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Mitternachtsstimmen

Mitternachtsstimmen

Titel: Mitternachtsstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Abermals streckte sie die Hand mit dem
kostbaren Rubin aus, und für einen Moment – nur für einen
Moment – glaubte Caroline, Claire Robinson würde den Stein
tatsächlich küssen.«
    »Ich bin Claire Robinson«, sagte Claire. »Sie können sich
gar nicht vorstellen, was für eine Freude es für mich bedeutet –
ich bin seit so vielen Jahren ein glühender Fan von –«
    Virginia Estherbrooks Lächeln kühlte eine Nuance ab. »So
viele Jahre nun auch wieder nicht, möchte ich meinen«, gab sie
mit leicht frostigem Unterton zurück.
    »Oh, ich … ich habe das nicht so gemeint«, beeilte sich
Claire abzuwiegeln. »Ich wollte damit nur sagen – ich meine,
als Sie die Lady Teazle spielten –«
    »Ich fürchte, das war Helen Hayes«, verbesserte die
Schauspielerin sie und wandte sich an Caroline. »Wo um alles
in der Welt haben Sie dieses hinreißende Wesen gefunden?«
Sie wartete lange genug, bis Claire anfing, sich zu entspannen,
dann fuhr sie fort: »Ich vermute, sie ist eine von Ihrem Schlag,
denn von unserem gewiss nicht.« Die Betonung auf dem Wort
»unserem« ließ Claire zusammenzucken.
»Verzeihen Sie«, begann Claire. »Ich wollte keineswegs –«
    Aber Virginia Estherbrook wedelte ihre Worte elegant
beiseite. »Gewiss nicht. Menschen wie Sie meinen nie, was sie
sagen, habe ich Recht? Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf,
Schätzchen – Ende gut, alles gut. Und das, meine Lieben, ist eine bekannte Zeile, und wie ich meine, eine Abgangszeile.«
Nochmals heftete sie ihren Blick auf Claire, doch diesmal
machte sie keine Anstalten, die Hand auszustrecken. »Es war
mir ein Vergnügen, Verehrteste. Ich hoffe, ich lebe noch lange
genug, dass Sie mich noch einmal sehen.« Sie unterbrach sich
einen Herzschlag lang, um dann spitz hinzuzufügen: »Auf der Bühne. « Eine Sekunde später war sie verschwunden, so schnell
in der Menge untergetaucht, als wäre sie nie in Erscheinung
getreten.
    »Oh, Gott«, stöhnte Claire Robinson. »Ich komme mir vor
wie eine Idiotin!«
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken«, tröstete Tony
sie. »Virgies Bellen ist schlimmer als ihr Biss.« Plötzlich
öffneten sich die Türen der Suite und eine Armada von
Kellnern strömte herein, bewaffnet mit Tabletts voll
Champagner und Hors d’Oeuvres, und das eigentliche Fest
begann. Caroline, flankiert von ihren Kindern und ihrem
Ehemann, schlenderte umher, von einer Gruppe zur anderen,
und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass sich alle
Anwesenden blendend zu unterhalten schienen und sich
untereinander mischten. Laurie und Rebecca Mayhew hatten
sich gefunden und in eine Ecke zurückgezogen, wo sie
zusammen kicherten, wie das nur Mädchen in ihrem Alter
können, obwohl Rebecca so blass aussah, dass Caroline sich
wunderte, dass sie nicht vom Stuhl kippte.
Dann entdeckte sie im Augenwinkel Andrea Costanza, die
allein auf einer Couch saß und im Gegensatz zu allen anderen
Gästen kein bisschen Fröhlichkeit ausstrahlte. Caroline
schlängelte sich durch die Menge und setzte sich neben ihre
Freundin.
»Okay, spuck’s aus«, sagte sie forsch. »Was ist los?«
Andrea zuckte zusammen, als hätte sie Caroline gar nicht
bemerkt. »Nichts«, stieß sie ein wenig zu schnell hervor.
»Da muss was sein«, bohrte Caroline. »Man könnte meinen,
du bist auf einer Beerdigung, statt auf meiner Hochzeit.«
»Oh, Caroline, verzeih«, erwiderte Andrea. »Es ist nur –«
Sie verstummte und schüttelte den Kopf. »Ach, nichts. Es ist
wirklich nichts. Ich bin sicher, dass du und Tony sehr glücklich
werdet.«
Caroline sah ihrer Freundin direkt in die Augen. »Aber du
freust dich nicht für mich.«
»Es tut mir Leid«, sagte sie mit einem unbestimmten
Achselzucken. »Das liegt nur an mir.« Sie zwang sich zu einem
Lächeln. »Vielleicht hat Bev ja Recht, und ich bin nur eifersüchtig, weil ihr zusammen bereits ein halbes Dutzend
Ehemänner an Land gezogen habt, und ich noch keinen
Einzigen.«
Caroline glaubte ihr nicht. »Das ist es nicht. Es ist wegen
Tony. Du magst ihn immer noch nicht, stimmt’s?«
»Es ist nicht so, dass ich ihn verabscheue«, begann Andrea,
doch Caroline unterbrach sie.
»Jemanden nicht zu verabscheuen ist nicht das Gleiche wie
ihn zu mögen.«
»Wie soll ich es sonst ausdrücken?«, seufzte Andrea.
»Wahrscheinlich bilde ich mir das alles nur ein.« Beinahe
gegen ihren Willen schweifte ihr Blick zu Rebecca Mayhew
ab. Obwohl Alicia Albion ihr versichert hatte, dass sich das

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