Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Besitzer zurückbringen, aber ich vermute, das kann uns den Feinden in die Arme treiben. Also leihen wir uns Liese aus, nicht wahr?«
»Keine schlechte Idee. Außerdem haben wir dann genug Weinvorrat! Und Fisch und Mehl und wer weiß, was wir noch finden.« Frethmar lachte und begriff im selben Moment, dass er seinen Freund Connor vergessen hatte. Schamesröte überzog sein Gesicht. Er beugte sich über den Hünen.
»Wir verschwinden aus der Stadt. Dann kümmern wir uns um Connor «, sagte Agaldir und trieb Liese wieder an, diesmal weniger hart, jedoch noch immer schneller als man für gewöhnlich mit einem Lieferkarren f ährt .
Als der arme Gaul weiß schwitzte und sein Atem nur noch quälend ging, hielt Agaldir das Gefährt an. Dandoria lag wenigstens fünf Meilen entfernt. Sie schlugen sich durch ein Gebüsch und fanden eine kleine Lichtung, die so versteckt war , dass man sie vom Weg aus nicht einsehen konnte, es sei denn, man schickte ihnen Fährtensucher hinterher oder Hunde. Dieses Risiko mussten sie eingehen. Connor bedurfte ihrer Hilfe.
»Runter mit ihm«, befahl Agaldir.
Währenddessen Liese den Futtersack ignorierte und friedlich graste, hoben Frethmar und der Blinde Magister den Schwerverletzten von der Ladefläche und legten ihn vorsichtig ins Gras. Das war harte Arbeit, denn Connor wog einiges, und niemand wollte ihm mehr Schaden zufügen, als schon geschehen war. Frethmar beugte sich über seinen Freund. »Der Pfeil, Agaldir.«
»Ja, ich weiß.«
Connor atmete flach. D as Blut auf seinem Kinn war getrocknet.
»Willst du ihn rausziehen ?«
»Das ist nicht ungefährlich, Fret. Es könnte sein, dass er dann erstickt, weil er sein eigenes Blut atmet.«
»Aber so kann das nicht bleiben.«
»Ich weiß, ich weiß«, winkte Agaldir ungeduldig ab. Er musterte zuerst Connor, dann Frethmar. »Zwar hat mich der Erstarrungszauber sehr geschwächt, aber ich könnte einen Heilzauber versuchen. Das bedeutet allerdings, dass du mindestens für einen Tag auf meine magische Hilfe verzichten musst, Frethmar.«
»Na und?«, fuhr der Zwerg wenig höflich auf. »Tue, was du kannst. Connor darf nicht sterben.«
»Es gibt keine Garantie«, sagte Agaldir.
»Nun mach schon. Worauf wartest du?« Frethmar wusste, dass er sich ungebührlich fordernd verhielt , und er würde sich dafür entschuldigen – jedoch erst später, wenn alles wieder gut war. Oder auch überhaupt nicht. Es war verflixt und zum Bartraufen. Er wollte nicht, dass Connor starb.
»B evor ihn der Pfeil getroffen hat, sagte ich ihm, er sei ein blöder Nordmann mit vielen Muskeln und nichts im Kopf! Wie gerne würde ich das ungeschehen machen«, seufzte Frethmar. »Ich habe ihn so schlimm beleidigt. Das letzte, was er in seinem Leben hörte, waren meine Beschimpfungen!«
»Lass mich alleine und reiß dich zusammen«, wies der Alte den Zwerg an. »Ich tue, was ich kann.«
Murrend und traurig folgte Frethmar der Anweisung und ließ sich in gebührendem Abstand an einem Baum nieder.
Frethmar legte Daumen und Zeigefinger auf den Nasenrücken und leerte diese mit einem kräftigen Schnauben , geschickt über den Schnauzbart hinweg. Er beobachtete Agaldir, der sich über Connor gebeugt hatte.
Die Handflächen des Blinden Magisters strichen über Connors Leib, ohne ihn zu berühren. Zwischen Händen und Körper züngelten winzige Funken, die aussahen wie platzenden Regentropfen im Sonnenlicht. Das Ritual schien unendlich zu wären , und Frethmar wäre am liebsten zu Agaldir gegangen, um ihn zu unterstützen. Doch das war Unsinn! Er war nur ein Zwerg, niemand, der über magische Kräfte verfügte.
Verzagt sah Frethmar, dass Agaldir den Pfeil zwischen seine Fingerspitzen nahm und langsam aus Connors Hals zog. Mit nur zwei Fingern, als hebe er den Pfeil aus weicher Butter. Bei den Göttern, an der Pfeilspitze hing kein Fleisch, keine Sehnen, vielmehr sah sie sauber aus und blitzte, als sei sie soeben geschmiedet worden. Agaldir warf den Pfeil ins Gras und murmelte vor sich hin. Sein schmaler Rücken zuckte , und ein hartes Stöhnen drang aus dem alten hageren Körper, als leide der Magier Schmerzen.
Er nimmt Connors Qual in sich auf!, erkannte Frethmar. Oh ja, das musste den Blinden Magister peinigen. Das war wirklich schlimm.
Eine weiche , milchige Korona aus hellblauem Licht umgarnte Connor, während Agaldir unverdrossen murmelte und zwischendurch stöhnte, wobei es aussah, als würde er schrumpfen, so sehr beugte er den Rücken, so schlimm
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