Mittsommersehnsucht
das kleine Paket und schob es in seine Jackentasche.
»Ich bin ja so gespannt auf Andreas Gesicht.« Carina hakte sich bei ihrem Mann ein.
»Hoffentlich ist es eine gelungene Überraschung.« Knut war immer noch ein bisschen skeptisch. »Ich für meinen Teil hätte es nicht gern, einfach so überfallen zu werden. Sie weiß gar nicht, dass ich mitkomme zum Lucia-Fest. Und dass wir heimlich geheiratet haben, könnte sie uns übelnehmen.«
»Ach was! Gefeiert wird im Frühling, das ist viel netter. Wir haben ja schon mal drüber gesprochen, dass wir unsere Hochzeitsfeiern zusammenlegen könnten. Andrea und Magnus wollen im Frühling heiraten, zu ihrem Geburtstag. Jetzt aber wird sie sich erst mal mit uns freuen. Aber das verstehst du nicht. Bist ja ein Mann.« Carina knuffte ihn kurz in die Seite. »Fantasielos und unromantisch.«
»Sag das nicht noch mal, sonst …«
»Was sonst?« Obwohl ihr die Schneeflocken ins Gesicht wirbelten, blieb sie dicht vor ihm stehen.
»Oh, da weiß ich einiges, um dich zu strafen.« Knut küsste sie liebevoll.
»So lass ich mich gern bestrafen!«
»Unersättliches Weib!«
»Hmm … stimmt.« Sie schob die Hände, die in dicken Strickhandschuhen steckten, unter seine dunkelblaue Jacke.
»Biest«, flüsterte Knut, bevor er sie noch einmal lange und anhaltend küsste. »Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch.« Carina nahm seine Hand. »Komm, lass uns schnell mal nach Evelyns Haus schauen. Ich hab Erik versprochen, zu kontrollieren, dass das Atelier gut verschlossen ist.«
»Er tut mir leid. Es wird dauern, bis er Evelyns Tod verarbeitet hat.«
»Die Arbeit lenkt ihn ab. Seit ein paar Wochen ist er wieder in Afrika auf Fotosafari. Als wir uns auf dem Kommissariat getroffen haben, hat er mir von der Reise erzählt. Erst im Sommer will er noch mal zurück auf die Lofoten kommen und alles, was Evelyn hinterlassen hat, auflösen.«
Sie machten einen kurzen Abstecher hinüber nach Kabelvåg. Düster und ein wenig abweisend sah Evelyns Haus aus. Die Läden waren verschlossen, die breiten Holzläden vor den hohen gläsernen Atelierfenstern mit dicken Riegeln gesichert. Evelyns Wagen hatte der Bildhauer Haakon gekauft, doch der Volvo stand noch immer unter dem Carport vor dem Haus der ermordeten Malerin.
»Es ist zu traurig«, sagte Carina. »Sie war ein wundervoller Mensch und eine große Künstlerin.«
»Wir werden sie nicht vergessen. Aber jetzt freuen wir uns erst mal auf Andrea.«
Eine Viertelstunde später erreichten sie das Haus, das die junge Ärztin seit kurzem bewohnte. Noch war es nicht komplett eingerichtet, doch Andrea und Magnus fühlten sich bereits heimisch darin.
Acht runde Laternen, die den Weg zur Tür säumten, durchdrangen mit ihrem hellen Licht das Schneegestöber. Und auch aus den Sprossenfenstern des Hauses schien warmes gelbes Licht, das Gemütlichkeit versprach.
Mit großem Hallo wurden die Gäste begrüßt. Außer Birgit und Johan Ecklund waren noch James Hower, Dr. Eidsvag und zwei Ehepaare aus der Nachbarschaft eingeladen worden, um das Lucia-Fest zu feiern. Alle Gäste trugen weiße Kleidung, zumindest hatten die Herren alle weiße Oberhemden an, die Frauen weiße Blusen oder Kleider.
Andrea hatte sich mit dem alten Brauch vertraut gemacht und gemeinsam mit Birgit das Haus geschmückt. Als Reminiszenz an ihre deutsche Heimat standen zwei große Adventskränze auf den langen Tischen. Sie waren mit roten Kerzen, roten Schleifen und getrockneten Apfelscheiben und Nüssen dekoriert.
Nach dem ersten Begrüßungsschluck nahm Carina die Freundin zur Seite und zeigte ihr den Trauring.
»Ich glaub’s ja nicht. Gratuliere, Carina!«
»Danke.«
»Ihr Geheimniskrämer! Wollt ihr uns vielleicht um eine Feier bringen? Das wird nicht gelingen, das sag ich dir gleich.«
»Gefeiert wird im Frühjahr, versprochen. Dann haben wir uns hier auch etwas besser eingerichtet.« Carina zwinkerte Andrea zu. »Ihr müsst dann aber auch heiraten, das haben wir so abgemacht.«
»Das werden wir. Noch vor Ostern. So ist es schon mit Johan Ecklund besprochen. Er wird dann die Praxis ganz übernehmen, damit Magnus und ich eine Hochzeitsreise machen können.«
»Du hast alles schon geplant, gratuliere. Wir hatten es da ein bisschen eiliger.« Carina beugte sich vor. »Ich bekomme ein Baby. Aber sag’s noch keinem.«
»Darauf stoßen wir gleich noch mal an.« Andrea klopfte an ihr Glas. »Hört mal zu, wir haben ein junges Brautpaar unter uns. Auf Carina und Knut!«
»Auf
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