Mittsommersehnsucht
gern. Danke im Voraus.« Andrea nickte dem Alten zu. Ihr wurde so langsam klar, dass der Mann, der recht einfach, um nicht zu sagen ärmlich gekleidet war, entweder ein Aufschneider oder ein recht wohlhabender Fischhändler war. Später sollte sie von Birgit erfahren, dass der alte Peer durch die Lachszucht und die geschickte Vermarktung seiner Ware Millionär geworden war, das aber gut zu verbergen wusste.
»Andrea!« Sie konnte den Ruf nur ahnen, aber da entdeckte sie Magnus, der an der Reling stand und ihr zuwinkte. Gleich neben der Gangway hatte er sich aufgestellt, so dass er als einer der Ersten das Schiff würde verlassen können.
»Vi sees«, rief sie Peer zu, dann lief sie hinüber zum Anleger und fand sich Minuten später in Magnus’ Armen wieder.
»Ich hab dich ja so vermisst.« Sein Kuss wollte kein Ende nehmen. »Du bist noch schöner geworden.«
»Schmeichler.«
»Es ist die Wahrheit.« Eng umschlungen gingen sie hinüber zum Parkplatz, wo ein silberfarbener Geländewagen stand.
»Meine Neuerwerbung.« Andrea schloss den Wagen auf. »Den hat mir ein Bekannter von Johan günstig überlassen. Ich konnte ja nicht immer mit dem Volvo herumfahren, den braucht Johan selbst.«
Magnus zeigte allerdings nur wenig Interesse für das Fahrzeug. Nachdem er seine dunkelbraune Reisetasche auf den Rücksitz gelegt hatte, zog er Andrea noch einmal fest an sich. »Ich bin so froh, wieder hier zu sein. Liebst du mich noch?«
»Na ja, du warst lange fort, und es gibt schon etliche interessante Männer hier auf den Inseln …«
»Biest!« Lachend küsste er sie.
»Na ja, ich komme viel rum, seit ich offiziell Johan Ecklunds Nachfolge angetreten habe. Allerdings glaube ich, dass ich im nächsten Jahr meinen Bootsführerschein machen muss. Es ist lästig, wenn ich mir immer jemanden suchen muss, der mich zu Patienten fährt, die auf abgelegenen kleinen Inseln leben.«
»Das hat noch Zeit. Lass erst einmal den Winter vergehen.«
»Hast ja recht. Und jetzt lass uns losfahren, Birgit und Johan warten schon auf dich.«
Das kleine Haus war frisch gestrichen. Das dumpfe Rostrot war einem hellen, freundlichen Gelb gewichen. Der Vorgarten wurde von einem neuen Lattenzaun abgegrenzt, neben der dunkelbraun lackierten Eingangstür standen zwei Blumenkübel. Jetzt, zu beginn des Winters, standen allerdings nur ein paar Kiefernzweige darin.
»Mehr ließ sich in der kurzen Zeit nicht schaffen«, erklärte Andrea und wies auf die alten hölzernen Fensterläden, die windschief in den Angeln hingen.
»Das hat doch auch noch Zeit.« Magnus ging ins Haus. »Wichtig ist, dass wir es im Winter warm haben. Und du brauchst nicht weit zu fahren, wenn du in die Praxis willst. Ich sehe ein, dass es vernünftig war, Johans großzügiges Geschenk anzunehmen.«
»Ja, stimmt.« Andrea öffnete die Tür zur Küche. »Hier fehlt es noch am Nötigsten. Schade eigentlich, so kann ich dir meine spärlichen Kochkünste gar nicht vorführen.«
»Wie bedauerlich!« Magnus grinste. »Ich gestehe, dass ich gern weiterhin drüben bei Birgit essen gehen werde.«
»Schuft! Und das nennst du Liebe?«
»Nein. Selbsterhaltungstrieb!«
»Du, ich kann hervorragende Eier mit Speck zubereiten. Und meine Wiener Schnitzel waren im Düsseldorfer Freundeskreis legendär. So wie die Rote Grütze nach Großmutters Geheimrezept.«
»Interessant. Du weißt mich immer wieder zu überraschen.« Er legte ihr den Arm um die Schultern. »Komm, lass uns nachsehen, was alles gemacht werden muss. Die Kosten für den Innenausbau werde ich allein tragen, da kann Johan sagen, was er will.«
»Das hab ich ihm schon klargemacht. Und er wird es wohl akzeptieren. Zumal ich ihm versichert habe, dass auch ich noch über ein paar Ersparnisse verfüge.« Sie wies zum südlich gelegenen Wohnraum, der jetzt noch kahl und abweisend wirkte. »Hier hätte ich gern einen Wintergarten angebaut, dann könnten wir schon im Mai hier sitzen und hinüber zu den Bergen schauen. Was meinst du?«
»Alles, was du willst. Aber jetzt zeig mir erst mal das Schlafzimmer. Ist das wenigstens eingerichtet?«
Andrea lachte. »Provisorisch nur. Doch es ist alles drin, was wir brauchen, versprochen!«
58
T elefon … und das mitten in der Nacht!« Magnus tastete mit geschlossenen Augen nach dem Apparat und reichte ihn weiter.
»Dr. Sandberg. Hallo, was ist los?« Andrea schwang die Beine aus dem Bett, während sie das tragbare Telefon ans Ohr hielt. »Warte, ganz ruhig bleiben, ich bin bald bei
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