ich in dieser Zeit
entwickelt habe, eher als Mitleid bezeichnen würde, denn als
Eifersucht.«
»Mitleid? Mit mir?«
»Wohl eher mit deinen Ehegatten«, warf Rochelle Newman
ein, um die Situation zu entschärfen, ehe eine ihrer
Freundinnen noch etwas sagte, was sie dann nicht mehr
zurücknehmen könnte. Andrea und Beverly schienen ihre
Ansichten abzuwägen, und schließlich war es Andrea, die als
Erste den Mund aufmachte und sich sichtlich anstrengte, ihren
Ärger zu verdauen, indem sie nicht weiter auf dem Thema
beharrte.
»Wer
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