Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Magier zweifeln nicht , die Plage der Zersetzung damit eindämmen und mittelfristig heilen zu können.«
»Und dafür muss Regus zwei Jahre alt sein?«, hauchte Nashka fasziniert.
»Erst dann hat sich sein Blut gefestigt, hat er die Grenze vom Kleinkind überschritten.«
»Du willst ihn zur Ader lassen?«
»Nein, das wäre zu wenig. Wir werden das Kind bei einem genau bemessenen Ritual töten, wonach sich die Magier unter uns seiner Leiche annehmen. Nicht nur sein Blut, auch sein Fleisch, sein Gehirn und die Reste seiner menschlichen Seele sind wichtig.«
»Und wenn ich Regus töte, bevor er das Alter erreicht hat? Du kannst mich nicht ununterbrochen bewachen.«
»Hast du vergessen, was ich sagte?« Er schwieg und starrte sie an.
Nein, das hatte Nashka nicht, doch sie hatte es verdrängt, hatte es nicht hören wollen.
»Ich mache dich zu einer der Unsrigen. Dann wirst auch du die Krankheit bekommen und nichts unversucht lassen, Regus aufzuziehen.«
Nashkas Magen krampfte sich zusammen und Schweiß trat ihr auf die Stirn. »Warum ...«, stieß sie hervor. »Warum ... tötest du mich nicht? Du könntest Regus für diese zwei Jahre zu dir nehmen oder eine deiner Artgenossinnen kümmert sich um ihn.« Sie schloss die Augen. Hatte sie soeben ihr Todesurteil unterschrieben?
Für eine Weile war Schweigen , und sie vernahm das leise, regelmäßige Atmen des Babys. Langsam schlug sie die Augen auf und sah erstaunt, dass Lightgarden auf dem Stuhl zusammengesa ckt war und mit gebeugten Schultern auf seine gefalteten Hände sah, die er auf den Oberschenkeln abstützte. Der Vampir hob den Kopf und sein Gesicht wirkte ernst.
»Ich liebe dich.«
Drei Worte, die wie Donner hallten.
»Du ... du ...« Mehr brachte Nashka nicht hervor.
»Ja, ich liebe dich. Liebe dich, seitdem ich dich entdeckte. Ich versuchte eine ganze Weile, dieses Gefühl zu unterdrücken, denn es ist eines Vampirs nicht würdig. Liebe ist Wohlgefallen am Guten, doch wie soll ein Vampir, einer meiner Gattung, das Gute sehen? Doch dann erinnerte ich mich an eine Geschichte, die ich als Junge hörte.«
Sein Kopf sank wieder hinab.
»Einst kam Doragon, der große Gottvater in den Götterrat und sagte, er habe ein Mittel, welches die Menschen so sehr schwächt, dass sie von ihrem wüsten Tun ablassen. Er wolle einen jeden in der Mitte durchschneiden. Und das tat er. Sodann ging jede Hälfte voller Sehnsucht auf die Suche nach ihrem Gegenstück. Sie fanden und umschlangen sich mit den Armen. Sie verflochten sich miteinander, im Verlangen zusammenzuwachsen. Sie hatten die Sehnsucht und den Drang, ein Ganzes zu sein. Und niemand, auch Doragon, konnte dies verhindern, denn die Liebe ist mächtiger als jeder Gott.«
Nashka lauschte atemlos.
»Infolgedessen gab ich es auf, mich gegen meine Liebe zu wehren und ließ mein Gefühl leben. Deshalb, liebe Nashka, kann und werde ich dich nicht töten. Andererseits weiß ich, dass ich dich verliere, wenn ich dich ein Mensch bleiben lasse. Denn du hasst mich. Was ich dir antat, wirst du mir nie vergeben. Du wirst jeden Schlag, jeden Schmerz, den ich dir zufügte, gegen mich verwenden. Irgendwann, wenn ich ruhe, wirst du mich köpfen .«
Ja, verdammt, das würde sie! Und es wäre ihr ein Vergnügen! Nashka traute ihren Ohren noch immer nicht.
»Wie konntest du mir das antun, wenn du mich liebst?«
»Ich hoffte, dadurch meine Liebe zu töten, doch es gelang nicht.«
»Habe ich eine Chance?«
»Wozu?«
»Ich selbst zu bleiben?«
»Das geht nicht. Du wirst – und glaube mir, es lässt sich nicht verhindern – menschliche und mütterliche Gefühle für Regus entwickeln , und wenn die zwei Jahre vergangen sind, wirst du dich gegen mich stellen.«
»Und wenn ich schwöre, es nicht zu tun? W elche Aussicht hätte ich gegen dich?«
Er lächelte bitter. »Du bist eine kluge Frau und verfügst über einen eisernen Willen. Nichts wird dich aufhalten, um mir zu schaden. Also muss ich dich töten, oder ...« Er räusperte sich. »Du kannst nur an meiner Seite sein, wenn deine Interessen den meinen gleichen. Und dafür musst du mit mir den Schritt in die Schattenwelt gehen.«
Dies war das Urteil , und Nashka begriff, dass man mit Lightgarden, dem Vampir, nicht verhandelte . Das Ergebnis ergab sich aus einer inneren Logik, die von Gefühlen beherrscht war, die sie weder teilen konnte noch jemals empfinden würde.
Der Vampir machte eine zaudernde , deutliche Geste. Nashka ließ sich rückwärts auf das Bett fallen. Es
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