Mitternachtsstimmen
euch ergangen? Sind alle zufrieden?«
»Hast du irgendwelche Beschwerden gehört?« Sie wollte
aufstehen. »Ich kann zumindest den Tisch decken.«
»Schon geschehen«, sagte Tony. »Wir essen im Speisezimmer – es wäre doch schade, wenn wir so viel Platz haben
und ihn nicht nutzen. Setz dich wieder hin und entspanne dich.
Es dauert noch etwa eine halbe Stunde.«
»Dann rufe ich rasch die Albions an. Ich habe Laurie gesagt,
sie soll in einer Stunde zurück sein.«
»Ach, lass ihr doch den Spaß«, meinte Tony und füllte
Carolines Weinglas nach. »Das Essen steht gut da auf dem
Herd. Wir haben noch genügend Zeit.«
Caroline neigte den Kopf zur Seite und runzelte unsicher die
Stirn. »Zeit? Wofür? Fürs Abendessen?«
Jetzt war die Reihe an Tony, verwirrt dreinzuschauen.
»Meine Eigentümerversammlung?« Als Caroline noch immer
nicht reagierte, nickte Tony in Richtung des Kalenders, den ein
Magnet an der Kühlschranktür festhielt. »Der Ausschuss?«,
half er ihr weiter. »Auf dem Kalender? Neun Uhr? Heute
Abend?« Er schnalzte leise mit der Zunge. »Und ich dachte, es
ist besonders hilfreich, wenn ich den Kalender an den
Kühlschrank hänge, wo er kaum zu übersehen ist.« Er nahm
den Kalender und reichte ihn ihr. »Vielleicht finden wir einen
besseren Platz dafür.«
»Oder ich vergesse einfach nicht mehr, den Kalender ab jetzt
regelmäßig zu konsultieren«, erwiderte sie und starrte auf den
Eintrag für neun Uhr.
Tonys Blick umwölkte sich. »Du hast doch nicht etwa
andere Pläne gemacht? Unter Umständen kann ich die Sitzung
auch –«
Caroline schüttelte den Kopf. »Nein, nein, das passt prima.«
Sie klemmte den Kalender wieder unter den runden Magneten,
drehte sich um und legte die Arme um Tonys Nacken. »Ich
muss mich nur daran gewöhnen, wieder mit jemandem
zusammenzuleben«, murmelte sie und küsste ihn zärtlich auf
den Hals. »Abgesehen von den Kindern bin ich ein wenig aus
der Übung.«
Tony zog sie an sich. »Vielleicht sollte ich diese Sitzung
überhaupt absagen«, raunte er ihr ins Ohr. »Im Moment bin ich
mir nicht einmal sicher, ob ich noch ein Abendessen brauche.«
Caroline entwand sich ihm sanft. »Na, na. Du hast zwar
gesagt, das Essen steht gut auf dem Herd, aber ob so lange, das
bezweifle ich. Wir haben doch nach der Sitzung noch jede
Menge Zeit. Nachdem die Kinder im Bett sind. Lass mal sehen,
ob du auch so lange durchhältst wie das Abendessen.«
Alles klappte wunderbar. Eine Stunde lang, und der Zustand
hätte noch angehalten, wenn Caroline nachgedacht hätte, ehe
sie den Mund aufmachte. Als sie ihren Fehler bemerkte, war es
zu spät. »Ist das nicht unglaublich?«, rief sie aus, als sie ins
Speisezimmer kamen. Der Tisch war mit Silberbesteck und
Leinenservietten gedeckt, und die beiden Kandelaber auf dem
Tisch ergänzten den Lüster, dessen Kristalle ein sanftes
gebrochenes Licht in den Raum warfen. Das Essen stand auf
dem Tisch, der Lachs war auf den Punkt pochiert, die
Makkaroni mit Käse überbacken blubberten noch appetitlich in
der Kasserolle. »Das alles hat Tony hergerichtet. Könnt ihr das
glauben?«
Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, da verdüsterte sich
Ryans Miene. »Ich hasse Makkaroni mit Käse«, erklärte er.
»Dann nimmst du eben von dem Fisch«, antwortete Caroline
mit einem raschen Seitenblick zu Tony. »Du kannst essen, was
du möchtest.«
»Ich will Spaghetti«, sagte Ryan an Tony gewandt und fügte
in herausforderndem Tonfall hinzu: »Mein Dad hat die besten
Spaghetti gemacht, die du je gegessen hast.«
Caroline wollte etwas sagen, aber Tony kam ihr zuvor. »Ich
wünschte, ich hätte Gelegenheit gehabt, sie zu probieren. Aber
woher willst du überhaupt wissen, dass dir meine Makkaroni
mit Käse nicht schmecken, wenn du sie noch gar nicht gekostet
hast?«
»Ich weiß es eben«, gab Ryan bockig zurück und fragte dann
seine Mutter: »Muss ich das essen?«
Caroline zögerte kurz, doch dann war sie sich sicher. Jetzt
oder nie. »Ja«, sagte sie. »Das musst du. Zumindest probieren.«
Einen Moment lang glaubte sie, er würde sich weigern, doch
dann nahm er seinen Löffel, tauchte ihn in die Kasserolle, blies
über die dampfenden Nudeln und schob schließlich den Löffel
in den Mund.
»So, ich habe sie probiert, okay? Und sie schmecken mir
nicht.« Damit stand er auf, stapfte aus dem Speisezimmer und
knallte die Tür hinter sich zu.
»Das tut mir Leid«, murmelte Caroline, die schon aufgestanden war und Ryan
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