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Mitternachtsstimmen

Mitternachtsstimmen

Titel: Mitternachtsstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Mädchen auf dem Weg der Besserung befände, schien sich
nichts an ihrem Zustand geändert zu haben; im Gegenteil,
Rebecca wirkte noch blasser und dünner als im Frühling. Und
genau das war es, was sie beunruhigte. Das und dieses
gruselige alte Wohnhaus, in das Caroline nun einziehen würde.
Aber wie sollte sie Caroline ihre Gefühle erklären? Sollte sie
ihr sagen, dass sie sich große Sorgen um Rebecca machte?
Warum? Was hatte das mit Caroline zu tun? Sie fasste einen
Entschluss. »Es ist nichts!«, erklärte sie schließlich. »Das hier
ist deine Hochzeit, und ich sollte mich für dich freuen; und
wenn du glücklich bist, dann bin ich es auch.« Damit erhob sie
sich. »Komm, trinken wir ein Glas Champagner. Lass uns
feiern.«
Doch noch ehe sie einen der Kellner heranwinken konnten,
erhob sich eine Stimme über das allgemeine Gemurmel
hinweg.
Ryans Stimme.
»Ich bin nicht dein Sohn!«, brüllte er. »Du bist nicht mein
Vater, und das wirst du auch nie sein!« Als die Schlafzimmertür krachend ins Schloss fiel, wurde es totenstill im
Raum, und die Blicke aller Anwesenden schienen sich auf
Caroline zu richten.
Es wird alles gut, sagte sie sich, bereits auf dem Weg ins
Schlafzimmer, um herauszufinden, was schief gelaufen war. Es
muss alles gut werden. Dann stand sie Ryan gegenüber, der sie
wütend anfunkelte.
»Ich hasse ihn«, stieß der Junge hervor. »Ich hasse ihn und
werde ihn immer hassen.«
Caroline schlang die Arme um ihren Sohn und hielt ihn ganz
fest. »Oh, Schatz, sag das nicht. Tony liebt dich. Er liebt uns
alle.«
Ryan sagte nichts, machte sich aber in ihren Armen ganz
steif, was ihr verriet, dass er nicht glaubte, was sie eben gesagt
hatte. Trotzdem würde sich alles zum Guten wenden.
Dafür würde sie sorgen.

10. Kapitel
    Andrea Costanzas Finger trommelten jetzt schon eine
geschlagene halbe Stunde auf ihre Schreibtischplatte, was ihr
selbst kaum bewusst war, ihre Kollegen, die mit ihr im
gleichen Raum arbeiteten, jedoch schier zum Wahnsinn trieb.
Es war schließlich Nathan Rosenberg, dessen Arbeitsplatz von
Andreas Schreibtisch nur durch einen metallenen Raumteiler
abgetrennt war, und der nun endgültig die Nase voll hatte. Er
stand auf, ging um seinen Schreibtisch herum und spähte über
den Raumteiler. Wie erwartet starrte Andrea in die Luft, ihre
rechte Hand lag auf der Schreibtischkante, und ihre Finger
trommelten einen unermüdlichen Rhythmus. »Schluss mit dem
Getrommel«, sagte er.
    Plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, zuckte Andrea
zusammen, und das Trommeln verstummte augenblicklich.
Dafür erhob sich von den anderen der abgeteilten Arbeitsplätze freudiger Applaus, und Andrea sah schuldbewusst hoch.
»O Gott, ich muss mir das unbedingt abgewöhnen«, sagte sie
kleinlaut. »Aber ich merke nicht mal, dass ich trommle.«
»Du trommelst immer, wenn du dir über etwas Sorgen
machst«, erklärte ihr Nathan. »Also, was ist es diesmal?«
Andrea seufzte. »Rebecca Mayhew.«
Nathan verdrehte die Augen. »Ach, die arme Rebecca, die
nichts hat außer einer eleganten Wohnung an der Central Park
West und Pflegeeltern, die sie mehr lieben als meine Eltern
mich je geliebt haben. Ja, ich kann verstehen, dass dir das auf
die Seele drückt.«
Andrea ging auf seinen Sarkasmus nicht ein. »Das ist ja die
Krux an der Sache. Ich werde verdammt noch mal das Gefühl
nicht los, dass da was nicht stimmt.« Sie legte den Kopf schief.
»Bist du jemals im Rockwell gewesen?«
»Selbstredend«, feixte Nathan. »Virginia Estherbrook lädt
mich ständig zum Cocktail ein.« Er schüttelte den Kopf.
»Herrgott, Andrea. Warum sollte ich jemals einen Fuß in
dieses ehrenwerte Gebäude gesetzt haben?«
»Das ist merkwürdig«, seufzte Andrea. »Du weißt, was ein
krankes Gebäude ist?«
»Klar? Ich habe mal in so einem gearbeitet. Eins dieser
Hochhäuser mit hermetisch verschlossenen Fenstern, wo man
nie frische Luft kriegt. Dann ist irgendwas in die Klimaanlage
geraten, und alle wurden krank.«
»Aber das passiert nur in Neubauten, stimmt’s?«
Nathan hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Sehe ich aus
wie ein Ingenieur? Ich nehme an, das kann in allen Gebäuden
passieren. Warum?«
»Ich habe Rebecca gestern gesehen, und –« Sie hielt inne,
zuckte die Achseln. »Ach, wahrscheinlich hat es nichts zu
bedeuten.«
Jetzt kam Nathan um die Trennwand herum und ließ sich auf
den Stuhl neben Andrea fallen. »Du machst dir nie grundlos
Sorgen, Andrea. Also, erzähl

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